Zielsicher bewegen sich Fledermäuse mit Hilfe ihres Biosonars durch die Dunkelheit der Nacht. Zur Orientierung senden die Tiere aktiv Schallwellen aus und werten dann die von ihrer Umgebung reflektierten Echos aus. Dieses Navigationssystem ist erstaunlich flexibel, wie Wissenschaftler jetzt herausgefunden haben. Je näher eine Fledermaus einem Objekt kommt, desto mehr nimmt die Zahl der aktiven Neuronen in dem Gehirnareal zu, das die akustischen Signale räumlich verarbeitet. Dieser einem Zoom-Effekt gleichkommende Mechanismus ermöglicht den Flugkünstlern Insekten im Flug zu fangen und Hindernissen rechtzeitig auszuweichen.
Nachtaktive Fledermäuse haben sich perfekt an ein Leben ohne Licht angepasst. Zur Orientierung senden sie Ortungslaute aus, um mit Hilfe des zeitverzögerten Echos die Entfernung zu Hindernissen oder Beutetieren zu bestimmen. In ihrem Gehirn verfügen sie über eine räumlich aufgelöste Karte unterschiedlicher Echolaufzeiten. Wie Wissenschaftler nun herausgefunden haben, passt sich diese Karte dynamisch an äußere Bedingungen an.
Nahe Objekte werden im Fledermausgehirn größer repräsentiert als ferne Objekte
Wenn die Tiere nahe an einem Hindernis vorbei fliegen, werden mehr ihrer Neuronen aktiviert, als bei einem ferneren Objekt. Dadurch erscheint auf ihrer Gehirnkarte ein nahes Objekt überproportional groß – als ob es herangezoomt würde. „Die Karte funktioniert ähnlich wie ein Navigationssystem im Auto und zeigt der Fledermaus den Weg“, erklärt Studienleiter Dr. Uwe Firzlaff vom Lehrstuhl für Zoologie an der Technischen Universität München. „Der entscheidende Unterschied: Wenn sich das Tier auf Kollisionskurs befindet, schlägt das Gehirn Alarm, indem es nahe Objekte stärker abbildet als entfernte.“
Fledermäuse passen ihre Flugmanöver ständig an neue Gegebenheiten an, um Objekten, wie Gebäuden, Bäumen oder anderen Tieren auszuweichen. Dabei ist für sie auch die seitliche Positionsbestimmung wichtig. Deshalb nutzen die Tiere neben der Echolaufzeit zusätzliche räumliche Informationen für ihre Orientierung. „Die Fledermäuse werten die Eigenbewegung aus und gleichen sie mit dem seitlichen Abstand auf Gegenstände ab“, erläutert der Forscher.
Das Gehirn von Feldermäusen verarbeitet komplexe räumliche Informationen
Zusätzlich zur Laufzeit der Echos berücksichtigen die Tiere auch noch die Richtung, aus der das Echo zurückgeworfen wird. Außerdem vergleichen sie die Lautstärke ihrer eigenen Ruflaute mit der Lautstärke der reflektierten Schallwellen und werten das Wellenspektrum des Echos aus. „Unsere Untersuchungen führen zu dem Schluss, dass Fledermäuse auf ihrer akustischen Karte wesentlich mehr räumliche Informationen abbilden als nur die Echolaufzeit.“
Die Ergebnisse erklären, wie schnelle Reaktionen auf äußere Reize mit massiven Veränderungen der Nervenzellaktivität einher gehen: Im Gehirn der Fledermäuse vergrößert sich das Areal aktiver Zellen, um wichtige Informationen besonders hervorzuheben. „Damit“, so Firzlaff abschließend, „haben wir möglicherweise einen grundlegenden Mechanismus entdeckt, wie Wirbeltiere ihr Verhalten flexibel auf wechselnde Umgebungen anpassen können.“
Technische Universität München
Publikation:
Echo-acoustic flow dynamically modifies the cortical map of target range in bats; Sophia K. Bartenstein, Nadine Gerstenberg, Dieter Vanderelst, Herbert Peremans & Uwe Firzlaff; Nature Communications, DOI: 10.1038/ncomms5668