Virenabwehr: Komplexer Mechanismus aktiviert Killerzellen

Lymphozyt. © public domain.

Lymphozyt. © public domain.

Wissenschaftler haben einen komplexen Mechanismus entschlüsselt, über den unser Immunsystem bei einer Vireninfektion seine Killerzellen aktiviert. Die Studie könnte in Zukunft den Weg zu besseren Impfstoffen weisen.

In unserem Immunsystem geht es zu wie bei einem Agententhriller. Die Rolle des James Bond über nehmen dabei die so genannten T-Killerzellen: Sie haben die Lizenz zum Töten. Wenn sie etwa auf eine von Viren befallene Zelle stoßen, durchlöchern sie deren Zellmembran, bis sie platzt und abstirbt. So verhindern sie, dass sich das Virus weiter ausbreitet.

Dendritische Zelle. © Judith Behnsen, Priyanka Narang, Mike Hasenberg, Frank Gunzer, Ursula Bilitewski, Nina Klippel, Manfred Rohde, Matthias Brock, Axel A. Brakhage, Matthias Gunzer. CC BY 2.5.

Dendritische Zelle. © Judith Behnsen, Priyanka Narang, Mike Hasenberg, Frank Gunzer, Ursula Bilitewski, Nina Klippel, Manfred Rohde, Matthias Brock, Axel A. Brakhage, Matthias Gunzer. CC BY 2.5.

Damit bei diesem Kampf keine Unschuldigen zu Schaden kommen werden die Killerzellen vor ihrem Einsatz sorgfältig gebrieft – ähnlich wie 007 von seiner Vorgesetzten M. Das Briefing übernehmen die dendritischen Zellen des Immunsystems: Sie sammeln Indizien für eine Infektion und halten diese den Killerzellen wie eine Art Fahndungsfoto unter die Nase.

Wo M und 007 sind, kann auch Q nicht weit sein – der Chefingenieur im Dienste der Agency, der Bond stets mit den raffiniertesten Waffen ausstattet. Die Rolle von Q übernehmen in der körpereigenen Abwehr die so genannten T-Helferzellen. Sie kurbeln beispielsweise die Vermehrung der T-Killerzellen an und helfen ihrem Gedächtnis auf die Sprünge. So kann sich 007 bei einer erneuten Infektion mit demselben Virus daran erinnern, dass er es mit diesem Feind schon einmal zu tun hatte.

Konspiratives Treffen im Lymphknoten

Die Akteure des Immunsystems und ihre jeweiligen Rollen sind schon seit längerem bekannt. Unklar war jedoch bisher, um welche Sorte dendritischer Zellen es sich bei M handelt. Außerdem wusste man nicht, wie es M, Q und 007 es überhaupt gelingt, sich zu treffen. Man vermutete zwar, dass dieses Treffen im Lymphknoten stattfindet. Doch ein Lymphknoten ist groß – daher es ist extrem unwahrscheinlich, dass sich die drei Akteure per Zufall finden.

Die Immunologen der Universität Bonn konnten diese Frage nun beantworten. Demnach werden die T-Killer- und die T-Helferzellen nach einer Infektion zunächst getrennt voneinander in Alarmbereitschaft versetzt. Bei diesem Vorgang werden sie mit einer Art GPS-Empfänger ausgestattet. „Dieser Empfänger lotst die beiden dann zu einer so genannten XCR1-Zelle“, erklärt der Immunologe Wolfgang Kastenmüller von der Universität Bonn. „Das ist eine dendritische Zelle mit besonderen Eigenschaften. An ihr können sowohl die T-Helferzellen als auch die T-Killerzellen andocken.“

Die Wissenschaftler konnten diese Vorgänge mit einem so genannten Intravital-Mikroskop sichtbar machen. Damit lassen sich zelluläre Vorgänge an lebenden Tieren beobachten – also unter Echtbedingungen. Die Ergebnisse könnten auch für die Entwicklung neuer Impfstoffe von Interesse sein. Denn Killerzellen werden am besten durch lebende Viren oder Bakterien aktiviert. Eine Lebendimpfung birgt jedoch gerade bei gefährlichen Erregern unwägbare Risiken. Besser wäre es, Killerzellen durch ungefährliche Bruchstücke von Krankheitserregern zu aktivieren. „Unsere Erkenntnisse könnten langfristig dazu beitragen, diese Idee Wirklichkeit werden zu lassen“, sagt Kastenmüller.

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 19.08.2015

 

Originalpublikation:

Publikation: S. Eickhoff, A. Göbel, M. Y. Gerner, F. Klauschen, K. Komander, H. Hemmi, N. Garbi, T. Kaisho, R. N. Germain und W. Kastenmüller: Robust Anti-viral Immunity Requires Multiple Distinct T Cell-Dendritic Cell Interactions; Cell; DOI: 10.1016/j.cell.2015.08.004

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