Nordatlantik steuert achtjährige Klimaschwankungen

Die achtjährige Schwankung des NAO-Index findet sich auch deutlich in den Wintertemperaturen in Hamburg wieder. Deshalb könnte ein besseres Verständnis der NAO-Variabilitäten zu einer verbesserten Klimavorhersage in Norddeutschland führen. © GEOMAR

Die achtjährige Schwankung des NAO-Index findet sich auch deutlich in den Wintertemperaturen in Hamburg wieder. Deshalb könnte ein besseres Verständnis der NAO-Variabilitäten zu einer verbesserten Klimavorhersage in Norddeutschland führen. © GEOMAR

Unser Wetter auf der Nordhalbkugel wird im Wesentlichen durch das Verhältnis zwischen Islandtief und Azorenhoch bestimmt. Im Laufe der Zeit durchläuft es große Schwankungen, die einem achtjährigen Zyklus folgen. Ursache hierfür könnten im Inneren des Ozeans liegen. Zu diesem Schluss kommen Forscher nun aufgrund von Modellrechnungen. Mit Hilfe der neuen Erkenntnis sollen mehrjährige Klimaschwankungen rund um den Nordatlantik besser vorhergesagt werden.

Islandtief. © public domain. Wikimedia Commons.

Islandtief. © public domain. Wikimedia Commons.

Wie das Wetter in Europa wird, entscheidet sich im Wesentlichen über dem Nordatlantik. Vor allem das Winterwetter hängt davon ab, wie stark das typische Hochdruckgebiet über den Azoren und sein Gegenstück, das Islandtief, ausgeprägt sind. Bei einem großen Druckunterschied entwickeln sich auf dem Atlantik starke Westwinde, die in Deutschland für einen nassen und milden Winter sorgen. Gleichzeitig reichen kalte Ausläufer des Russland-Hochs häufiger bis in den Mittelmeerraum. Deshalb wird es dort kälter und trockener als normalerweise. Ist der Unterschied dagegen schwach ausgeprägt, gibt es über dem Atlantik kaum Westwinde, die Nordeuropa erreichen. Bei dieser Konstellation kommen die Winde eher im Mittelmeerraum an, wo das Klima dann feuchter wird und für eine gute Wein- und Olivenernte sorgt. Nordeuropa steht dann unter dem Einfluss des Kältehochs aus Asien und der Winter wird trockener und kälter. Da der Gegensatz zwischen den beiden Drucksystemen Islandtief und Azorenhoch von so zentraler Bedeutung für das Klima Europas ist, haben ihm Meteorologen einen eigenen Namen gegeben: den NAO-Index. Die Abkürzung NAO steht für Nordatlantische Oszillation, denn die Druckgegensätze zwischen den beiden Gebieten sind sehr variabel. Sie oszillieren – schwanken – über sehr verschiedene Zeiträume hinweg, die von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahrzehnten dauern. Eine dieser Schwankungen folgt einem Zyklus von acht Jahre. Der Einfluss der NAO auf Nordeuropa ist so direkt, dass sich die Periode etwa in den durchschnittlichen Wintertemperaturen Hamburgs niederschlägt. Warum es zu diesen Schwankungen kommt, ist bisher aber noch umstritten.

Azorenhoch. © Jeroen. GNU Lesser General Public License. Wikimedia Commons.

Azorenhoch. © Jeroen. GNU Lesser General Public License. Wikimedia Commons.

Klimaforscher am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel konnten jetzt zeigen, dass Vorgänge im Nordatlantischen Ozean den achtjährigen Zyklus steuern könnten. „Schwankungen im Transport warmen Wassers durch den Golfstrom und das damit verbundene Strömungssystem sind vermutlich auch für diese Variabilität der entscheidende Faktor. Basierend auf dieser Erkenntnis und unter Zuhilfenahme von Messungen im Ozean lässt sich die aktuelle Phase innerhalb dieser Schwankung und damit auch eine Tendenz für den weiteren Verlauf bestimmen. Dadurch könnten sich die Vorhersagen mehrjähriger Klimaschwankungen in vielen Regionen der Nordhalbkugel verbessern“, erklärt Annika Reintges vom GEOMAR.

Als Grundlage für ihre Studie nutzten die Forscher langjährige Messungen der Luft- und Wassertemperaturen an der Oberfläche des Nordatlantiks sowie des Luftdrucks in der Region. Hierzu liegt ein umfangreiches Datenmaterial vor, da Schiffe, die den Atlantik überqueren, seit über einhundert Jahren regelmäßig Wetterdaten aufzeichnen. Seit einiger Zeit werden diese Protokolle durch Satellitenmessungen und Erhebungen autonomer Messbojen im Ozean ergänzt. Darüber hinaus wird inzwischen an einigen Orten sogar in Tiefen von mehreren Kilometern die Strömung erfasst, wie etwa in der Labradorsee durch das GEOMAR. „Alle Messungen zeigen übereinstimmend die Periode von acht Jahren, was den Ursprung der Schwingung im Ozean vermuten lässt“, erklärt Projektleiter Mojib Latif vom GEOMAR.

Doch bisher reichen die wenigen Messdaten aus dem Inneren des Ozeans nicht aus, um die Ursachen des achtjährigen Zyklus herauszufinden. „Die einzige Möglichkeit, die Vorgänge dort im Detail zu untersuchen, sind derzeit Computermodelle. Sie basieren auf den physikalischen Gesetzen und können das Klimasystem vollständiger abbilden, als die nur lückenhaften Messungen“, erklärt Mojib Latif. Daher nutzten die Forscher das Kiel Climate Model, um die Wechselwirkungen zwischen Ozean, Atmosphäre und Meereis im Computer zu simulieren.

Zur Freude der Forscher konnte das Modell die achtjährigen Schwankungen sehr gut wiedergeben. Und es entdeckte darüber hinaus auch die Ursache für dieses Klimaphänomen: Es kommt durch die Wechselwirkung zwischen den Meeresströmungen und der Atmosphäre zustande. „Wie viele andere Studien zeigt unsere Arbeit aber auch, dass wir dringend mehr Langzeit-Messungen im Inneren der Ozeane benötigen. Dann könnten wir nicht nur unsere Modelle weiter verbessern. Wir könnten auf Grundlage unserer Studie auch das Klima Nordeuropas besser vorhersagen“, betont Mojib Latif.

GEOMAR Helmholtz Zentrum Kiel, 1. September 2016

Originalpublikation:

Reintges, A., M. Latif,. W. Park (2016): Sub-Decadal North Atlantic Oscillation variability in observations and the Kiel Climate Model. Climate Dynamics, doi: 10.1007/s00382-016-3279-0

Link zum Video „Wo unser Wetter entsteht: Teil 1“ von Sven Plöger.
Und hier Teil 2.

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