Wie sich große Pflanzenfresser das Büffett der afrikanischen Savanne teilen

In der Savanne der Serengeti kommen große Herden von Zebras vor. © Peter Steen Leidersdorff. CC BY-SA 3.0.

In der Savanne der Serengeti kommen große Herden von Zebras vor. © Peter Steen Leidersdorff. CC BY-SA 3.0.

Im Rhythmus von Regenzeit und Trockenheit ziehen gewaltigen Herden großer Pflanzenfresser durch die afrikanischen Savannen. Nicht selten kommen in einer Region 25 verschiedene Arten vor. Wie können sie alle in so großer Zahl zusammenleben ohne sich gegenseitig Konkurrenz zu machen? Diese Frage versuchte ein Wissenschaftlerteam zu beantworten, indem es Kotproben der verschiedenen Tierarten daraufhin analysierte, welche Pflanzen die verschiedenen Tiere gefressen hatten. Wie sich herausstelle hat jede Art andere Vorlieben und geht damit einer Konkurrenz mit anderen Pflanzenfressern der Region aus dem Weg.

Die afrikanischen Savannen sind voller Herden von Zebras, Gnus, Elefanten, Antilopen und Giraffen. Manche von ihnen kommen in gewaltigen Herden von mehreren Tausend Tieren vor. Um eine friedliche Koexistenz dieser zahlreichen hungrigen Mäuler zu ermöglichen, bevorzugt jede Art andere Pflanzen als Futterquelle. Bisher wusste man von drei verschiedenen Gruppen von Pflanzenfressern: Die einen ernähren sich nur von Gras, die anderen nur von Blätter und die dritte Gruppe ist nicht wählerisch und frisst beides. Zebras und Gnus etwa ernähren sich im wesentlichen von Gras. Die kleinen Dikdiks und Giraffen dagegen halten sich an Blätter von Bäumen und Sträuchern. Elefanten sowie Impala-Antilopen dagegen sind weniger spezialisiert und lassen sich sowohl Gras als auch Blätter schmecken.

Für ihre Untersuchungen sammelten die Forscher den Kot verschiedener Pflanzenfresser. © M. Disdero. CC BY-SA 2.5

Für ihre Untersuchungen sammelten die Forscher den Kot verschiedener Pflanzenfresser. © M. Disdero. CC BY-SA 2.5

Weiter stellte man sich vor, dass sich die einzelnen Tierarten auf Pflanzen unterschiedlicher Wuchshöhe spezialisiert haben. Demnach sollten die Zebras etwa eher die längeren Gräser fressen und die Gnus die kürzeren. Die kleinen Dikdiks würden die niedrig wachsenden Blätter abkauen, während die Impalas sich an das mittlere und die Giraffen an höher gelegenes Blattwerk halten. Wenn man diese Aufteilung weit genug aufschlüsselte, so dachte man, könnte man erklären, wie all die vielen verschiedenen Pflanzenfresser in der Savanne satt werden können.

Dikdik. ©  Just chaos. CC BY 2.0.

Dikdik. © Just chaos. CC BY 2.0.

Bisher war es Wissenschaftlern jedoch kaum möglich genau herauszufinden, welche Pflanzen diese Tiere tatsächlich fressen. Denn in der freien Natur kommt man kaum nahe genug an sie ran, um sehen zu können, welche Pflanzen sie zu sich nehmen. Und selbst wenn man diese Pflanzen mit dem Fernglas gut genug erkennen könnte wäre es nicht möglich so schnell zu bestimmen, um welche Pflanzenart es sich handelt. Hinzu kommt noch, dass die Tierherden bei ihren jahreszeitlichen Wanderungen oft weite Strecken zurücklegen und manche von ihnen nachts oder unter Büschen äsen, wo man sie nur sehr schlecht oder gar nicht beobachten kann.

Afrikansicher Büffel. © Stefan Ehrbar. CC BY-SA 3.0.

Afrikansicher Büffel. © Stefan Ehrbar. CC BY-SA 3.0.

Um zu klären, wie sich die vielen verschiedenen Tierarten in der Savanne tatsächlich die Pflanzennahrung teilen kamen Rob Pringle von der Princeton University in den USA und sein internationales Forscherteam auf die Idee die Pflanzenreste im Kot der Tiere zu untersuchen. Dazu folgten sie Elefanten, Grevy- und Steppenzebras, domestizierten Rindern, Büffeln und Dikdiks im Mpala Research Centre in Kenya. Sobald die Tiere sich erleichtert hatten sammelten sie deren Kot ein und analysierten ihn im Labor auf die Pflanzenarten, die die Tiere zu sich genommen hatten. Dazu isolierten sie die DNA aus den 292 Kotproben und bestimmten mit Hilfe der Metabarcoding Technik um welche Pflanzen es sich handelte.

Grevyzebras bevorzugen andere Gräser...© Rainbirder. CC BY-SA 2.0.

Grevyzebras bevorzugen andere Gräser…© Rainbirder. CC BY-SA 2.0.

Dabei stellte sich heraus, dass die ursprüngliche Einteilung in Gras- und Blattfresser prinzipiell zwar richtig aber viel zu grob ist. Denn selbst nahe verwandte Arten haben eigen Vorlieben für unterschiedliche Nahrungspflanzen entwickelt. So kommt etwa in machen afrikanischen Savannen das Grevyzebra und das Steppenzebra nebeneinander vor. Eine Konkurrenz vermeiden sie jedoch, indem sie jeweils andere Pflanzen als Futter bevorzugen. Von 15 Pflanzenarten nahmen sie unterschiedliche Mengen zu sich. 14 davon waren Gräser. Eines davon ein Kraut. Das machte 33% der von ihnen gewählten 45 verschiedenen Pflanzenarten aus. Zur Überraschung der Forscher unterschied sich sogar der Speiseplan der Rinder von denen der Büffel. Ihre Vorlieben unterschieden sich in 35 Arten. Was 36% der von ihnen bevorzugten 76 Arten betraf.

Darüber, warum einzelne Tierarten bestimmte Pflanzen bevorzugen und andere verschmähen kann man bisher nur spekulieren. Vielleicht schmecken den Büffeln bestimmte Gräser einfach besser als andere. Oder Grevyzebras haben andere Darmbakterien als ihre nahen Verwandten, die Steppenzebras, die ihnen Helfen bestimmte Nährstoffe besser zu erschließen. Impalas könnten über Darmbakterien verfügen, die ihnen erlauben giftige Pflanzen zu fressen, deren Genuss anderen Tieren Bauchschmerzen bereitet.

...als Steppenzebras. © Rui Ornelas. CC BY 2.0

…als Steppenzebras. © Rui Ornelas. CC BY 2.0

Um zu verstehen, wie sich die einzelnen Tierarten das große Büffett der Savanne teilen muss man also genauer bestimmen, von welcher Pflanzenart sie sich tatsächlich ernähren. Durch diese artspezifischen Vorlieben stellt die Savanne ein riesiges, vielfältiges Nahrungsangebot dar, das für jede Art etwas passendes bereit hält.

Möglicherweise könnten die neuen Erkenntnisse sogar den Konflikt zwischen Bauern und Naturschutz entschärfen helfen, wenn sich bestätigen sollte, dass Rinder nicht in Konkurrenz zu anderen großen Pflanzenfressern stehen. Doch bevor man größere Rinderherden in den Schutzgebieten weiden lässt, sollten die Vor- und Nachteile einer solchen Erlaubnis genau analysiert werden.

von Ute Keck

 

Originalpublikation:

Kartzinel, Chen, Coverdale, Erickson, Kress, Kuzmina, Rubsenstein, Wang & Pringle. 2015. DNA metabarcoding illuminates dietary niche partitioning by African large herbivores. PNAS http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1503283112

 

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