Die meisten Weine werden aus nur etwa 20 verschiedenen Rebsorten gekeltert, von denen jede ihr ganz eigenes, charakteristisches Aroma besitzt. Hervorgerufen wird es durch die in den Trauben vorhandenen Terpene, einer vielfältigen Stoffklasse, zu der auch die Steroide Cholesterin, Androgen und Östrogen gehören. Ein Forscherteam hat jetzt zwei Enzyme entdeckt, die dafür verantwortlich sind, wie hoch die Menge der gebildeten Terpene – und damit die Intensität des Aromas – in den Weintrauben ist. Die Erkenntnisse könnten einen wichtigen Beitrag zur Verfeinerung von Rebsorten leisten.
Ob Chardonnay oder Sauvignon, Gewürztraminer oder Merlot: Jede dieser Rebsorten besticht durch ihr ganz eigenes Aromaprofil. Ob beim Weißwein fruchtige oder blumige Noten anklingen, ein Rotwein nach Muskat oder Beeren duftet hängt von dem jeweiligen Terpengemisch ab. Diese Verbindungen reichern sich mit zunehmender Reifung vor allem in der Schale der Weintrauben an. Wie viele Terpene gebildet werden, hängt von äußeren Faktoren, wie der Bodenbeschaffenheit und der Sonnenscheindauer ab.
Allerdings können die Terpene nur dann ihren Beitrag zur Ausprägung des Aromas leisten, wenn sie in freier Form vorliegen, wie Wilfried Schwab von der Technischen Universität München erklärt: „Im Stoffwechsel der Pflanze werden die Terpene biochemisch verändert – üblicherweise durch die Anlagerung von Zuckermolekülen ‚glykosyliert’. In dieser gebundenen Form sind die Terpene allerdings nicht mehr aromaaktiv.“ In Riesling-Trauben beispielsweise kommen nur etwa 20 Prozent der Terpene im freier Form vor.
Züchtung aromatischerer Rebsorten mit Hilfe eines weniger aktiven Enzyms
Das Forscherteam um Schwab hat den biochemischen Mechanismus der Terpen-Glykosylierung erforscht. Dabei haben sie zwei miteinander verwandte Enzyme entdeckt, die Zuckergruppen auf verschiedene Terpene übertragen. „Damit haben wir einen grundlegenden Mechanismus gefunden, der für die Züchtung neuer oder die Veredelung bekannter Rebsorten relevant sein könnte“, so Schwab.
Züchter könnten mit diesem Wissen gezielt solche Rebstöcke auswählen, deren genetische Ausstattung einen hohen Anteil an freien Terpenen verspricht – und die deshalb besonders aromatisch sind. „Eine wichtige Stellschraube sind dabei die Zucker-übertragenden Enzyme“, sagt Schwab. „Wenn die Pflanze wenig Enzym herstellt, bedeutet das zugleich eine geringe Aktivität. Die Folge: Die aromaaktiven Terpene reichern sich in der Weintraube an.“ Sobald die Genprofile der bekannten Rebsorten bestimmt wurden, können die neuen Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt werden.
Da Terpene auch in der Kosmetikindustrie zum Einsatz kommen, könnten die neu gewonnenen Erkenntnisse noch bei ganz anderen Anwendungen zum Einsatz kommen. So könnte man etwa auf Knopfdruck aktivierbare Aromen entwickeln. Dazu müsste man Duftstoffe auf Terpenbasis als Glykoside „verpacken“. Über den Einsatz von Zucker-abspaltenden Enzymen könnte man dann die Freisetzung der Aromen steuern, etwa, um einen möglichst lange wirkenden Deodorants zu erhalten.
Technische Universität München, 02.10.2014
Publikationen:
A UDP-Glucose:Monoterpenol Glucosyltransferase Adds to the Chemical Diversity of the Grapevine Metabolome, Friedericke Bönisch, Johanna Frotscher, Sarah Stanitzek, Ernst Rühl, Matthias Wüst, Oliver Bitz, and Wilfried Schwab, Plant Physiology, DOI: 10.1104/pp.113.232470
Activity-Based Profiling of a Physiologic Aglycone Library Reveals Sugar Acceptor Promiscuity of Family 1 UDP-Glucosyltransferases from Grape, Friedericke Bönisch, Johanna Frotscher, Sarah Stanitzek, Ernst Rühl, Matthias Wüst, Oliver Bitz, and Wilfried Schwab, Plant Physiology, DOI: 10.1104/pp.114.242578