Wie Bakterien dem Immunsystem beim Kampf gegen Krebs auf die Sprünge helfen können

Nach einer Infektion können Bakterien (grün) in einen Tumor (blau) einwandern und bei seiner Bekämpfung helfen. Wichtiger sind aber die körpereigenen Immunzellen, die durch die Infektion gegen den Krebs aktiviert werden. © HZI / Westphal

Nach einer Infektion können Bakterien (grün) in einen Tumor (blau) einwandern und bei seiner Bekämpfung helfen. Wichtiger sind aber die körpereigenen Immunzellen, die durch die Infektion gegen den Krebs aktiviert werden. © HZI / Westphal

Bereits vor rund 150 Jahren beobachteten Mediziner einen positiven Einfluss von bakteriellen Infektionen auf Krebspatienten. Trotz vieler Fortschritte in den letzten Jahrzehnten blieb der große Durchbruch dieses Therapieansatzes jedoch bisher aus. Das mag unter anderem daran liegen, dass noch nicht klar war, wie die Bakterien im Detail gegen den Tumor wirken und welche Rolle in diesem Zusammenhang das Immunsystem spielt. Nun ist es Forschern gelungen, dieses Rätsel zu lösen.

Eine Reihe verschiedener Bakterien wurden in den letzten Jahren als Therapeutikum gegen Krebsgeschwüre getestet. Das war mit einem Balanceakt verbunden, denn einige der vielversprechendsten Kandidaten sind selbst gefährliche Krankheitserreger. So haben Salmonellen zwar eine ausgeprägte Anti-Tumor-Aktivität, können aber auch zu Sepsis führen.  „Bisher ist das perfekte Bakterium für die Behandlung von Krebs noch nicht gefunden“, sagt Christian Stern, ehemaliger Wissenschaftler in der Abteilung „Molekulare Immunologie“ vom Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung. „Obwohl schon länger klar ist, dass nicht die Bakterien allein für die Tumorabstoßung verantwortlich sind, wurden die immunologischen Hintergründe der bakteriellen Tumor-Bekämpfung bisher noch nicht detailliert untersucht.“

Deshalb konzentrierte sich das Forscherteam um Christian Stern in seiner Studie auf die Rolle des Immunsystems und nicht auf die Wirkung der Bakterien gegen den Tumor. „Wir haben T-Zellen als entscheidenden und unerlässlichen Zelltyp für die Tumorbekämpfung in Mäusen identifiziert. Alle anderen in Frage kommenden Zellen des Immunsystems konnten wir weitgehend ausschließen.“ sagt Siegfried Weiß, Leiter der Abteilung „Molekulare Immunologie“. Wie die Wissenschaftler feststellten spielen die Bakterien selbst eine wesentlich unbedeutendere Rolle, als ihnen bisher zugesprochen wurde. Sie leisten lediglich Starthilfe für die körpereigene Abwehr: Die Infektion löst eine Immunreaktion aus, bei der der Botenstoff TNF-alpha freigesetzt wird. Dadurch werden im Tumor Blutgefäße zerstört und er stirbt teilweise ab. Gleichzeitig werden gegen den Tumor gerichtete T-Zellen aktiviert, die bereits vor der Infektion vorhanden sind, aber in einem vom Tumor eingeleiteten Ruhezustand verharren. Durch die Anwesenheit der Bakterien aktiviert greifen sie gezielt den restlichen Tumor an und können ihn sogar komplett auflösen.

Durch die Ankurbelung des Immunsystems wurden auch Gedächtniszellen des Immunsystems gebildet, die gezielt Strukturen auf der Zelloberfläche der Tumoren erkennen. Mäuse, die nach einer solchen Bakterien-vermittelten Krebstherapie geheilt waren konnten daher erneut auftreten Metastasen abstoßen. Neben den zytotoxischen T-Zellen, deren Spezialgebiet das Abtöten von infizierten oder entarteten Zellen ist, waren auch die sogenannten T-Helferzellen allein in der Lage Tumore zu zerstören. Normalerweise kommt dieser Art von T-Zellen nur eine Vermittlerrolle zu und so dass sie normalerweise derartige Zellen nicht angreifen.

„Wir konnten erstmals genauer zeigen, welchen Beitrag das Immunsystem in der Bakterien-vermittelten Tumortherapie leistet und dass sich ein wirkungsvolles immunologisches Gedächtnis ausbildet“, sagt Weiß. Das bessere Verständnis kann helfen, die Therapie zu verbessern und bringt die Forscher einen Schritt näher an ihr Ziel, diese eines Tages beim Menschen anwenden zu können.

Helmholtz Zentrum für Infektionsfroschung, 12.05.2015

 

Originalpublikation:
Christian Stern, Nadine Kasnitz, Dino Kocijancic, Stephanie Trittel, Peggy Riese, Carlos A. Guzman, Sara Leschner, Siegfried Weiss. Induction of CD4+ and CD8+ anti-tumor effector T cell responses by bacteria mediated tumor therapy. Int J Cancer 2015, DOI: 10.1002/ijc.29567.

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