Mit einem Hochzeitsgeschenk an ihre Partnerinnen ändern männliche Grillen möglicherweise die Fortpflanzungsphysiologie der Weibchen und deren Bereitschaft, sich mit anderen Männchen zu paaren, wie Wissenschaftler nun herausgefunden haben.
Wenn sich Insekten paaren, übertragen die Männchen ihre Spermien oft in einem Samenpaket, auch Spermatophore genannt. Männliche Kurzflügelgrillen (Gryllodes sigillatus) bieten ihren Partnerinnen darüber hinaus ein essbares Hochzeitsgeschenk an: große, gallerartige Eiweißkugeln, die an den Spermatophoren kleben und von den Weibchen während der Spermienübertragung verspeist werden. Einige der Proteine in dieser Hochzeitsgabe könnten verhindern, dass Verdauungsenzyme im Darm der Weibchen andere aktive Proteine in der Eiweißkugel abbauen, so die Forscher. Die so geschützten Proteine ändern vermutlich die Fortpflanzungsphysiologie der Weibchen: Denn nach dem Verspeisen des Hochzeitsgeschenks nimmt deren Bereitschaft, sich mit weiteren Männchen zu paaren, ab.
Yannick Pauchet vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie erklärt: „Man ging lange davon aus, dass die essbaren Liebesgaben vor allem zum Essen anregende Stimulanzien beinhalten, die verlockend auf die Weibchen wirken. Allerdings konnte unsere Studie zeigen, dass die Gaben auch Proteine enthalten, deren Funktion zwar das Füttern des Weibchens ist, die aber wahrscheinlich auch auf dessen Verhalten Einfluss nehmen.“
Die Forscher analysierten die Proteine in der Hochzeitsgabe, um ihre molekulare Struktur und Funktion zu bestimmen. Dabei fanden sie heraus, dass einige der Proteine nicht nur vor enzymatischem Abbau geschützt sind. Sondern sie ähneln darüber hinaus Wachstumsfaktoren, deren Signalwirkung von anderen Insektenarten bekannt ist. Die Ähnlichkeit legt nahe, dass diese Proteine Wachstum und Entwicklung von Geweben im Körper des Weibchens fördern und auf diese Weise letztendlich deren Reproduktionsverhalten beeinflussen.
„Die Proteomanalyse der Spermoatophore von Gryllodes sigillatus ist ein Meilenstein im Hinblick auf unser Verständnis der Evolution von Hochzeitsgaben bei Insekten. Sie eröffnet uns viele spannende neue Wege in der Forschung,“ meint Yannick Pauchet.
Hochzeitsgaben sind bei Insekten weit verbreitet und reichen von Beutetieren, die von den Männchen der Schnabelfliegen feilgeboten werden, über verschiedene Körpersekrete, wie etwa bei Feuerkäfern oder Bodenläusen, und Körperteilen bis hin zum gesamten Körper des Männchens, wie mitunter bei der Gottesanbeterin. Weibliche Kurzflügelgrillen entfernen die von den Männchen produzierte gallertartige Hochzeitsgabe von den Spermatophoren und verspeisen sie während der Samenübertragung. Wenn das Weibchen die Gabe verspeist hat, beginnt sie, das Samenpaket selbst zu verspeisen, und beendet so den Spermientransfer.
Es gibt also eine direkte Beziehung zwischen der Zeit, die das Weibchen benötigt um die Hochzeitsgabe zu essen, und der Zeit, die notwendig ist, um den Samen vollständig von der Spermatophore in die Begattungstasche des Weibchens zu übertragen. Je größer die Gabe, desto länger ist die Zeit der Samenübertragung und desto wahrscheinlicher ist die Chance der Männchen auf Vaterschaft.
Als nächstes wollen die Forscher untersuchen, ob und wie die Zusammensetzung des Hochzeitsgeschenks die Paarungsbereitschaft der Weibchen verändert oder sicherstellt, dass die Befruchtung erfolgreich ist.
Max-Planck-Gesellschaft, 7. Oktober 2015
Originalpublikation:
Pauchet, Y., Wielsch N., Wilkinson, P. A., Sakaluk, S. K., Svatoš, A., ffrench-Constant, R. H., Hunt, J., Heckel, D. G. What’s in the gift? Towards a molecular dissection of nuptial feeding in a cricket. PLOS one, 7 October, 2015 Doi: 10.1371/journal.pone.0140191