Mögliches neues Therapiekonzept gegen Bauchspeicheldrüsen- und Lungenkrebs

Bauchspeicheldrüse und die angrenzenden Organe. © BruceBlaus. CC BY-SA 3.0.

Bauchspeicheldrüse und die angrenzenden Organe. © BruceBlaus. CC BY-SA 3.0.

Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine der aggressivsten und am schwierigsten zu behandelnden Tumorarten. Vor allem fortgeschrittene Tumoren erweisen sich oft als therapieresistent. Forscher haben nun einen neuen Therapieansatz erprobt, der vor allem epigenetische Mechanismen berücksichtigt. Er wirkt im Tierexperiment sowohl gegen Pankreas- als auch gegen Lungenkarzinome.

Der Bauchspeicheldrüsenkrebs, auch Pankreaskarzinom genannt, ist ein hochaggressiver Tumor gegen den es bisher kaum erfolgreiche Therapieansätze gibt. Ein Grund hierfür ist unter anderem, dass diese Tumoren oft ausgesprochen resistent gegenüber jeglicher Chemo- und Strahlentherapie sind. Nach neuesten Erkenntnissen spielen dabei nicht nur genetische Veränderungen in den bekannten Krebsgenen RAS und MYC eine Rolle. Sondern auch epigenetische Faktoren beeinflussen zahlreiche Tumoreigenschaften in Pankreaskarzinomen. Diese Faktoren modifizieren die DNA und beeinflussen die Aktivität von Genen, ohne dabei die DNA-Sequenz zu verändern.

Epigenetische Mechanismen spielen eine wichtige Rolle

Ein internationales Forscherteam untersuchte ein Protein namens BRD4 im Kontext von Pankreaskarzinomen. Es reguliert den sogenannten Histon-Code von Zellen, der festlegt, welche Bereiche der DNA abgelesen werden. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob BRD4 im Pankreaskarzinom eine Zielstruktur für Therapien darstellt.

Die Forscher konnten zunächst zeigen, dass BRD4 im Pankreaskarzinom hochreguliert wird. Anschließend testete das Team, ob ein gegen BRD4 gerichteter Wirkstoff namens JQ1 das Wachstum von Pankreaskarzinomen hemmen kann. Um diese Frage zu testen untersuchten sie die Wirkung des potentiellen Therapeutikums JQ1 sowohl in Zellkultur als auch in verschiedenen Tiermodellen. Hierzu analysierten sie Tumoren nicht-invasiv mit bildgebenden Verfahren. Obwohl die Therapie mit JQ1 das Wachstum der Tumoren verringerte, lebten die behandelten Tiere nicht deutlich länger.

Kombinationstherapie zeigt Wirkung

In einem zweiten Schritt untersuchten die Wissenschaftler, ob sich die gegen BRD4 gerichtete Therapie möglicherweise mit einer Chemo- oder einer anderen Therapie effektiver kombinieren lässt. Um herauszufinden, welche Therapie in Kombination mit JQ1 am besten wirkt setzten die Forscher „drug screens“ ein. Zur Überraschung der Forscher bewirkte eine Kombination von JQ1 mit einem weiteren epigenetischen Therapieprinzip – der Verhinderung der Histondeacetylierung durch sogenannte HDAC-Inhibitoren – dass sich die Tumorzellen vermehrt durch den programmierten Zelltod selbst entsorgten. Kombinierten die Forscher beide Substanzklassen miteinander, so verbesserte sich die Wirksamkeit und die behandelten Tiere überlebten deutlich länger.

Da das Pankreaskarzinom fast immer durch eine Mutation im RAS-Gen verursacht wird, gegen die bisher keine zielgerichtete Therapie vorliegt, fragte sich das Team, ob diese Therapiekombination auch bei anderen durch das RAS-Gen hervorgerufenen Tumorarten wirkt. Zur Freude der Forscher zeigte ihre Kombinationstherapie auch eine Wirkung gegen RAS-bedingte Lungenkarzinome.

Weitere Schritte: Höhere Genauigkeit und geringere Nebenwirkungen

„Es ist zu hoffen, dass diese Ergebnisse dazu beitragen, dieses Therapieprinzip nun schnellstmöglich in klinischen Studien weiter zu evaluieren“, sagt Jens Siveke, der zahlreiche Patienten in onkologischen Studien betreut. „Leider haben wir bisher kaum effektive Mittel gegen fortgeschrittene Stadien der Erkrankung. Im Sinne unserer Patienten ist daher eine schnelle Umsetzung in klinische Studien und ein besseres Verständnis der Wirkmechanismen für noch zielgenauere Therapien unsere zentrale Aufgabe“, so der Mediziner.

Die Wissenschaftler wollen als nächstes die Substanzen daraufhin optimieren, dass sie die Proteine spezifischer hemmen und so die Nebenwirkungen verringern. Darüber hinaus wollen sie mit Hilfe von Biomarkern diejenigen Patienten besser identifizieren, die von einer derartigen Therapie profitieren können.

Technische Universität München, 22.09.2015

Originalpublikation:
Mazur PK*, Herner A*, Mello SS, Wirth M, Hausmann S, Sanchez-Rivera FJ, Lofgren SM, Kuschma T, Hahn SA, Vangala D, Trajkovic-Arsic M, Gupta A, Heid I, Noel PB, Braren R, Erkan M, Kleeff J, Sipos B, Sayles LC, Heikenwalder M, Hessmann E, Ellenrieder V, Esposito I, Jacks T, Bradner JE, Khatri P, Sweet-Cordero EA, Attardi LD, Schmid RM, Schneider G, Sage J, Siveke JT, Combined inhibition of BET family proteins and histone deacetylases as a potential epigenetics-based therapy for pancreatic ductal adenocarcinoma, Nature Medicine, 2015. DOI:10.1038/nm.3952

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