Zitronensäure könnte gegen Noroviren helfen

©. André Karwath. CC BY-SA 2.5.

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Noroviren sind weit verbreitete Erreger von Darmgrippen. Die hoch infektiösen Viren können sich vor allem dort gut ausbreiten, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, wie in Schulen, Krankenhäusern, Altersheimen und auf Kreuzfahrtschiffen. Dort können sie sich rasant ausbreiten, denn für eine Infektion reichen bereits 10 bis 100 Viruspartikel aus. Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass Zitronensäure an die Viren binden und sie möglicherweise daran hindern kann, menschliche Zellen zu infizieren. Zitronensaft könnte daher ein sicheres, gesundheitlich unbedenkliches Desinfektionsmittel gegen die verbreiteten Erreger darstellen.

Noroviren werden „fäkal-oral“ übertragen, das heißt über mit Kot und Erbrochenem verunreinigte Hände, Luft oder Lebensmittel. „Daher ist es wichtig, ein sicheres und gesundheitlich unbedenkliches Desinfektionsmittel zur Verfügung zu haben“, erklärt Grant Hansman vom Deutschen Krebsforschungszentrum.

Wie den Forschern bereits bekannt war können Fruchtextrakte, wie Orangen- Granatapfel- oder Cranberrysaft die Infektionsfähigkeit von Noroviren herabsetzen. Bei Forschungsarbeiten in den USA hatte Grant Hansman bereits durch Zufall herausgefunden, dass Citrat, das Salz der Zitronensäure, an die Kapsidproteine von Noroviren binden kann.

Weil sich menschliche Noroviren nicht in Zellkultur oder in Tieren vermehren lassen, verwendeten die Forscher für ihre Versuche keine intakten Erreger, sondern so genannte „virus-like particles“. Diese leeren Virus-Proteinkapseln haben die gleichen Oberflächeneigenschaften wie echte Viren.

Noroviren binden an die menschlichen Blutgruppen-Antigene um die Körperzellen zu infizieren. Diese Bindung erfolgt beispielsweise über das Zuckermolekül Fucose, das sich auf dem Blutgruppen-Antigen befindet. Hierbei kommt nun das Citrat ins Spiel: Zusammen mit einem Wassermolekül bildet es eine ringartige Struktur, die der Ringstruktur der Fucose ähnelt. In Gegenwart von Zitronensaft oder citrathaltigen Desinfektionsmitteln wird also die Bindungsstelle der Virenproteine durch Citrat blockiert, so dass sie die menschlichen Zellen nicht mehr infizieren können. Gleichzeitig verändern die Virenproteine durch die Bindung von Citrat ihre räumliche Struktur, so dass sie für Antikörper leichter zugänglich sind.

Die Ergebnisse erklären, warum Citrat die Infektionsfähigkeit von Noroviren reduziert. Demnach könnte Zitronen- oder Limettensaft, der etwa ∼300 mM Zitronensäure enthält bereits eine Norovireninfektion abschwächen oder gar verhindern. „Vielleicht sind ja die paar Tropfen Zitronensaft, die man üblicherweise auf eine Auster träufelt, eine guter Infektionsschutz“, spekuliert Grant Hansman. Der Virologe schätzt, dass die Citratmenge im Saft einer Zitrone ausreichen könnte, um beispielsweise die Hände zu desinfizieren. Als nächstes wollen die Forscher untersuchen, ob Zitronensäure auch bei einer bereits ausgebrochenen Norovireninfektion die Symptome lindern kann. Um abzuklären, wie Zitronensäure sich auf eine Norovireninfektion beim Menschen auswirkt müssen jedoch noch einige weitere Studien durchgeführt werden.

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), 25.08.2015

 

Originalpublikation:

Anna D. Koromyslova, Peter White, and Grant S. Hansman: Citrate alters norovirus particle morphology. Virology 2015, DOI: 10.1016/j.virol.2015.07.009

Hansman GS, Shahzad-Ul-Hussan S, McLellan JS, Chuang GY, Georgiev I, Shimoike T, Katayama K, Bewley CA, Kwong PD. Structural basis for norovirus inhibition and fucose mimicry by citrate. J Virol. 2012 Jan;86(1):284-92. doi: 10.1128/JVI.05909-11

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