Virus lässt Hilferufe seiner Wirtszellen verstummen

Epstein-Barr-Viren hindern infizierte B-Zellen daran, das Immunsystem um Hilfe zu rufen. © Liza Gross. (2005) Virus Proteins Prevent Cell Suicide Long Enough to Establish Latent Infection. PLoS Biol 3(12): e430. doi:10.1371/journal.pbio.0030430.

Epstein-Barr-Viren hindern infizierte B-Zellen daran, das Immunsystem um Hilfe zu rufen. © Liza Gross. (2005) Virus Proteins Prevent Cell Suicide Long Enough to Establish Latent Infection. PLoS Biol 3(12): e430. doi:10.1371/journal.pbio.0030430.

Das Epstein-Barr-Virus hindert seine Wirtszellen daran, Immunzellen anzulocken, die das Virus bekämpfen könnten. Das gelingt ihm, indem es kleine Moleküle, sogenannte microRNAs, bildet, die verhindern, dass entsprechende Warnsignale entstehen.

Das von den englischen Virologen Michael Epstein und Yvonne M. Barr beschriebene Epstein-Barr-Virus (EBV) ist beim Menschen weit verbreitet, kann jedoch in den meisten Fällen vom Immunsystem in Schach gehalten werden. Allerdings gelingt es dem Körper aber auch nicht, den Erreger wieder los zu werden. Ein Forscherteam um Wolfgang Hammerschmidt versucht daher dem Virus auf die Schliche zu kommen.

Virus lässt Wirtszelle verstummen

EBV befällt oft B-Zellen, weiße Blutkörperchen, die Antikörper zur Infektionsabwehr bilden. Wenn EBV diese infiziert veranlasst es die Zellen zu einer höheren Teilungsrate, damit möglichst viele Viren produziert werden. Normalerweise setzen B-Zellen daraufhin Notrufe an das Immunsystem ab: Dazu scheiden sie Entzündungsbotenstoffe aus, mit denen sie Immunzellen anlocken und präsentieren auf ihrer Oberfläche Bruchstücke des Virus, um den Abwehrzellen zu zeigen, wie der Eindringling aussieht. Das ist natürlich nicht im Sinne von EBV. Deshalb bedient sich das Virus verschiedener Tricks, um zu verhindern, dass die infizierten Zellen das Immunsystem alarmieren. Das gelingt ihm indem es microRNAs bildet. Diese kurzen RNA Moleküle sind komplementär zu mRNAs der Wirtszelle, über die sie Proteine synthetisiert, um Immunzellen zu Hilfe zu rufen. Die microRNAs lagern sich an diese mRNAs an und verhindern so deren Prozessierung in der Proteinsynthesemachinerie.

Erkenntnisse auch für Krebsforschung relevant

Da EBV die Zellteilung der B-Zellen ankurbelt ist es auch für Krebserkrankungen verantwortlich. Deshalb könnten die neuen Erkenntnisse auch zur Entwicklung einer Krebstherapie genutzt werden. Dazu müsste man die microRNAs des Virus ausschalten. Vermutlich könnte das Immunsystem dann die B-Zelltumoren, die durch EBV hervorgerufen werden, besser bekämpfen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Helmholtz Zentrum München, 05. Oktober 2016

Originalpublikationen:

Tagawa, T. & Albanese, M. et al. (2016): Epstein-Barr Viral miRNAs Inhibit Antiviral CD4+ T Cell Responses Targeting IL-12 and Peptide Processing. Journal of Experimental Medicine, doi: 10.1084/jem.20160248

Albanese, M. & Tagawa, T. et al. (2016): Epstein-Barr virus miRNAs inhibit immune surveillance by virus-specific CD8+ T cells. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), doi: 10.1073/pnas.1605884113

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