Zusammenspiel zweier Hormone steuert Pflanzenwachstum

Wuchsdefekte der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), die durch fehlende Steroidhormonwirkung ausgelöst werden (linke Seite), konnten durch Wiederherstellen der Gibberellinproduktion behoben werden (recht Seite). © Brigitte Poppenberger / TUM

Wuchsdefekte der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), die durch fehlende Steroidhormonwirkung ausgelöst werden (linke Seite), konnten durch Wiederherstellen der Gibberellinproduktion behoben werden (recht Seite). © Brigitte Poppenberger / TUM

Bei Kulturpflanzen kennt man zwei wachstumsfördernde Hormone, die unabhängig voneinander eingesetzt werden: Die Phytohormone Gibberelline und Brassinosteroide. Nun haben Wissenschaftler entdeckt, dass die beiden Hormone im Zusammenspiel wirken – ohne Brassinosteroide stellen Pflanzen keine Gibberelline her.

Um die Wirkung von Brassinosteroiden zu entschlüsseln hat eine deutsche Forschungsgruppe um Brigitte Poppenberger an der Technischen Universität München die Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) untersucht. Bisher war zwar bekannt, wie Brassinosteroide in Pflanzen gebildet werden und wie sie ihre Signale übermittelt. Doch wie sie das Wachstum fördern war bisher unklar.

Was passiert, wenn Brassinosteroide defekt sind?

Für ihre Experimente setzten die Wissenschaftler genetisch veränderte Pflanzen ein, deren Brassinosteroide defekt waren. Wie die Forscher feststellten bildeten diese Pflanzen weniger Gibberelline. Mit der Folge, dass ihre Keimfähigkeit reduziert, das Wachstum gehemmt und die Blüte verzögert war. Folglich sind die Brassinosteroide für die Produktion der Gibberelline notwendig. Vermittelt wird dieser Effekt durch Transkriptionsfaktoren, Proteine, die die Aktivität von Genen regulieren. Die Brassinosteroide aktivieren diese Transktiptionfaktoren, die ihrerseits die Gibberellinherstellung ankurbeln. Das führt dazu, dass sich die Pflanzenzellen strecken und teilen.

Zwergwüchsige Pflanzen, wie etwa Balkonsorten der üblichen Gemüsearten wie Tomaten oder Gurken, aber auch Getreidesorten hat man gezielt auf Schäden im Brassinosteroid-Stoffwechsel selektiert. Aufgrund der neu gewonnene Erkenntnisse wird nun klar, dass die Wuchsminderung dieser Sorten durch die eingeschränkte Bildung der Gibberelline hervorgerufen wird. Bei Gerste führt dies etwa zu kürzeren Halmen mit besserer Standfestigkeit und höheren Erträgen.

Diese kleinwüchsigen Sorten nennt man Halbzwergsorten. Sie wurden bereits in den 50er- und 60er-Jahren gezüchtet um die Erträge zu steigern. Der Nobelpreisträger Norman Borlaug, auch bekannt als Vater der grünen Revolution in den Entwicklungsländern, züchtete Weizen und Reis mit kürzeren Halmen. Aufgrund seines kurzen und kompakten Halms kann beispielsweise dieser Wiezen die schwere Ähre tragen, ohne abzuknicken. Verbunden mit intensivierter Landwirtschaft konnten die Erträge so um das Fünffache gesteigert werden, was viele Hungersnöte in Mexiko und später auch China verhindern half.

Brassinosteroide – Schlüssel zum Pflanzenwachstum

Während die Manipulation von Gibberellinen im Gartenbau schon seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt wird, um größere Früchte oder kernloses Früchte, wie Trauben oder Mandarinen zu züchten, wird die Veränderung von Brassinosteroiden bisher im Gartenbau kaum angewandt. Das war bisher zu kostspielig. Nur in der Pflanzenzüchtung nutzte man die Brassinosteroiddefekte wie bei der Gerste beschrieben. Die gewonnenen Erkenntnissen eröffnen nun neue Möglichkeiten bei weiteren Nutzpflanzen ertragreichere Sorten zu züchten.

Technische Universität München, 17.08.2015

 

Originalpublikation:
Unterholzner, S.J., Rozhon, W., Papacek, M., Ciomas, J., Lange, T., Kugler, K.G., Mayer, K.F., Sieberer, T. and Poppenberger, B. (2015). Brassinosteroids are master regulators of gibberellin biosynthesis in Arabidopsis.
DOI: 10.1105/tpc.15.00433

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