Wie Immunzellen eine Infektion mit dem AIDS-Erreger überleben können

Ausschnitt aus dem Protein-Protein-Netzwerk chronisch SIV-infizierter CD4+ T-Zellen. Das integrierte Protein-Protein-Netzwerk zeigt Knotenpunkte (z.B. Caveolin-1, Cav-1) und die im Netzwerk signifikant veränderten Faktoren und Prozesse. Die p53 Expression (TP53) wird auf Transkriptionsebene nicht beeinflusst, das Muster der Regulation (upstream effector / downstream target) deutet aber daraufhin, dass der Aktivitätsstatus dieses Proteins in den infizierten Zellen verändert ist. Es bedeuten: Roter Kreis, signifikant erhöhte Genexpression. Grün, signifikant erniedrigte Genexpression. Farbloser Kreis, nicht-differentiell exprimiert. © HZI/Wirth

Ausschnitt aus dem Protein-Protein-Netzwerk chronisch SIV-infizierter CD4+ T-Zellen. Das integrierte Protein-Protein-Netzwerk zeigt Knotenpunkte (z.B. Caveolin-1, Cav-1) und die im Netzwerk signifikant veränderten Faktoren und Prozesse. Die p53 Expression (TP53) wird auf Transkriptionsebene nicht beeinflusst, das Muster der Regulation (upstream effector / downstream target) deutet aber daraufhin, dass der Aktivitätsstatus dieses Proteins in den infizierten Zellen verändert ist. Es bedeuten: Roter Kreis, signifikant erhöhte Genexpression. Grün, signifikant erniedrigte Genexpression. Farbloser Kreis, nicht-differentiell exprimiert. © HZI/Wirth

Forscher identifizieren Resistenz-Mechanismen gegen AIDS-Erreger in Immunzellen.

Als Folge einer AIDS-Infektion kommt es in der Regel zu einer starken Abnahme von bestimmten Immunzellen. In seltenen Fällen gelingt es diesen Immunzellen jedoch die Infektion mit dem Retrovirus unbeschadet zu überleben. Wissenschaftler haben nun die Mechanismen untersucht, die mit dem Überleben der Zellen einhergehen. Die Ergebnisse geben Einblick in antivirale Mechanismen und Überlebensstrategien der chronisch infizierten Immunzellen.

Heute kann die Immunschwäche AIDS zwar erfolgreich behandelt werden, aber ermöglicht wird dies nur durch eine lebenslange Einnahme eines starken antiviralen Medikamentencocktails. Ohne diese Behandlung verläuft die Krankheit auch heute noch bei fast allen Infizierten tödlich. Nur eine kleine Minderheit der Patienten, die sogenannten Long-Term Non-Progressors, bilden eine Ausnahme. „Für die Entwicklung neuer Therapieansätze sind vor allem die Immunzellen von Interesse, die es schaffen, die Infektion zu überstehen“, sagt Manfred Wirth, der die Forschungsarbeiten am Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung leitete.

Bei der Infektion mit den AIDS-Erregern nimmt die Zahl der sogenannten CD4-T-Helferzellen im Körper stark ab.  Menschliche T-Zellen sterben normalerweise schon kurz nach der Infektion. Kultiviert man diese Zellen jedoch im Labor und infiziert sie dort mit den Viren, so kann man eine Sub-Population von Zellen heranziehen, die zwar mit dem Virus infiziert sind, aber trotz der Infektion weiterleben. Als Modellvirus für HIV wurde in diesem Fall das Affenvirus SIV eingesetzt.

Wirth und seine Kollegen untersuchten menschliche CD4-T-Zellen, die entweder akut oder chronisch mit SIV infiziert waren: Sie untersuchten welche Gene in diesen Zellen aktiv waren und interpretierten deren Zusammenwirken. „Wir haben durch diese Analysen herausgefunden, welche Faktoren und Reaktionswege für das Überleben der infizierten Zellen wichtig sind“, sagt Wirth. Das Ergebnis zeigt, dass vielfältige Veränderungen notwendig sind, um die Infektion unbeschadet zu überstehen.

Die überlebenden Zellen regulierten viele lebenswichtigen Prozesse anderes als die Zellen, die die Vireninfektion nicht überlebten. So veränderten die überlebenden Zellen etwa die Produktion von Faktoren, die sonst für die frühe Phase einer akuten Infektion mit diesen Immundefizienzviren wichtig sind. Außerdem produzierten sie nach der Infektion Proteine, die diese Zellen sonst normalerweise nicht herstellen. „Der erstaunlichste Fund war, dass in SIV-infizierten humanen CD4-T-Zellen auch Caveolin-1 gebildet wird“, sagt Wirth. „Das kommt sonst in diesen Zellen gar nicht vor.“

Caveoline werden mit verschiedenen Zellfunktionen in Verbindung gebracht und sind für eine Vielzahl von Steuerungs- und Transportvorgängen in der Zelle wichtig. „Da es sonst nicht vorhanden ist, könnte dieses Molekül, alleine oder in Kombination mit den anderen gefundenen zellulären Faktoren, zum Überleben der Immunzellen beitragen“, sagt Wirth.

Die Ergebnisse liefern wichtige Hinweise, welche Moleküle man ansprechen kann, um das Überleben der CD4-Immunzellen zu beeinflussen. Dieses Wissen gilt es nun auszubauen, um chronische SIV/HIV- Infektionen zu verstehen und langfristig neue Ansätze für die Therapie dieser Immundefizienzviren zu erhalten.

Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung, 17.09.2014.

 

Feng Q He, Ulrike Sauermann, Christiane Beer, Silke Winkelmann, Zheng Yu, Sieghart Sopper, An-Ping Zeng and Manfred Wirth (2014). Identification of molecular sub-networks associated with cell survival in a chronically SIVmac-infected human CD4+ T cell line. Virology J, 11: 152 Doi: 10.1186/1743-422X-11-152

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