Abholzung lässt Artenvielfalt in angrenzenden Gewässern sinken

Einzugsgebiet des Jangtsekiang-Flusses, Südchina. Hier wird Wald gerodet, um Platz für Ackerland und Teeplantagen zu schaffen. © M. Kuemmerlen

Einzugsgebiet des Jangtsekiang-Flusses, Südchina.
Hier wird Wald gerodet, um Platz für Ackerland und
Teeplantagen zu schaffen. © M. Kuemmerlen

Abholzung führt zu einem Verlust der Artenvielfalt in angrenzenden Fließgewässern. Dies haben Wissenschaftler anhand von modellierten Szenarien gezeigt. Am Beispiel eines Flusseinzugsgebietes in Südchina demonstrierten sie, dass der Artenrückgang durch einen veränderten Wasserhaushalt hervorgerufen wird, der auf eine Umwandlung von Waldflächen in Ackerland zurück geht.

Bei 1,3 Milliarden Einwohnern ist der Bedarf in China groß, geeignete Flächen in Ackerland umzuwandeln, um die Ernährung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dementsprechend findet sich in China ein im weltweiten Vergleich einmalig rascher und intensiver Wandel der Landnutzung statt. Wie ein Forscherteam um Britta Schmalz von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in einer neuen Studie zeigt, könnte die Rodung von Wald den Abfluss des Oberflächenwassers so verändern, dass die Vielfalt der Kleinstlebewesen in den angrenzenden Fließgewässern stark abnimmt.

Einzugsgebiet am längsten chinesischen Fluss untersucht

Das Forscherteam untersuchte im Rahmen ihrer Studie eine ca. 1700 Quadratkilometer große südchinesische Region, die im Einzugsgebiet des Jangtsekiang-Flusses liegt und einen Zufluss zum Poyang-See bildet. Dabei wurde modelliert, wie unterschiedliche Arten und Intensitäten der Landnutzung das Abflussverhalten von Regenwasser beeinflussen. Die fünf untersuchten Szenarien umfassten drei Abholzungsintensitäten und zwei Aufforstungsszenarien. Dabei gibt eine mittlere Abholzungsrate, bei der 53 Prozent der Waldes (von ursprünglichen 70 Prozent) erhalten bleiben und der Rest der Flächen als Ackerland und Teeplantagen genutzt wird, die momentane Ausweitung der Landwirtschaft in dieser Region Chinas am ehesten wieder. Daher modellierten die Wissenschaftler für dieses Szenario, wie sich diese Art der Veränderung auf 72 verschiedene Arten von wirbellosen Lebewesen, sogenannten Makroinvertebraten, auswirken könnte.

Eine neue Studie zeigt, dass diese Abholzung, einen Verlust der Artenvielfalt in angrenzenden Fließgewässern zur Folge haben kann. © M. Kuemmerlen

Eine neue Studie zeigt, dass diese Abholzung,
einen Verlust der Artenvielfalt in angrenzenden
Fließgewässern zur Folge haben kann. © M. Kuemmerlen

Deutliche Verluste kleiner Wassertiere zu erwarten

Fließgewässer-Abschnitte mit einer hohen Artenvielfalt könnten durch die Abholzung deutlich abnehmen. Das wäre besonders da der Fall, wo der Wandel der Landnutzung am stärksten ausgeprägt ist. Hier wären beispielsweise Insektenlarven, Schnecken, Würmer und Egel gefährdet. „Als Beispiel für eine einzelne Art haben wir das Verbreitungsgebiet der Steinfliege Topoperla sp. dargestellt. Durch die prognostizierten Veränderungen würde sie nur noch in 15 Prozent ihres jetzigen Verbreitungsgebietes vorkommen“, erklärt Mathias Kuemmerlen vom LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F). Topoperla sp. gilt wie andere wirbellose Kleinstlebewesen als Bioindikator für die Wasserqualität. Daher liegt die Schlussfolgerung nahe, dass sich Abholzung negativ auf die Wasserqualität auswirkt.

Umwandlung von Wald in Ackerland verändert Wasserabfluss

Im untersuchten Fall liegt die Ursache der schwindenden Artenvielfalt im veränderten Wasserhaushalt, der sich aus der Umwandlung von Wald in Ackerland ergibt. Je mehr Wald abgeholzt wird, umso mehr Wasser fließt während der Regenzeit in Flüsse und Bäche ab. „In bewaldeten Flächen läuft oberflächliches Wasser langsamer und in geringeren Mengen ab. Ein beachtlicher Teil des Regenwassers wird von Boden und Bäumen aufgenommen. Höhere Abflussraten treten allenfalls in Flussauen auf. Werden die Wälder abgeholzt und in Felder umgewandelt, nimmt der Oberflächenabfluss zu“, so Kuemmerlen. Wird hingegen aufgeforstet, treten gegenteilige Effekte auf, unter anderem können die Böden dann wieder mehr Wasser speichern.

Wandel der Landnutzung nachhaltig gestalten

Wie das Forschungsteam betont, liefern die Ergebnisse der Studie wissenschaftliche Grundlagen für eine nachhaltigere Raumplanung, sowie ein künftiges Flächenmanagement, das den Wasserkreislauf der jeweiligen Region berücksichtigt. Ziel müsse es sein, die begrenzte Ressource Land so zu nutzen, dass einerseits der für die Nahrungsproduktion steigende Flächenbedarf gedeckt werden kann. Andererseits muss aber auch Raum für die notwendige Anpassung an globale Klimaveränderungen bleiben: Dabei spielt der Erhalt von Wäldern eine entscheidende Rolle, da Wälder als Wasserspeicher dienen und für einen langsameren Abflusses des Oberflächenwasser sorgen. Modellierungsvorhaben dieser Art werden auch in Deutschland durchgeführt, um die gewonnenen Erkenntnisse weiter auszubauen.

Senkenberg Gesellschaft für Naturforschung, 17.12.2014

 

Originalpublikation:
Schmalz B., Kuemmerlen M., Kiesel J., Cai Q., Jähnig S.C. & Fohrer N. (2014) Impacts of land use changes on hydrological components and macroinvertebrate distributions in the Poyang lake area. Ecohydrology, DOI: 10.1002/eco.1569

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