So spiegelt unser Gehirn religiöse Erfahrungen wider

Gottesdienst in der Kathedrale von Straßbourg. © francois. CC BY 2.0. Wikimedia Commons.

Gottesdienst in der Kathedrale von Straßburg. © francois. CC BY 2.0. Wikimedia Commons.

Der Glaube kann bei manchen Menschen ungeahnte Kräfte mobilisieren, im Guten wie im Schlechten. Forscher wollten nun wissen, was sich bei religiösen Erfahrungen im Gehirn abspielt, um die zugrunde liegenden Mechanismen besser verstehen zu lernen. Bei Mormonen, die gerade eine spirituelle Erfahrung machten war das Belohnungszentrum aktiviert. Es spielt sowohl bei positiven Erfahrungen, wie Liebe, Sex und Musik eine Rolle, aber auch bei Glücksspiel und Drogensucht.

Spirituelle Erfahrungen, bei denen sie den „Geist“ spüren sind für Mormonen ein wichtiger Bestandteil ihres religiösen Lebens. Sie dienen ihnen als Bestätigung ihres Glaubens und gelten als Mittel zur Kommunikation mit Gott. Nicht selten treffen sie Entscheidungen auf dieser Grundlage.

Um herauszufinden, was sich bei diesen Erfahrung im Gehirn der Gläubigen abspielt beobachteten die Forscher bei 19 erwachsenen Mormonen, sieben Frauen und 12 Männern, welche Gehirnregionen dabei aktiviert wurden. Dazu unterzogen sich die Probanden einer funktionellen Magnetresonanztomographie, in deren Verlauf ihnen verschiedene Videos mit religiösen und nicht religiösen Inhalten vorgespielt wurden.

Nach jedem Video sollten die Testpersonen angeben, ob sie den „Geist“ fühlten und wenn ja, wie stark. Dabei empfanden die Probanden Gefühle, die für einen intensiv erlebten Gottesdienst typisch sind. Sie empfanden Frieden und Wärme. Manche von ihnen waren am Ende der Tomographie zu tränen gerührt. Bei einem der Experimente sollten die Versuchspersonen einen Knopf drücken, wenn sie besonders starke spirituelle Empfindungen hatten.

Bei diesen Gefühlen wurde immer wieder der Nucleus accumbens aktiviert, eine Gehirnregion, in der Belohnungen verarbeitet werden. Wobei die Hauptakivität in diesem Hirnbereich bereits auftrat bevor die Testpersonen 1 bis 3 Sekunden später durch Drücken des Knopfes angaben, ein besonders intensives, spirituelles Erlebnis zu haben. Bei diesen Empfindungen schlug auch ihr Herz schneller und sie atmeten tiefer.

Doch bei den spirituellen Erfahrungen war auch der mediale Präfrontale Cortex involviert. Ein Hirnbereich der für das moralische Urteilsvermögen verantwortlich ist. Darüber hinaus waren auch Hirnregionen aktiv, die für konzentrierte Aufmerksamkeit sorgen.

Religiöse Erfahrungen sind immer noch für viele Menschen die Grundlage für Entscheidungen, die uns alle betreffen, im Guten wie im Schlechten. Religiöse Gefühle beflügelten einerseits Menschen dazu Verfolgten, Unterdrückten oder anderweitig Benachteiligten zu helfen. Zum anderen denke man nur daran, wieviel Unheil religiöser Fanatismus in der Geschichte der Menschheit bereits angerichtet hat. Deshalb ist es wichtig zu wissen, was sich hierbei im Gehirn abspielt, so die Forscher.

University of Utah, 29 November 2016

Originalpublikation:

Michael A. Ferguson, Jared A. Nielsen, Jace B. King, Li Dai, Danielle M. Giangrasso, Rachel Holman, Julie R. Korenberg, Jeffrey S. Anderson. Reward, salience, and attentional networks are activated by religious experience in devout Mormons. Social Neuroscience, 2016; 1 DOI: 10.1080/17470919.2016.1257437

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