Riesenaffe starb wegen mangelnder Flexibilität aus

Modell eines Gigantopithecus blacki im San Diego Museum of Man. © gemeinfrei.

Modell eines Gigantopithecus blacki im San Diego Museum of Man. © gemeinfrei.

Vor 100.000 Jahren streifte ein gigantischer Menschenaffe durch die Wälder Asiens: Gigantopithecus genannt. Er soll zwischen 1,80 und drei Metern groß gewesen sein. Forscher sind nun der Frage nachgegangen, wovon sich dieser Gigant ernährt hat und warum er ausgestorben ist. Ergebnis: Dem vermutlich größten Affen der Erdgeschichte wurde möglicherweise seine mangelnde Anpassungsfähigkeit zum Verhängnis. Denn wie eine Analyse fossilen Zahnschmelzes ergab, war der Primaten auf einen bewaldeten Lebensraum angewiesen und konnte sich nicht an die klimatischen Veränderungen seiner Zeit anpassen, wie die Senckenberg Gesellschaft berichtet.

Geschätzte Größe von Giganthopithecus im Vergleich zu einem Menschen. © H. Bocherens

Geschätzte Größe von Giganthopithecus im
Vergleich zu einem Menschen. © H. Bocherens

Der Riesenaffe Gigantopithecus war groß. Das ist unumstritten. Doch darüber hinaus sind noch viele Fragen über den ausgestorbenen Vorfahren des Orang-Utan offen. So schwanken etwa die Berechnungen zu seiner Größe zwischen 1,80 und drei Metern und zu seinem Gewicht zwischen 200 und 500 Kilogramm. Auch wovon sich der Riese ernährte wird unter Forschern nach wie vor heiß diskutiert: Manche gehen davon aus, der Gigant sei Vegetarier gewesen. Anfangs vermutete man sogar er habe sich ausschließlich an Bambus gehalten, da man seine Überreste in der Nachbarschaft fossiler Pandabären fand. Andere halten den Primaten für einen Fleischfresser.  „Leider gibt es von Gigantopithecus nur wenige Fossilfunde – es sind nur einige große Zähne und wenige Unterkieferknochen bekannt. Das macht es schwierig Rückschlüsse zu ziehen“, erklärt Hervé Bocherens vom Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment (HEP) an der Universität Tübingen und fährt fort: „Wir konnten nun aber etwas Licht in das Dunkel der Geschichte dieses Primaten bringen.“

Backenzahn (Typusexemplar) von Giganthopithecus blacki in der Hand von Prof. Dr. Friedemann Schrenk. © Senckenberg

Backenzahn (Typusexemplar) von Giganthopithecus
blacki in der Hand von Prof. Dr. Friedemann Schrenk.
© Senckenberg

Um herauszufinden wovon sich Gigantopithecus tatsächlich ernährt hat  untersuchte das internationale Forscherteam den Zahnschmelz des fossilen Riesenaffen. Dazu bestimmten sie stabile Kohlenstoffisotope des Zahnschmelzes. Diese Methode erlaubt selbst nach mehreren Millionen Jahren noch Rückschlüsse über die Nahrungsgewohnheiten seiner Besitzer. Die untersuchten Zähne stammen aus China und Thailand. Darunter befanden sich auch die ersten von Gigantopithecus entdeckten Zähne: Sie wurden im Jahr 1935 von dem Paläoanthropologe Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald in einer Sammlung von Fossilien einer chinesischen Apotheke entdeckt.

„Um die Evolutionsgeschichte von Primaten nachvollziehen zu können, ist es wichtig, einen Blick auf deren Speiseplan zu werfen“, erklärt Bocherens und fügt hinzu: „Unsere Ergebnisse helfen auch die Gründe für das Aussterben des Riesenaffen besser zu verstehen.“

Großer Backenzahn von Gigantopithecus aus der Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald-Sammlung im Senckenberg Forschungsinstitut. © Wolfgang Fuhrmannek

Großer Backenzahn von Gigantopithecus aus der
Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald-Sammlung
im Senckenberg Forschungsinstitut.
© Wolfgang Fuhrmannek

Den Ergebnissen zufolge beschränkte sich der Lebensraum des Riesenaffen auf Waldgebiete. Wobei die Tiere vermutlich zu schwer gewesen sein dürften, um auf Bäume zu klettern. Dies gilt sowohl für die in China, als auch in Thailand vorgekommenen Affen, wo ihnen neben dem Wald auch Savannen zur Verfügung gestanden hätten.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich die großen Primaten nur im Wald aufhielten und ihre Nahrung aus diesem Lebensraum bezogen“, erläutert Bocherens und ergänzt: „Gigantopithecus war ein reiner Vegetarier, aber nicht auf Bambus spezialisiert.“ Wie sein enger Verwandter, der Orang-Utan, ließ er sich die Blätter und Früchte der asiatischen Wälder schmecken.

Untersuchter Gigantopithecus-Zahn aus Thailand © Yaowalak Chaimanee

Untersuchter Gigantopithecus-Zahn aus
Thailand © Yaowalak Chaimanee

Wie Bocherens und seine Kollegen vermuten wurde dem Affen seine Größe verbunden mit seiner Beschränkung auf einen einzigen Lebensraum zum Verhängnis. „Verwandte des Riesenaffen wie der heutige Orang-Utan haben trotz einer Spezialisierung auf einen Lebensraum überlebt. Die Orang-Utans haben aber einen langsamen Stoffwechsel und können mit wenig Nahrung auskommen. Gigantopithecus war aufgrund seiner Größe vermutlich auf eine große Menge Nahrung angewiesen. Als die bewaldeten Gebiete sich in der Zeit des Pleistozäns immer mehr zu Savannen-Landschaften entwickelten, war das Nahrungsangebot für den Riesenaffen wohl einfach zu gering“, erklärt der Biogeologe.

von Ute Keck

Originalpublikation:

Bocherens, H., et al., Flexibility of diet and habitat in Pleistocene South Asian mammals: Implications for the fate of the giant fossil ape Gigantopithecus, Quaternary International (2015), doi: 10.1016/j.quaint.2015.11.059

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