Der Sonnenschutz der Urbakterien

Sonnenschutz für eisenoxidierende Bakterien: Diese winzig kleinen Organismen bauen ihren eigenen Son-nenschirm durch die Bildung von Eisenmineralen bzw. Rost um die Zellen herum und können sich dadurch vor schädlicher UV-Strahlung schützen. © Kappler/Gauger/Universität Tübingen

Sonnenschutz für eisenoxidierende Bakterien: Diese winzig kleinen Organismen bauen ihren eigenen Sonnenschirm durch die Bildung von Eisenmineralen bzw. Rost um die Zellen herum und können sich dadurch vor schädlicher UV-Strahlung schützen. © Kappler/Gauger/Universität Tübingen

Vor drei bis vier Milliarden Jahren verfügte die Erdatmosphäre noch nicht über eine schützende Ozonschicht. Dennoch entwickelte sich zu dieser Zeit das Leben auf der Erde. Doch wie gelang es den Organismen sich vor der schädlichen UV-Strahlung zu schützen? Diese Frage stellte sich ein Forscherteam und kam zu dem Schluss: Sie nutzten Eisenminerale, die als Abfallprodukte ihrer Fotosynthese anfielen, um die zerstörerische Strahlung abzuschirmen.

Unsere Erdatmosphäre enthält heute etwa 20 Prozent Sauerstoff. Er stellt nicht nur die Lebensgrundlage vieler Organismen dar, sondern bildet auch die Grundlage für den Sonnenschutz der Erde. Denn in der Atmosphäre bildet sich unter Einwirkung der energiereichen Sonnenstrahlen aus den Sauerstoffmolekülen Ozon. Die Ozonschicht der Stratosphäre absorbiert die aus dem All eintreffende schädliche UV-Strahlung und schützt so alle Lebewesen auf der Erde vor Strahlenschäden. Vor drei bis vier Milliarden Jahren, als sich das Leben auf der Erde zu entwickeln begann, enthielt die Erdatmosphäre jedoch noch fast keinen Sauerstoff und es gab folglich auch noch keine Ozonschicht. Deshalb war damals die gesamte Erdoberfläche starker UV-Strahlung ausgesetzt. Das gilt auch für die Flachwassergebiete der Urozeane, wo das Leben entstand.  „Trotzdem entstand mikrobielles Leben, wir haben uns gefragt, wie das möglich war.“ erklärt Andreas Kappler von der Universität Tübingen.

Bestimmte Bakterien nehmen gelöstes Eisen (Fe2+) auf und betreiben mithilfe der Energie des Sonnenlichts Fotosynthese. Anders als bei heutigen Grünpflanzen bilden sie dabei keinen Sauerstoff. Statt dessen fallen bei ihnen Eisenminerale und Rost als Abfallprodukte der Fotosynthese an, die sie in ihre Umgebung freisetzen. Diese Eisenminerale haben besondere Eigenschaften: Sie absorbieren UV-Licht, ohne dabei den für die Fotosynthese benötigten Anteil des Sonnenlichts zu beeinträchtigen, so dass dieser weiterhin von den Organismen genutzt werden kann. Die sauerstofffreien Urozeane enthielten wesentlich größere Mengen an Eisen, als dies heute der Fall ist. Forscher fanden viele Belege dafür, dass in diesen Urozeanen Fotosynthese treibende Bakterien lebten und Eisen oxidierten. Dafür sprechen etwa die riesigen eisenhaltigen Gesteinsformationen, die sogenannten Bändererze, die bis heute aus dieser Zeit erhalten geblieben sind. Sie stellen die größten Eisenvorräte der Welt dar.

In ihren Experimenten setzten die Geomikrobiologen die Bakterien in Gegenwart oder Abwesenheit von Eisenmineralen, die von den Bakterien selbst gebildet wurden, einer schädlichen Dosis UV-Licht aus. „In Gegenwart von selbst gebildetem Rost überlebten deutlich mehr Bakterien und waren aktiv“, sagt Tina Gauger. „Außerdem wurde die DNA der Bakterienzellen weniger geschädigt. Im Experiment überlebten mehr Bakterien mit Mineralen als Sonnenschutz als ohne.“ Die neuen Ergebnisse helfen den Wissenschaftlern zu verstehen, wie sich Leben in flachen Gewässern mit genügend Sonnenlicht entwickeln und die Organismen auf Dauer überleben konnten.

Universität Tübingen, 26.10.2015
Originalpublikation:

Gauger, T., Konhauser, K.O. & Kappler, A. (2015). Protection of phototrophic iron(II)-oxidizing bacteria from UV radiation by biogenic iron(III) minerals: Implications for early Archean banded iron formation. Geology, Online-Veröffentlichung 23. Oktober 2015, DOI 10.1130/G37095.1.

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