Ẃie der Karieserreger seine Konkurrenten aussticht

Das Kariesbakterium Streptococcus mutans unter dem Fluoreszenzmikroskop. Alle Zellen, die Bakteriozin herstellen, sind blau gefärbt. In den hellgrünen Zellen ist außerdem die Fähigkeit, fremde DNA aufzunehmen, vorhanden. © HZI

Das Kariesbakterium Streptococcus mutans unter dem Fluoreszenzmikroskop. Alle Zellen, die Bakteriocin herstellen, sind blau gefärbt. In den hellgrünen Zellen ist außerdem die Fähigkeit, fremde DNA aufzunehmen, vorhanden. © HZI

Um sich an ihre ständig sich wandelnde Umgebung anzupassen und konkurrenzfähig zu bleiben, müssen Bakterien immer wieder neue Eigenschaften erwerben. Das erreichen sie nicht selten, indem sie fremde DNA aufnehmen und in ihr eigenes Genom einbauen. Wissenschaftler konnten nun zeigen, wie dieser Mechanismus beim Karieserreger Streptococcus mutans im Detail funktioniert.

Das Bakterium Streptococcus mutans, der Haupterreger der Karies, lebt in unserem Zahnbelag. Diesen Lebensraum muss er sich mit anderen Keimen teilen, mit denen er konkurrieren muss. Nur wenn er sich ständig weiterentwickelt und neue Eigenschaften annimmt, kann er in diesem Kampf bestehen. Dafür integriert das Bakterium DNA, die es in seiner Umgebung vorfindet in sein eigenes Genom. Die Fähigkeit dazu nennt man genetische Kompetenz. Die Kompetenz wird durch Quorum Sensing eingeleitet. Das heißt, die Gene, die es Streptococcus mutans, erlauben, fremde DNA aufzunehmen werden erst aktiviert, wenn die Bakterienzahl auf den Zahnbelägen eine bestimmte kritische Dichte überschritten hat. Wann dies der Fall ist ermitteln die Bakterien durch das Ausscheiden von bestimmten Signalmolekülen. Ist ein bestimmter Schwellenwert in der Konzentration dieses Signalmoleküls überschritten, so verändern sie ihr Verhalten. Die Aktivität der Kompetenzgene wird also durch Zell-Zell-Kommunikation gesteuert. Die Forscher vom Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung konnten nun entschlüsseln, wie genau die dafür entscheidenden Signale miteinander interagieren.

Schema des Quorum sensings, links: Konzentration an Autoinduktormolekülen (blau) gering, rechts: Konzentration an Autoinduktormolekülen hoch, bakterielles Produkt (rot) wird synthetisiert © Y_tambe. CC BY-SA 3.0

Schema des Quorum sensings,
links: Konzentration an Autoinduktormolekülen (blau) gering,
rechts: Konzentration an Autoinduktormolekülen hoch, bakterielles Produkt (rot) wird synthetisiert © Y_tambe. CC BY-SA 3.0

Darüber fanden die Forscher heraus, dass noch ein weiterer Mechanismus sehr eng mit der Kompetenz gekoppelt ist: die Synthese von Peptidantibiotika, sogenannten Bakteriocinen. Mit ihnen kann Streptococcus mutans seine Konkurrenten, wie etwa andere Streptokokkenstämme töten. Dabei wird die Bildung der Bakteriocine über das selbe Gen reguliert, das auch die Fähigkeit zur Kompetenz kontrolliert. Damit sind die beiden Prozesse, der Aufnahme fremder DNA in das eigene Genom und das Abtöten anderer Baterienarten oder -stämme wesentlich enger miteinander gekoppelt, als bisher angenommen.

Aufgrund dieser engen Verzahnung zwischen diesen beiden Quorum Sensing Systemen vermuten die Forscher, dass Streptococcus mutans andere Bakterien nicht nur deshalb tötet, um seine Konkurrenten auszuschalten, sondern darüber hinaus auch um die dabei freigesetzte Erbsubstanz zu nutzen und sie in sein eigenes Gen-Repertoire einzubauen. Dieser raffinierte Mechanismus sichert dem Keim das Überleben in dem harten Konkurrenzkampf auf unseren Zahnbelägen und erklärt, warum er so weit verbreitet ist.

Langfristig könnten die Erkenntnisse auch neue Ansatzpunkte für die Bekämpfung des Erregers liefern.

Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung, 10.07.2015

 

Originalpublikation:

Reck M, Tomasch J, Wagner-Döbler I (2015) The Alternative Sigma Factor SigX Controls Bacteriocin Synthesis and Competence, the Two Quorum Sensing Regulated Traits in Streptococcus mutans. PLoS Genet 11(7): e1005353. DOI:10.1371/journal.pgen.1005353.

Kommentare sind geschlossen.