Wie die Nährstoffversorgung die Krebsentstehung beeinflussen könnte

Auswirkungen der Nährstoffzufuhr auf die Zellvermehrung bei beschädigter DNS. © Anpassung von Klermund et al. 2014, Cell Reports

Auswirkungen der Nährstoffzufuhr auf die Zellvermehrung bei beschädigter DNS. © Anpassung von Klermund et al. 2014, Cell Reports

Prinzipiell können Zellen spontan auftretende Fehler in der Erbinformation reparieren. Aber dieser Reparaturprozess funktioniert nicht immer einwandfrei, so dass beschädigte DNS in manchen Fällen bei der Zellteilung weitergegeben wird. Wissenschaftler haben nun an Hefezellen nachgewiesen, dass der zelluläre Mechanismus, der die Reparatur beschädigter DNS vor der Zellteilung gewährleistet von der Nährstoffversorgung einer Zelle abhängt. Daraus könnten sich neue Möglichkeiten zur Verbesserung von Krebstherapien ergeben.

Alle Informationen für die Funktionen einer Zelle sind in ihrer DNS gespeichert. Um korrekt funktionierende Tochterzellen zu bilden, muss die DNS vor jeder Zellteilung fehlerfrei kopiert werden. Die Weitergabe von beschädigter Erbinformation muss unbedingt verhindert werden. Um zu gewährleisten, dass nur korrekte Erbgutkopien  an die Tochterzellen weitergegeben werden, haben Zellen ausgeklügelte Überwachungsmechanismen entwickelt, um beschädigte oder fehlerhafte DNS zu erkennen. Diese sogenannten Checkpoints verhindern, dass die Zelle sich teilt solange ihre DNS nicht fehlerfrei kopiert ist. So bekommt die Zelle genug Zeit, um das schadhafte Erbgut zu reparieren. In manchen Fällen ist eine vollständige Reparatur jedoch nicht möglich, selbst wenn die Checkpoints aktiviert sind. Wenn DNS-Schäden sehr lange bestehen bleiben, schaltet die Zelle die Checkpoints aus, selbst wenn die Reparatur der DNS noch nicht erfolgreich war. Dieser Prozess, der als Adaptation bezeichnet wird, scheint für die einzelne Zelle selbst vorteilhaft zu sein, da er ihr eine weitere Vermehrung ermöglicht. „Für den gesamten Organismus ist die Adaptation jedoch oft gefährlich, da die nicht reparierte DNS zu Krankheiten wie Krebs führen kann“, betont Brian Luke vom Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH).

Die Molekularbiologinnen Julia Klermund und Katharina Bender aus dem Team von Brian Luke haben einen Weg gefunden, um zu verhindern, dass Zellen ihre Checkpoints abschalten. So haben diese mehr Zeit zur Reparatur, gleichzeitig wird die Weitergabe von fehlerhafter DNS an die Tochterzellen unterbunden. Die Forscherinnen konnten zeigen, dass die Nährstoffversorgung der Zellen bei diesem Prozess eine zentrale Rolle spielt: Zellen mit defekter DNS, denen nur wenige Nährstoffe zur Verfügung stehen, adaptieren nicht, sondern stoppen ihr Wachstum. Bei ihnen ist der Checkpoint dauerhaft aktiviert. Die Wissenschaftlerinnen konnten den gleichen Effekt hervorrufen, wenn Zellen mit beschädigter DNS mit Rapamycin behandelt wurden. Dabei handelt es sich um ein Medikament, das metabolische Signalwege hemmt und somit Nährstoffmangel imitiert. „Zellen im nährstoffarmen Zustand waren langfristig deutlich lebensfähiger, wahrscheinlich weil sie vor der Zellteilung die Reparatur der Erbinformation abgewartet haben“, erklärt Julia Klermund. „Wir gehen davon aus, dass eine nährstoffreiche Umgebung Zellen veranlasst zu wachsen und sich zu teilen, selbst wenn sie dies nicht tun sollten, weil beispielsweise die DNS beschädigt ist. Dagegen stellt ein Nährstoffmangel offenbar sicher, dass Zellen eine Teilung erst dann ,riskieren‘, wenn alle Schäden behoben wurden“, ergänzt Brian Luke.

Forschungsergebnisse aus den USA zeigten vor kurzem, dass Nährstoffmangel oder die Behandlung mit Rapamycin die Lebensdauer von Zellen verlängern und sogar die Wirksamkeit einiger Chemotherapien verbessern kann. Laut Brian Luke liefern ihre eigenen Forschungsergebnisse wichtige Details zur Klärung dieser Wirkmechanismen und könnten eine Grundlage für mögliche Verbesserungen darstellen.

Universität Heidelberg, 7. Oktober 2014

 

Originalpublikation:
J. Klermund, K. Bender and B. Luke: High nutrient levels and TORC1 activity reduce cell viability following prolonged telomere dysfunction and cell cycle arrest. Cell Reports (published online 25 September 2014), doi: 10.1016/j.celrep.2014.08.053

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