Mechanismus zur Kontrolle von entzündungsfördernden Immunzellen entdeckt

Lymphozyt. © public domain.

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Wissenschaftlern ist es gelungen, die grundlegenden Mechanismen aufzuklären, mit denen das Protein Roquin die Aktivität von Immunzellen reguliert und der Entstehung von Autoimmunreaktionen und Entzündungen entgegenwirkt.

Das Protein Roquin reguliert die Entwicklung bestimmter T-Helferzellen des Immunsystems. Wenn im Organismus kein Roquin vorhanden ist, können sich unkontrolliert T-Zellen  entwickeln, die Autoimmun- und Entzündungserkrankungen hervorrufen.

Vigo Heissmeyers und sein Team vom Helmholtz Zentrum München haben nun die molekulare Funktion von Roquin aufgeklärt. „Wir konnten zum ersten Mal nachweisen, dass Roquin auch die Differenzierung von sogenannten Th17-Helferzellen reguliert und den zugrunde liegenden Mechanismus aufklären“, sagt Vigo Heissmeyer. Damit ist den Wissenschaftlern ein wichtiger Schritt zum besseren Verständnis der Entwicklung von Autoimmunkrankheiten gelungen.

Eine außer Kontrolle geratene Th17-Aktivierung führt zu Entzündungen in Lunge und Magen

Mit Hilfe der Th17-Zellen kann der Organismus Bakterien und Pilze bekämpfen. Gerät die Aktivierung dieser Zellen jedoch außer Kontrolle können sie sich gegen körpereigene Strukturen wenden und Gewebeschäden verursachen. Welche Rolle Roquin für die Kontrolle der Th17-Zellen spielt untersuchten die Forscher an Mäusen, die kein Roquin bilden können. Diese Tiere produzierten ungewöhnlich viele Th17-Zellen, die in Lunge und Magen einwanderten und dort Entzündungen hervorriefen. Die in der Lunge auftretenden krankhaften Veränderungen ähnelten nicht-allergischem Asthma, COPD und Lungenfibrose. Die im Magen beobachteten Entzündungen glichen eine Gastritis.

„Die Beobachtung, dass dasselbe Krankheitsbild auch entsteht, wenn der Organismus kein Roquin bilden kann, legte einen Zusammenhang zwischen Roquin und der Th17-Aktivität nahe“, erklärt Vigo Heissmeyer.

Im gesunden Körper verhindert Roquin die Entwicklung von Th17-Zellen, indem es an mRNAs bindet, die für die Entwicklung von Th17-Zellen notwendig sind. Solange Roquin an diese mRNAs gebunden ist, können die auf ihr kodierten Proteine nicht gebildet werden. Um diese Regulation zu bewirken benötigt Roquin jedoch einen Partner: Das Enzym Regnase-1. Gemeinsam kontrollieren die beiden Proteine die Proteinsynthese einer Gruppe von Genen, die für die Entwicklung der Th17-Zellen notwendig sind.

Wie die Wissenschaftler weiter herausgefunden haben wird die Aktivität des Regulators Roquin seinerseits ebenfalls durch ein weiteres Enzym reguliert: MALT1 kann Roquin inaktivieren: „MALT1 spaltet Roquin und macht es dadurch funktionsunfähig. Das ermöglicht eine fein und stufenlos steuerbare Regulation von Roquin und damit die Kontrolle der T-Zelldifferenzierung: Je nachdem, wie stark der T-Zell-Rezeptor durch Antigenerkennung aktiviert ist, wird mehr oder weniger Roquin gespalten“, so Vigo Heissmeyer. Spricht der T-Zell-Rezeptor stark auf ein bestimmtes Antigen an, wird viel Roquin gespalten, so dass sich Th17-Zellen entwickeln können, um die Infektion zu bekämpfen. Ist das Signal dagegen schwächer, so wird weniger Roquin gespalten und die T-Zelle entwickelt sich in eine anderen Richtung. So wird die T-Zelle je nach Signalstärke mehr oder weniger gebremst und trifft dabei unterschiedliche Entwicklungsentscheidungen – „je nach Situation entsteht entweder eine Th17-Zelle oder ein anderer T-Zell-Typ, der ganz andere Funktionen erfüllt“, sagt Vigo Heißmeyer.

„Mit dieser Entdeckung ist uns erstmals ein Einblick in die grundlegenden Mechanismen der molekularen Regulation der Th17-Antwort gelungen, die ein enormes pathologisches Potenzial besitzt“, erklärt Vigo Heissmeyer. Die neuen Erkenntnisse der Wissenschaftler sind auch für die Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten gegen Autoimmunerkrankungen von Bedeutung. So könnte man etwa die Bildung von Th17-Zellen durch eine pharmakologische Kontrolle der Roquinaktivität oder durch den Einsatz von MALT1-Inhibitoren unterdrücken und so eine überschießende Immunreaktion in den Griff bekommen.

Helmholtz Zentrum München, 06.10.2014

 

Originalpublikation:

Jeltsch, K. et al. (2014). Cleavage of roquin and regnase-1 by the paracaspase MALT1 releases their cooperatively repressed targets to promote TH17 differentiation, Nature Immunology, doi:10.1038/ni.3008

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