Wie der Schweizer Käse zu seinen Löchern kommt

Mikroskopisch kleine Heupartikel verhelfen dem Schweizer Käse zu seinen Löchern. © Agroscope, Schweiz

Mikroskopisch kleine Heupartikel verhelfen dem Schweizer Käse zu seinen Löchern. © Agroscope, Schweiz

Die Mäuse sind es nicht, die die Löcher in den Schweizer Käse nagen. Aber auch das von Bakterien produzierte Kohlendioxid alleine ist nicht dazu in der Lage dem Schweizer Käse zu seinen markanten Löchern zu verhelfen. Das mussten Schweizer Käseproduzenten über die letzten zehn bis 15 Jahr mit Besorgnis feststellen: Denn in diesem Zeitraum hat die Zahl der Löcher im Schweizer Käse kontinuierlich abgenommen. Deshalb rätseln Käsemacher und Wissenschaftler schon lange über den Grund dieses Phänomens. Nun haben Schweizer Forscher das Rätsel gelöst.

Große Löcher soll er haben, der Emmentaler Käse. Doch die werden in den letzten 15 Jahren immer seltener und kleiner. Das Gespenst vom „Löcherschwund“ geht um. Deshalb bemühen sich Schweizer Forscher und Käser seit Jahren darum, das Rätsel der Lochbildung im Schweizer Käse aufzudecken. Bereits seit einiger Zeit wurde vermutet, dass der Rückgang der begehrten Löcher mit der gestiegenen Hygiene bei der Milchgewinnung zusammen hängt. Dennoch blieb der wahre Grund lange Zeit im Dunkeln.

Das von den Milchsäurebakterien gebildete Kohlendioxid kann sich in den Hohlräumen der Heupartikel sammeln und ein Loch in den Käse drücken. © Agroscope, Schweiz

Das von den Milchsäurebakterien gebildete Kohlendioxid kann sich in den Hohlräumen der Heupartikel sammeln und ein Loch in den Käse drücken. © Agroscope, Schweiz

Bereits 1917 beschäftigte sich der Amerikaner William Clark mit der Lochbildung im Emmentaler. Er stellte die Theorie auf, die Löcher entstünden durch das Kohlendioxid, das bei der Vergärung der Milch durch die Milchsäurebakterien entsteht. Bereits damals fragte er sich, ob die Löcher rein zufällig oder nur an bestimmten Stellen auftreten.

Forscher von der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Agroscope in der Schweiz kamen auf die Idee, Heupartikel könnten als Ansatzstellen für die Lochbildung im Käse dienen. Um ihre Hypothese zu testen setzten die Wissenschaftler in einer Versuchsreihe acht verschiedene Käseansätzte auf: Dazu fügten sie der mikrofiltrierten und damit keimfreien Milch Milchsäurebakterien und unterschiedliche Mengen von pulverisiertem Heu zu. Die Entwicklung der Löcher untersuchten die Forscher während des 130 Tage dauernden Reifungsprozesses mit Hilfe der Computertomographie. Das Ergebnis verblüffte selbst die Forscher. Durch die Dosierung der Heupartikel ließ sich die Anzahl der Löcher im Käse fast beliebig steuern.

Die Entwicklung der Löcher untersuchten die Forscher während des 130 Tage dauernden Reifungsprozesses mit Hilfe der Computertomographie. © Agroscope, Schweiz

Die Entwicklung der Löcher untersuchten die Forscher während des 130 Tage dauernden Reifungsprozesses mit Hilfe der Computertomographie. © Agroscope, Schweiz

Das von den Milchsäurebakterien gebildete Kohlendioxid kann sich in den Hohlräumen der Heupartikel sammeln und ein Loch in den Käse drücken. Ist der anfänglich starke Widerstand für die Lochbildung mit Hilfe der Gasansammlung in den Hohlräumen der Heupratikel erst einmal überwunden, so kann immer mehr Gas in das Loch strömen und es erweitern. Gas, was sich nicht in den Hohlräumen von Heupartikeln sammeln kann entweicht dagegen einfach aus dem Käse.

Damit ist das Rätsel um den „Löcherschwund“ nun endlich gelöst. Beim traditionellen Melken mit dem Melkschemel und dem offenen Melkeimer gelangte immer auch eine gute Portion Heupartikel in die Milch. Durch die modernen Melkmaschinen wird dagegen sowohl eine Kontamination mit Bakterien als auch der Eintrag von mikroskopisch kleinen Heupartikeln in die Milch vermindert. Dadurch befinden sich im Käse weniger Ansatzstellen für die Bildung von Löchern. In Zukunft werden also die Käser ihrer Milch für die Käseproduktion nicht nur Lab und Bakterienkulturen sondern auch eine wohl dosierte Protion Heupartikel hinzufügen. Damit wäre der Fortbestand der Löcher im Schweizer Käse gesichert.

von Ute Keck

 

Originalartikel:

Dominik Guggisberga, Philipp Schuetzb, Hans Winklera, Rudolf Amreina, Ernst Jakoba, Marie-Therese Fröhlich-Wydera, Stefan Irmlera, Walter Bisiga, Iwan Jerjenb, Mathieu Plamondonb, Jürgen Hofmannb, Alexander Flischb, Daniel Wechslera. Mechanism and control of the eye formation in cheese. International Dairy Journal. Volume 47, August 2015, Pages 118–127. doi: 10.1016/j.idairyj.2015.03.001

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