Afrikas Tierwelt zunehmend bedroht

© Stefan Swanepoel. CC BY-SA 3.0. Wikimedia Commons.

© Stefan Swanepoel. CC BY-SA 3.0. Wikimedia Commons.

Die Wildtiere Afrikas sind in Gefahr: Alleine in Kenia sind die Bestände in den letzten vierzig Jahren um zwei Drittel gesunken. Ursache hierfür ist das exponentielle Bevölkerungswachstum und die damit verbundene Zunahme der Viehhaltung, ein Versagen von Politik, Institutionen und dem Markt bei der Bekämpfung der Wilderei, sowie der Klimawandel.

Afrika ist für seinen Wildreichtum und seine Artenvielfalt berühmt. Jedes Jahr ziehen Tausende von Gnus, Zebras, Gazellen und Büffel auf der Suche nach frischem Futter und Wasser aus der tansanischen Serengeti ins kenianische Masai Mara-Gebiet und wieder zurück. Begleitet werden die Herden von Raubtieren wie Löwen, Hyänen, Goldwölfen, Schakalen und den letzten Rudeln der Wildhunde.

Doch dieser Wildreichtum ist zunehmend bedroht. Das berichten unter anderem Biostatistiker der Universität Hohenheim, die jahrzehntealte Datenbestände statistisch ausgewertet haben. In den letzten Jahrzehnten kam es vor allem durch das exponentielle Bevölkerungswachstum in vielen afrikanischen Ländern zu einer massiven Dezimierung der Wildbestände. Denn viele Afrikaner ernährt sich mit Vorliebe von sogenannten Bushmeat, Fleisch von Wildtieren, das auf vielen afrikanischen Märkten billig angeboten wird, aber auch auf illegale Weise seine Weg bis nach Europa und in die USA findet. Die Kommerzialisierung der Jagd auf afrikanisches Wild trägt massiv zur Abnahme der Bestände bei. Alleine in Kenia sank in den letzten vier Jahrzehnten die Zahl der Wildtiere auf weniger als ein Drittel ab. Besonders bedroht sind 14 Wildtier-Arten, darunter Giraffen, Gnus, Wasserböcke, Warzenschweine und Grevy-Zebras. Aber auch der Bestand an Elefanten ist seit 2006 auf dem gesamten Kontinent durch Wilderei um etwa ein Fünftel dezimiert worden.

In Liberia ist das Zwergflusspferd von der Ausrottung durch Wilderer bedroht. © Tommy. CC BY 2.0. Wikimedia Commons.

In Liberia ist das Zwergflusspferd von der Ausrottung durch Wilderer bedroht. © Tommy. CC BY 2.0. Wikimedia Commons.

Und das nicht nur außerhalb der Schutzgebiete. Selbst in den Nationalparks müssen Wildhüter immer wieder erleben, wie ihnen die Wilderer zuvor kommen. Oft scheinen sie sogar zu wissen, wo sie ihren nächsten Einsatz haben. Kein Wunder: Bei dem massiven Bevölkerungswachstum in den meisten afrikanischen Ländern und der damit verbundenen Armut ist die Versuchung groß, schnell an Geld zu kommen, indem ein Wildhüter sein Wissen an Wilderer ausplaudert. Stieg doch etwa die Bevölkerung Kenias von 8.1 Millionen im Jahr 1960 auf 44.4 Millionen im Jahr 2013 an. Mit dem Ergebnis, dass dort inzwischen 73% der Bevölkerung unter 30 Jahren alt sind.

Dieses exponentielle Bevölkerungswachstum hat jedoch auch noch andere Auswirkungen auf die Tierwelt Afrikas. Um zu überleben halten die Kenianer immer mehr Nutztiere und machen bisher der Natur und den Wildtieren zur Verfügung stehendes Land urbar, um es für den Ackerbau zu nutzen. Von 1977 bis heute stieg in Kenia die Zahl der Schafe und Ziegen um 76 %, die der Kamele um 13 % und die der Esel um 8 %. Nur der Bestand an Hausrindern ging um 25% zurück, da die von ihnen bevorzugten hohen Gräser durch den Klimawandel zurückgegangen sind.

Hinzu kommt, dass die Politik in Kenia nicht ausreichend regelt, in welchen Gebieten Ackerbau und Viehzucht betrieben werden darf. Die oft massive Überweidung durch die wachsenden Viehbestände hinterlässt mancherorts geradezu wüstenartige Gebiete, etwa in der Dodoma-Region in der die Gogo in Zentral-Tansania leben. Sie verbrauchen das Weideland geradezu und wenn es dann zu einer Mondlandschaft verkommen ist ziehen sie einfach weiter und überweiden das nächste Naturgebiet. Ähnlich wie in vielen Kulturen Afrikas sind Rinder für sie das höchste Gut. Es zählt für sie oft mehr als ihre eigenen Kinder. Deshlab lassen sie sich nicht davon überzeugen, weniger Rinder zu halten und nachhaltiger mit den Ressourcen umzugehen. Sie verkaufen oder essen die Rinder auch nicht. Sie dienen nur dem Ansehen ihres Besitzers. So kommt es oft zu katastrophalen Hungersnöten, wenn in den größtenteils semiariden Gebieten Ostafrikas eine oder beide Regenzeiten ausfallen. Was alle fünf bis zehn Jahre geschieht. Doch auch wenn ihr Vieh zu verdursten droht sind die Hirten dieser Regionen nicht dazu bereit, ihr Tiere zu verkaufen oder zu essen. Lieber verhungern sie selbst.

Elefantenherde © M. Disdero. CC BY-SA 2.5

Elefantenherde © M. Disdero. CC BY-SA 2.5

Die Wildtiere Afrikas leiden jedoch auch unter der zunehmenden Zerstückelung ihrer Weiden. Da viele Tierherden, wie eingangs erwähnt, im Laufe des Jahres weite Wanderungen zurücklegen müssen, um ihr Überleben zu sichern, macht ihnen die stetige Ausdehnung von Ackerbau und Viehzucht immer mehr zu schaffen. Auch kommt es durch die Ausbreitung des Menschen in Naturgebieten immer öfter zu Konflikten zwischen Menschen und wilden Tieren.

Doch auch der Klimawandel fordert bei den Wildtieren immer mehr Opfer: Sie müssen, genauso wie die Menschen und ihr Vieh mit den sinkenden Niederschlagsmengen, höheren Temperaturen und häufigeren Dürreperioden kämpfen.

Da etwas mehr als zwei Drittel aller Wildtiere nicht in Nationalparks leben kann sie nur ein Umdenken bei der Bevölkerung retten. Bisher betrachten viele Afrikaner Wildtiere nur als lästig, da sie Zäune zerstören und ihre Nutztiere angreifen. Abhilfe schaffen könnten sogenannte Conservancies, kleine, private Nationalparks. In diesen Gebieten erhalten die Menschen für den Wildtierschutz einen finanzielle Ausgleich. Darüber hinaus profitieren sie auch von den Touristen, die sich von diesen Reservaten angezogen fühlen.

Um die Wildtiere besser zu schützen müssen Behörden, Naturschutz-Organisationen, die Betreiber der privaten Schutzgebiete und die betroffenen Gemeinden besser zusammen arbeiten. Und auch der Viehbestand muss begrenzt und die Einhaltung der Beschränkungen überwacht werden, damit die ländliche Bevölkerung ihr Einkommen aus dem Naturschutz nicht dazu nutzt mehr Vieh anzuschaffen. Darüber hinaus müssen Mitglieder der Gemeinden geschult werden, damit sie verstehen, was auf dem Spiel steht und wie sie bei der Umsetzung der Projekte mitarbeiten können. Bleibt zu hoffen, dass die Maßnahmen greifen. Denn nicht selten machen in Afrika korrupte Politiker mit Wilderern gemeinsame Sache.

Auch sollten Schutzgebiete von solchen, die als Weideland genutzt werden abgegrenzt werden, damit die Lebensräume der Wildtiere, sowie deren Wanderrouten besser geschützt werden können. Dazu bedarf es einer wirksamen Raumordnungspolitik, die bisher fehlte.

Nicht zuletzt sollten aber auch westliche Hilfsorganisationen und andere Geldgeber auf eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung in Afrika dringen. Denn das exponentielle Bevölkerungswachstum in Afrika stellt nach wie vor eines der Hauptprobleme des Kontinents dar. Es sorgt dafür, dass die betroffenen Länder immer weniger dazu in der Lage sind ihre eigene Bevölkerung zu ernähren. Dabei hatte der Kontinent schon in der Vergangenheit, bei einer niedrigeren Bevölkerungszahl gewaltige Probleme bei der Versorgung seiner Bewohner. Hinzu kommt, dass viele Gebiete Afrikas für eine intensive landwirtschaftliche Nutzung nicht geeignet sind. Wenn die Menschen nun aufgrund des gewachsenen Bedarfs kurzfristig alle ihre Ressourcen verbrauchen, indem sie ihre Wildbestände binnen kürzester Zeit dezimieren, wird es in Afrika langfristig noch viel gewaltigere Hungersnöte als bisher geben. Das es nicht soweit kommt liegt auch in unserem eigenen Interesse: Denn wenn die Menschen Afrikas auf ihrem Kontinent keine Perspektive mehr haben, werden sie sich in immer größerer Zahl auf die Wanderschaft begeben und unter anderem zu uns nach Europa ziehen.

von Ute Keck, 29. September 2016

Originalpublikationen:

Ogutu JO, Piepho HP, Said MY, Ojwang GO, Njino LW, Kifugo SC Wargute PW. Extreme Wildlife Declines and Concurrent Increase in Livestock Numbers in Kenya: What Are the Causes? PLoS One. 2016 Sep 27;11(9):e0163249. doi: 10.1371/journal.pone.0163249.

Poaching behind worst African elephant losses in 25 years – IUCN report

Meine Bar in Sansibar: Durch Ostafrika zu den Quellen des Nil. 12. November 2012. Malik/National Geographic
von Richard Grant (Autor), Frank Auerbach (Übersetzer)

Die Wanderung der Gnus

 

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