Ohne den Menschen wäre die ganze Erde so artenreich, wie die Serengeti

Der Europäische Waldelefant (Elephas antiquus) ist eines der großen Säugetiere, die vermutlich noch heute in Nordeuropa vorkommen würden, wenn der Mensch ihn nicht ausgerottet hätte. Heute sind die Tier ausgestorben. Das Bild stellt eine Rekonstruktion dar. © PePeEfe. CC BY-SA 3.0.

Der Europäische Waldelefant (Elephas antiquus) ist eines der großen Säugetiere, die vermutlich noch heute in Nordeuropa vorkommen würden, wenn der Mensch ihn nicht ausgerottet hätte. Heute sind die Tier ausgestorben. Das Bild stellt eine Rekonstruktion dar. © PePeEfe. CC BY-SA 3.0.

Afrika zeichnet sich durch eine erstaunliche Artenvielfalt großer Säugetiere aus. Doch der Grund hierfür liegt nicht etwa an einem besonders günstigen Klima oder anderen Umweltbedingungen, die diesen Kontinent zu etwas besonderem machen. Vielmehr ist die ehemals reiche Tierwelt auf den anderen Kontinenten unserer Erde aufgrund der Aktivitäten des modernen Menschen (Homo sapiens) verloren gegangen. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher, die eine Weltkarte entwickelt haben, auf der sie zeigen, wie die Verbreitung von Säugetieren heute aussehen würde, wenn der Mensch nie existiert hätte.

In einer Welt ohne den Menschen gäbe es heute in Nordeuropa vermutlich nicht nur Wölfe, Elche und Bären, sondern auch Europäische Waldelefanten, Waldnashörner, Wisente, Trapane (westeurasische Wildpferde) und Auerochsen.

Zu diesem Schluss kommt ein Forscherteam der Universität Asrhus in Dänemark. Wie das Team in einer vorangegangenen Studie zeigte, kann das Massenaussterben großer Säugetiere während der letzten Eiszeit und den darauf folgenden Jahrtausenden (Qartäre Aussterbewelle) durch die Ausbreitung des modernen Menschen erklärt werden. Nun untersuchte das Team, wie die weltweite Verbreitung von Säugetieren heute ohne den Einfluss des Menschen aussehen würde. Dazu schätzten sie die mögliche Verbreitung jeder Tierart anhand ihrer Ansprüche an ihren Lebensraum und ihrer natürlichen Verbreitung ab. Damit legen sie die erste Karte vor, die angibt, wie Säugetiere auf der Erde verbreitet wären, wenn der Mensch keinen Einfluss genommen hätte.

Mammute wurden vermutlich durch den Menschen ausgerottet. Das Bild zeigt eine späteiszeitliche Landschaft Nordspaniens mit Mammuten (Mammuthus primigenius), Pferden, Wollnashörner (Coelodonta antiquitatis) und Höhlenlöwen (Panthera leo spelaea) mit einem Rentierkadaver. © Mauricio Antón. CC BY 2.5.

Mammute wurden vermutlich durch den Menschen ausgerottet. Das Bild zeigt eine späteiszeitliche Landschaft Nordspaniens mit Mammuten (Mammuthus primigenius), Pferden, Wollnashörner (Coelodonta antiquitatis) und Höhlenlöwen (Panthera leo spelaea) mit einem Rentierkadaver. © Mauricio Antón. CC BY 2.5.

„Nordeuropa ist bei weitem nicht das einzige Gebiet, in dem die Menschen die Vielfalt der Tiere vermindert haben – das ist ein weltweites Phänomen. Und in den meisten Regionen ist die Artenvielfalt der Säugetiere stark reduziert im Vergleich zu dem, was man natürlicherweise vorfinden würde.“ erklärt Jens-Christian Svenning von der Universität Aarhus.

Afrika als letztes Rückzugsgebiet

Wie die Weltkarte zur Verbreitung von Säugetieren erkennen lässt ist Afrika offenbar die einzige Region, in der es heute noch eine Vielzahl verschiedener großer Säugetiere gibt. Dagegen weist die von den Forschern erstellte Weltkarte zur natürlichen Verbreitung großer Säugetiere in den meisten Gebieten der Welt eine höhere Vielfalt auf, als wir sie heute vorfinden. Das ist insbesondere in Nord- und Südamerika der Fall, wo heute kaum noch große Säugetiere vorkommen.

„Heute finden die meisten Safaries in Afrika statt. Aber unter natürlichen Bedingungen gäbe es in andere Regionen genauso viele oder gar noch mehr große Tiere. Etwa in Gebieten der Neuen Welt, wie in Texas und den benachbarten Regionen und in einer Region rund um Nordargentinien und Südbrasilien. Der Grund dafür, dass viele Safaries in Afrika stattfinden liegt nicht darin, dass dieser Kontinent so ungewöhnlich reich an Säugetierarten wäre. Vielmehr geht diese Tatsache darauf zurück, dass dies eines der wenigen Gebiete ist, wo die Aktivitäten des Menschen noch nicht zum Aussterben der meisten großen Säugetiere geführt haben.“ sagt Søren Faurby, der Erstautor der Studie.

Afrika ist also nicht deshalb so artenreich, weil sein Klima so besonders günstig ist und die Umweltbedingungen optimal sind, sondern weil einzig hier der Mensch die Tiere noch nicht ausgerottet hat. Das liegt zum einen daran, dass sich die großen Säugetiere hier evolutionär an den Menschen angepasst haben und zum anderen unterlagen die menschlichen Populationen im früheren Afrika einem größeren Druck durch Krankheiten.

Über ein besseres Verständnis zu einem erfolgreicheren Artenschutz

Die Forscher wollen mit ihren Forschungsergebnissen zu einem besseren Verständnis der Faktoren beitragen, die die Artenvielfalt in einer bestimmten Region beeinflussen und hoffen, dass so ein besserer Artenschutz möglich wird.

Heute gibt es etwa besonders viele Säugetierarten in Gebirgsregionen. Das hat man bisher auf die dort herrschenden unterschiedlichen Lebensräume zurückgeführt. So glaubte man verschiedene Arten hätten sich an ein Leben im Tal oder auf den Berggipfeln angepasst. Laut der Studienergebnisse des Forscherteams sind diese Faktoren jedoch viel schwächer ausgeprägt, wenn man die natürliche Verbreitung der Tiere berücksichtigt.

„Die heute beobachtete Artenvielfalt in Gebirgsregionen kommt unter anderem dadurch zustande, dass die Gebirge für viele Tiere als Rückzugsgebiete vor Jägern und Umweltzerstörung dienen. Es handelt sich nicht nur um rein natürliche Verbeitungsgebiete. Ein Beispiel für Europa ist der Braubär. Er kommt heute fast nur noch in Gebirgsregionen vor, weil er in den zugänglicheren und meist auch dichter besiedelten Gebieten im Flachland ausgerottet wurde.“ erklärt Søren Faurby.

University of Aarhus, Dänemark, 10.08.2015

 

Originalpublikation:

S. Faurby and J.-C. Svenning. Historic and prehistoric human-driven extinctions have reshaped global mammal diversity patterns. Diversity and Distribution. 20 AUG 2015 DOI: 10.1111/ddi.12369

Sandom C, Faurby S, Sandel B, Svenning JC. Global late Quaternary megafauna extinctions linked to humans, not climate change. Proc Biol Sci. 2014 Jul 22;281(1787). pii: 20133254. doi: 10.1098/rspb.2013.3254.

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