Wikinger züchteten und verbreiteten Pferde mit komfortablerem Gang

Ausschnitt aus dem Teppich von Bayeux © Dan Koehl. CC BY-SA 3.0. Wikimedia Commons.

Die Wikinger brachten die ersten Gangpferde von England nach Island. Dort züchteten sie die für sie kostbaren Tiere und verbreiten sie in Europa, von wo aus sich die entsprechende Mutation auf der ganzen Welt durchsetzte. © Ausschnitt aus dem Teppich von Bayeux. Dan Koehl. CC BY-SA 3.0. Wikimedia Commons.

In früheren Zeiten waren Pferde das Fortbewegungsmittel der Wahl. Nur mit ihrer Hilfe ließen sich weite Strecken in verhältnismäßig kurzer Zeit überwinden. Doch anfangs war ein solcher Ritt noch sehr unbequem und ermüdend, denn die Tiere waren noch nicht optimal an das Tragen eines Reiters angepasst. Erst im mittelalterlichen England des 9. Jahrhunderts gelang es Pferde zu züchten, die über eine für den Reiter komfortablere Gangart verfügten, als Schritt, Trab oder Galopp. Als die Wikinger um diese Zeit herum Ostengland brandschatzten erbeuteten sie vermutlich auch diese Pferde und nahmen sie mit nach Island, von wo aus sich die Mutation in ganz Europa und Asien verbreitete.

Schritt, Trab oder Galopp beherrschen alle Pferde. Wer aber auf langen Strecken eine komfortablere Zeit verbringen will und trotzdem zügig vorankommen möchte, ist am besten mit sogenannten Gangpferden bedient. Sie verfügen über spezielle Gangarten, wie den für Islandpferde typischen Pass oder Tölt, die einen beinahe erschütterungsfreien Ritt erlauben. Grund für diese Fähigkeit ist eine Mutation im DMRT3-Gen, wie ein Forscherteam bei der genetischen Untersuchung von über 4.000 Pferden verschiedener Rassen entdeckt hat. Um die historische Verbreitung der Gangpferde aufzudecken, analysierten die Forscher diese Mutation im Erbgut von 90 historischen Pferden von der Kupferzeit (6.000 v. Chr.) bis zum Mittelalter (11. Jh.).

Dabei fanden die Forscher die entsprechende Mutation in Proben zweier englischer Pferde aus der Zeit um 850 n. Chr. und wesentlich häufiger in Islandpferden aus dem 9. bis 11. Jh.. Wahrscheinlich traten Gangpferde zuerst im mittelalterlichen England auf und wurde dann nach den Beutezügen der Wikingern in England nach Island gebracht. In Island gibt es seit 870 n. Chr. Pferde. Bei Pferden aus Kontinentaleuropa, einschließlich Skandinavien oder Asien konnten die Forscher im gleichen Zeitraum keine Mutation für die alternativen Gangarten nachweisen.

Dabei ist eher unwahrscheinlich, dass sich die englischen und isländischen Gangpferdepopulationen in so kurzer Zeit unabhängig voneinander entwickelt haben. „Es ist wesentlich plausibler, dass einige der ersten Pferde, welche nach Island kamen, die Mutation für alternative Gangarten bereits besaßen. Die Wikinger erkannten deren Wert und haben Gangpferde gezielt gezüchtet und damit den Grundstein für deren weltweite Verbreitung gelegt“, erläutert Arne Ludwig, Genetiker am Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung. Auch historische Sagen deuten darauf hin, dass isländische Pferde bereits sehr früh spezielle Gangarten beherrschten. Bisher ging man davon aus, dass die Islandpferde zusammen mit den Wikingern aus Skandinavien auf die Insel kamen. Da die Mutation jedoch bei skandinavischen Pferden aus dem 9. Jh. bisher nicht gefunden wurde, müssen auch Pferde aus anderen Regionen nach Island eingeführt worden sein.

Die Wikinger fielen wiederholt in Großbritannien ein und unterwarfen im 9. Jh. das Gebiet des heutigen Yorkshire  – genau die Region, aus der die zwei historischen Gangpferde stammen. „Es liegt also nahe, dass die Wikinger erstmals in England auf Gangpferde trafen und sie von dort mit nach Island nahmen“, erklärt Saskia Wutke, Doktorandin und Erstautorin der Studie. Die weite Verbreitung dieser Genvariante in den frühen isländischen Pferden spricht dafür, dass die isländischen Siedler bevorzugt Gangpferde züchteten – offenbar war ihre komfortable Gangart für das Zurücklegen langer Strecken im unwegsamen Gelände besonders gut geeignet .

Leibniz Institut für Zoo und Wildtierforschung, 8 August 2016

Originalpublikation:

Wutke S, Andersson L, Benecke N, Sandoval-Castellanos E, Gonzalez J, Hallsson JH, Lembi L, Magnell O, Morales-Muniz A, Orlando L, Pálsdóttir AH, Reissmann M, Muñioz-Rodríguez MB, Ruttkay M, Trinks A, Hofreiter M, Ludwig A (2016): The Origin of Ambling Horses. CURR BIOL 26, 697-698. DOI: 10.1016/j.cub.2016.07.001

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