Geschwisterposition beeinflusst unsere Persönlichkeit nur minimal

Familie. © Eric Ward. CC BY-SA 2.0.

Familie. © Eric Ward. CC BY-SA 2.0.

Unsere Persönlichkeit wird kaum davon beeinflusst, in welcher Position wir in der Reihenfolge unserer Geschwister stehen. Zu diesem Ergebnis kommen Psychologen in einer neuen Studie, bei der sie die Persönlichkeit von 20.000 Erwachsenen analysierten.

Bereits seit 100 Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Frage, inwiefern die Geschwisterposition unsere Persönlichkeit beeinflusst. Dabei haben sich sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der Laien-Psychologie vielfältige Annahmen entwickelt: So sollen Erstgeborene etwa besonders perfektionistisch, Sandwichkinder dagegen kooperativ und Nesthäkchen eher rebellisch sein.

Um diese Frage mit Hilfe einer großen Studie abzuklären, analysierten Stefan Schmukle und Julia Rohrer von der Universität Leipzig sowie Boris Egloff von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Daten von mehr als 20.000 Erwachsenen aus Deutschland, den USA und Großbritannien. Dabei ergab sich für alle drei Länder das gleiche Bild: Zentrale Persönlichkeitseigenschaften wie Extraversion, emotionale Stabilität, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit korrelierten nicht mit der Geschwisterposition in der Herkunftsfamilie. Nur bei der Selbsteinschätzung ihrer intelektuellen Fähigkeiten beobachteten die Forscher minimale Unterschiede: So glaubten etwa Erstgeborene häufiger, über einen großen Wortschatz zu verfügen und abstrakte Ideen gut erfassen zu können.

Die Wissenschaftler fanden diese Selbsteinschätzung teilweise bestätigt: denn die durchschnittliche Intelligenz sinkt vom Erstgeborenen zum Letztgeborenen leicht ab. Doch führen die Forscher diesen Effekt auf die große Zahl der Versuchspersonen zurück. Für eine einzelne Person sei dieser Effekt dagegen kaum relevant. Denn beim Vergleich von zwei Geschwistern, hätte dennoch in über 40 Prozent der Fälle das später geborene den höheren IQ. Die gefundenen Effekte sind also so klein, dass sie für den Lebensweg einer einzelnen Person vermutlich keine Bedeutung haben.

Demnach ist die zentrale Aussage der Studie, dass die Geschwisterposition für die Persönlichkeit keine große Rolle spielt. Denn die von den Forschern für Intelligenz und Intellekt gefundenen Effekte sind nur minimal und für andere Persönlichkeitseigenschaften konnten sie gar keinen Einfluss nachweisen. Das widerspricht sowohl angesehenen psychologischen Theorien als auch in der Bevölkerung weit verbreiteten Vorstellungen.

Johannes Gutenber Universität Mainz, 19.10.2015

 

Originalpublikation:

Julia M. Rohrer, Boris Egloff und Stefan C. Schmukle, Examining the effects of birth order on personality, Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 19. Oktober 2015. DOI:10.1073/pnas.1506451112

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