Was wir vom Zebrafisch über die Regeneration des Herzens lernen können

Die äußere Herzwand des Zebrafischherzens (grün) regeneriert sich nach einer Verletzung schnell. Wie eine Welle bedeckt sie binnen ein bis zwei Wochen das Herz von der Basis der einen Kammer bis zur Spitze der anderen. Wissenschaftler haben nun Eigenschaften dieser äußeren Herzwand - des Epikards - entschlüsselt, die dabei helfen könnten, die erstaunliche Regenerationsfähigkeit der Zebrafischherzen zu verstehen. ©  Jingli Cao.

Die äußere Herzwand des Zebrafischherzens (grün) regeneriert sich nach einer Verletzung schnell. Wie eine Welle bedeckt sie binnen ein bis zwei Wochen das Herz von der Basis der einen Kammer bis zur Spitze der anderen. Wissenschaftler haben nun Eigenschaften dieser äußeren Herzwand – des Epikards – entschlüsselt, die dabei helfen könnten, die erstaunliche Regenerationsfähigkeit der Zebrafischherzen zu verstehen. © Jingli Cao.

Das menschliche Herz ist nicht dazu in der Lage sich selbst zu heilen. Anders dagegen das Herz des Zebrafisches: sein Herz kann Zellen, die durch Verletzungen oder Krankheit zerstört wurden einfach wieder ersetzen. Wissenschaftler haben nun Eigenschaften der äußeren Herzwand, des sogenannten Epikards, entschlüsselt, die erklären könnten, warum der Fisch über die erstaunliche Fähigkeit verfügt, sein Herzgewebe zu regenerieren.

Nach einer Verletzung beginnen die Zellen des Zebrafisch-Epikards aktiv zu werden: Sie bilden neue Zellen, um die Wunde zu schließen, scheiden chemische Botenstoffe aus, um die Muskelzellen zum Wachstum und zur Teilung anzuregen und fördern die Bildung von Blutgefäßen, um das neu gebildete Gewebe mit Sauerstoff zu versorgen.

Wissenschaftler an der Duke University School of Medicine in Durham, USA, haben herausgefunden: Wenn dieses wichtige Organblatt des Herzens selbst beschädigt ist kommt es zu einer Verzögerung des gesamten Heilungsprozesses, da sich das Epikard erst selbst heilen muss, bevor es die Heilung des Herzens übernehmen kann. Wie die Forscher zeigen konnten wird dieser Vorgang über das Signalprotein Sonic Hedgehog vermittelt. Es spielt bei Wirbeltieren eine wichtige Rolle bei der Organentwicklung. Wird dieses Protein auf die Oberfläche des Herzens gegeben, wird dadurch die vom Epikard gelenkte Reaktion auf eine Verletzung eingeleitet.

Die neuen Erkenntnisse könnten dazu genutzt werden, die Schäden, die bei einem Herzinfarkt auftreten zu beheben. In Deutschland sind Herzinfarkte, mit circa 20.000 Fällen pro Jahr die zweithäufigste Todesursache.

Kenneth D. Poss von der Duke University erforscht seit dreizehn Jahren die Regenerationsfähigkeit von Zebrafischherzen. Bereits als Postdoktorand war er der erste, der bewies, dass das winzige, gestreifte Fischchen dazu in der Lage ist verschiedene Bereiche seines Herzgewebes genauso nachwachsen zu lassen, wie eine Eidechse ihren abgefallenen Schwanz ersetzen kann. Nun hat seine Arbeitsgruppe herausgefunden, dass dieser Heilungsprozess vom Epikard, einer dünnen Zellschicht, die die Oberfläche des Herzens bedeckt, gesteuert wird.

Laut Poss wir die Bedeutung des Epikards unterschätzt. Sein Team ist von der wichtigen Rolle dieses Gewebes überzeugt, denn ähnliche Gewebeschichten umgeben die meisten unserer Organe und kleiden die Hohlräume unseres Körpers aus. Manche Wissenschaftler gestehen seinen Zellen sogar stammzellartige Eigenschaften zu, da das Epikard sich nicht nur selbst wiederherstellen kann, sondern darüber hinaus auch für den Heilungsprozess des verletzten Herzens verschiedenste Zelltypen und Faktoren beisteuert. Doch bisher weiß man über diese vielseitige Zellschicht noch erstaunlich wenig, geschweige denn, wie sie genau funktioniert. Hier gibt es für die Wissenschaft noch viel zu entdecken.

Mit ihren Versuchen wollten Poss und sein Team herausfinden, wie es dem  Epikard gelingt die Regenerationsprozesse des Herzens so erfolgreich zu steuern. Dazu entfernte der Postdoktorand Jinhu Wang etwa ein fünftel eines Zebrafischherzens. Danach tötete er circa 90 Prozent der Epikardzellen ab und beobachtete, wie schnell das Herz unter diesen Bedingungen heilt. Wie er feststellte, verzögerte sich der Heilungsprozess des Herzens so lange, bis das Epikard selbst wieder intakt war. Erst danach kam die Heilung wie bei einem Zebrafisch mit intaktem Epikard in Gang.

Demnach waren die verbliebenen 10 Prozent der Epikardzellen dazu in der Lage das Epikard zu regenerieren, bevor sie die Heilung des Herzmuskels einleiteten. Fasziniert von dieser Erkenntnis beschloss Poss, als nächstes den Selbstheilungsprozess des Epikards näher zu untersuchen. Sein Postdoktorand Jingli Cao entwickelte dazu eine Technik, mit der er die Herzen der Zebrafische in Kulturschalen am Leben erhalten konnte. Dort schlugen die winzigen, zweikammerigen Organen weiter und verhielten sich so, als wenn sie sich immer noch im Zebrafisch befänden.

Wieder zerstörten die Forscher den größten Teil des Epikards. Dieses Mal jedoch konnten sie den Regenerationsprozess der Fischherzen jeden Tag unter dem Mikroskop verfolgen. Wie sie beobachteten erholte sich das Epikard schnell. Binnen ein bis zwei Wochen bedeckte es das Herz wie eine Welle von der Basis der einen Kammer bis zur Spitze der anderen .

Anschließend suchten die Forscher nach Wirkstoffen, die diese Regenerationsfähigkeit der Herzen in Kulturschale beeinflussen konnten. Dazu testeten sie verschiedene Proteine, die bei der Embyonalentwicklung eine Rolle spielen, wie Wachstumsfaktoren für Fibroblasten und Sonic Hedgehog. Dabei zeigte sich, das Sonic Hedgehog eine wichtige Rolle bei der Regeneration spielt. Nun planen die Forscher umfangreichere Tests um nach Proteinen zu suchen, die den Reperaturprozess der Zebrafischherzen fördern und eines Tages möglicherweise zur Behandlung menschlicher Herzerkrankungen herangezogen werden können.

Bereits im April hatte Poss Arbeitsgruppe herausgefunden, dass das Epikard ein Protein namens Neuregulin 1 bildet, welches Herzmuskelzellen nach einer Verletzung zur Teilung anregt. Wenn die Forscher die Menge an Neuregulin 1 künstlich erhöhten bildete das Herz viele neue Muskelzellen, selbst wenn keine Verletzung vorlag. Auch diese Ergebnisse belegen, wie wichtig die Rolle des Epikards für die Herzgesundheit ist.

Laut Ploss haben Untersuchungen des Epikards an verschiedensten Organismen ergeben, dass dieses Gewebe bei Fischen und Säugetieren sehr ähnlich ist. Demnach hoffen die Forscher ihre am Zebrafisch gewonnenen Erkenntnisse einmal auf den Menschen übertragen und dort die Heilung des Herzens anregen zu können.

Duke University, Durham, USA, 4. Mai 2015

 

Originalpublikation:

Jinhu Wang, Jingli Cao, Amy L. Dickson, Kenneth D. Poss. Epicardial regeneration is guided by cardiac outflow tract and Hh signaling. Nature, May 4, 2015 DOI: 10.1038/nature14325

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