Klimawandel: Unterschied zwischen Tages- und Nachttemperatur steigt

Rotierende Erde. © Marvel. CC BY-SA 3.0.

Erde. © Marvel. CC BY-SA 3.0.

Mit dem Klimawandel haben sich die Durchschnittstemperaturen auf der Erde erhöht. Ob sich dabei auch die Temperaturunterschiede vergrößern, war bisher noch nicht untersucht worden. Einer neuen Studie zufolge nähern sich weltweit die Unterschiede zwischen Tages- und Nachttemperaturen rapide den jährlichen Unterschieden zwischen Sommer- und Wintertemperaturen an. Gemäßigte Klimaregionen der Erde werden dadurch den Tropen immer ähnlicher. Dies könnte erhebliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft oder die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen haben.

Erst vor kurzem haben Wissenschaftler und Politiker auf der UN-Weltklimakonferenz in New York versucht Maßnahmen zu beschließen, um die Erde vor einem drastischen Klimawandel zu schützen. Eine steigende Durchschnittstemperatur wird voraussichtlich zu einem Anstieg des Meeresspiegels und damit Überflutungen führen. Dabei sind küstennahe Regionen besonders gefährdet.

In gemäßigten Zonen wachsende Pflanzen nutzen neben der Tageslänge die Temperatur als Indikator für die Jahreszeit. So ermitteln sie, wann die beste Zeit zur Bildung von Blüten und Früchten ist. Wenn die täglichen Temperaturzyklen extremer werden, könnte es für Pflanzen schwieriger werden, sich optimal auf die Jahreszeiten einzustellen. So könnte es passieren, dass Pflanzen zu früh oder zu spät blühen, so dass sie weniger oder gar keine Früchte hervorbringen. Höhere Temperaturen könnten aber auch dazu führen, dass Insekten in nichttropischen Regionen länger überleben. Dadurch könnten sich Schädlinge und Krankheitserreger, die von Insekten übertragen werden, in Regionen ausbreiten, in denen sie bisher nicht vorkommen.

Zusammen mit Michael Dillon von der Universität von Wyoming, USA, hat George Wang am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie die globale, räumliche Schwankung der mittleren Temperatur und des Temperaturzyklus berechnet. Dafür haben die Forscher mehr als eine Milliarde Temperaturmessungen aus dem Zeitraum zwischen 1926 und 2009 von 7.906 Wetterstationen ausgewertet. Die Analyse der monatlichen und jährlichen Temperaturextrema ergibt, dass seit 1950 sowohl die Tages- und Jahrestieftemperaturen, als auch die entsprechenden Höchsttemperaturen weltweit gestiegen sind. Die Wissenschaftler schätzten außerdem die globalen Änderungen der Tages- und Jahrestemperaturzyklen zwischen 1975 und 2013 ab.

Die Auswertung der Daten war so rechenintensiv, dass die Forscher für ihre Analysen die Computerzentren zweier Kontinente verwenden mussten. Für die Berechnungen setzten sie eine neue mathematische Methode ein, mit deren Hilfe sie die Temperaturänderung von Tag und Nacht, sowie Sommer und Winter und damit die weltweite Temperaturvariabilität ermitteln konnten.

Diesen Berechnungen zufolge waren die Temperaturänderungen an den Orten am dramatischsten, die den Polen am nächsten und weit von Meeren entfernt liegen. „Lebewesen sind hier also inzwischen innerhalb weniger Tage viel höheren Temperaturunterschieden ausgesetzt. Diese Muster sind in Kanada und Russland am stärksten ausgeprägt, aber man findet sie auch in Deutschland“, erklärt Wang. „In Wiesbaden beispielsweise betrug im Jahr 1992 der durchschnittliche Unterschied zwischen Tag und Nacht noch 1,2 Grad, während der mittlere Unterschied zwischen Sommer und Winter 24,8 Grad betrug. Im Jahr 2012 lag dagegen der Tag/Nacht-Zyklus bereits bei 5,2 Grad, der Sommer/Winter-Zyklus bei 18,9 Grad. Die Tagestemperaturen schwanken also heute stärker als früher, während die Temperaturen im Jahresverlauf nahezu gleich geblieben sind. Im Vergleich dazu beträgt der Tag/Nacht-Unterschied in Las Palmas (auf Gran Canaria, eine der Kanarischen Inseln,) 4,3 Grad und der Sommer/Winter-Unterschied 6,7 Grad. Er hat sich nicht sehr stark verändert.“

Die täglichen Temperaturschwankungen – also die Unterschiede zwischen den Maximalwerten am Tag und den Minimalwerten in der Nacht – sind der Studie zufolge an den Polen am geringsten. Relativ klein sind sie auch in der Nähe von großen Gewässern und in geringer Höhe. Die jährlichen Temperaturwechsel wiederum sind in den Tropen am geringsten und steigen zu den Polen hin an. „In Temperaturzonen, die bislang relativ zu den Jahresschwankungen geringere Tagesunterschiede aufwiesen, haben sich die jahreszeitlichen Änderungen in den letzten 30 bis 40 Jahren nicht geändert“, erläutert Michael Dillon. „Aber die Tagesschwankungen sind beträchtlich gewachsen. Wenn aber die Jahresvariabilität konstant ist und die Tagestemperaturen ansteigen, werden Gebiete außerhalb der Tropen tropischer werden.“

Die Ergebnisse zeigen, dass kein Ort vor dem Klimawandel sicher ist. „Die meisten Menschen sind zu Recht über den Anstieg des Meeresspiegels besorgt, glauben aber, dass sie davon nicht betroffen sind, wenn sie nicht in Meeresnähe leben. Unsere Arbeit zeigt, dass Regionen, die weit von den Meeren entfernt sind, die größte tägliche und jahreszeitliche Temperaturvariabilität haben werden, weil sie von den Pufferwirkungen der Ozeane weit entfernt sind“, sagt Wang. Das wird sich wahrscheinlich auch auf die Landwirtschaft auswirken, weil es die Ernten beeinträchtigen könnte. Aber auch die Ausbreitung von Parasiten und Krankheiten kann sich ändern.

Max-Planck-Gesellschaft, 8. Oktober 2014

 

Originalpublikation:

Wang, G.; Dillon, Michael E. Recent geographic convergence in diurnal and annual temperature cycling flattens global thermal profiles. Nature Climate Change; online veröffentlicht am 28. September 2014; doi:10.1038/nclimate2378

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