Wie Alzheimer-Proteine die Energieversorgung im Gehirn blockieren

Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit, Absterben von Neuronen sowie Bildung von neurofibrillären Tangles und beta-Amyloid-Plaques. © 7mike5000. CC BY-SA 3.0

Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit, Absterben von Neuronen sowie Bildung von neurofibrillären Tangles und beta-Amyloid-Plaques. © 7mike5000. CC BY-SA 3.0

Seit einigen Jahren weiss man, dass bei Alzheimer die Energieversorgung der Nervenzellen im Gehirn nicht richtig funktioniert. Das könnte der Grund für ein vorzeitiges Absterben der Nervenzellen bei Alzheimer sein. Die genaue Ursache für dieses Nervensterben ist bisher kaum verstanden. Deshalb haben sich auch viele Therapieversuche als Sackgasse erwiesen. Ein kleines Eiweißfragment namens Amyloid-beta  spielt bei der Entstehung von Alzheimer vermutlich eine zentrale Rolle. Wissenschaftler haben nun herausgefunden, wie diese Eiweißfragmente die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle, schädigen könnten. Sie wirken wie Sand im Getriebe der Nervenzelle: Die Eiweißfragmente blockieren die Reifung der Proteinmaschinen, die im Zellkraftwerk für die Energiegewinnung aus der Nahrung benötigt werden. Das konnten die Forscher sowohl an Modellorganismen, als auch an Gehirnproben von Alzheimerpatienten nachweisen. „Die Aufklärung dieses zentralen Teils des Krankheitsmechanismus ermöglicht, in Zukunft neue Therapien und bessere Diagnostik zu entwickeln“, erklärt Meisinger vom BIOSS Cluster of Excellence an der Universität Freiburg.

Mitochondrien setzten sich aus etwa 1.500 verschiedenen Proteinen zusammen. Die meisten dieser Proteine müssen, bevor sie ihre Arbeit verrichten, in die Zellkraftwerke importiert werden. Denn die Information für ihren Aufbau befindet sich größtenteils im Zellkern der Zellen, für die ein Mitochondrium arbeitet. Für einen erfolgreichen Import tragen die Proteine eine sogenannte Signalsequenz – ein kleines Eiweißanhängsel, das die Protein in die Mitochondrien hineinschleust. Es wirkt wie eine Art Barcode, der ein Protein an den richtigen Ort in der Zelle schickt. Nach einer erfolgreichen Ankunft im Mitochondrium wird die Signalsequenz normalerweise entfernt. Dirk Mossmann und Nora Vögtle vom BIOSS Cluster of Excellence an der Universität Freiburg fanden nun heraus, dass die Amyloid-beta-Eiweißfragmente die Mitochondrien daran hindern, diese Signalsequenzen zu entfernen. Das hat zur Folge, dass sich unfertige Proteine in den Mitochondrien anhäufen. Mit der immer noch angehängten Signalsequenz sind die Proteine nämlich instabil und können ihre Aufgaben im Energiestoffwechsel nur noch bedingt erfüllen. Hefezellen, die so verändert sind, dass sie das Amyloid-beta-Eiweiß herstellen, können nur noch wenig Energie gewinnen und bilden gleichzeitig mehr schädliche Stoffe, wie die Forscher zeigen konnten.

Wenn dieser Mechanismus tatsächlich so auch im Gehirn abläuft hätte das wahrscheinlich ein Absterben der Nervenkontakte und Zellen zur Folge: Das Gehirn würde allmählich schrumpfen und die Patienten schließlich dement. Die Forscher sind gerade dabei einen Bluttest für Alzheimer zu entwickeln: Er soll die Anhäufung der Vorläuferproteine, die immer noch die Signalsequenz tragen, nachweisen. Das Team vermutet nämlich, dass die von ihnen beobachteten Mitochondrienschäden auch in Blutzellen vorkommen.

BIOSS (Centre for Biological Signalling Studies), Cluster of Excellence, Albert-Ludwigs Universität Freiburg, 29.08.2014.

 

Publikation:
Mossmann, D., Vögtle, F.N., Taskin, A.A., Teixeira, P.F., Ring, J., Burkhart, J.M., Burger, N., Pinho, C.M., Tadic, J., Loreth, D., Graff, C., Metzger, F., Sickmann, A., Kretz, O., Wiedemann, N., Zahedi, R.P., Madeo, F., Glaser E. & Meisinger, C. (2014). Amyloid-beta peptide induces mitochondrial dysfunction by inhibition of preprotein maturation. Cell Metabolism. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.cmet.2014.07.024

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