Antioxidantien sind natürliche Nahrungsbestandteile, die Körperzellen vor gefährlichen Einflüssen schützen. Sie können freie Radikale neutralisieren, die meist durch Oxidation entstehen und für die Alterung von Zellen verantwortlich gemacht werden. Wie Wissenschaftler nun zeigen konnten, sind Fruchtfliegen dazu in der Lage diese Stoffe aufzuspüren. Dabei orientieren sich die Fliegen an Düften, die durch den mikrobiellen Abbau dieser Nahrungsbestandteile entstehen. Diese locken die Fliegen an, steigern ihren Appetit und lösen bei den Weibchen die Eiablage aus.
Hydroxyzimtsäuren sind sekundäre Pflanzenstoffe und gehören zu den wichtigsten natürlichen Antioxidantien in der Nahrung. Für Tiere, aber auch für uns Menschen sind Antioxidantien unverzichtbare Nahrungsbestandteile, denn sie schützen die Zellen und stärken das Immunsystem. Sie verhindern die Entstehung zu vieler freier Radikale, was zu oxidativem Stress führen kann. Leidet ein Organismus unter oxidativem Stress, können freie Radikale wichtige Bestandteile seiner Zellen schädigen und dadurch auch die Krankheitsanfälligkeit erhöhen. Bei Fruchtfliegen tritt oxidativer Stress etwa dann auf, wenn seine Nahrung mit Giftstoffen versetzt ist, die durch Mikroorganismen gebildet wurden.
Hydroxyzimtsäuren kommen vor allem in Früchten vor. Da Früchte der bevorzugte Ort für die Eiablage von Fruchtfliegen sind, haben sich Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena für diese Substanzen und ihre mögliche Wirkung auf die Fliegen besonders interessiert.
Fruchtfliegen können die Hydroxyzimtsäuren selbst nicht direkt riechen. Wenn diese Antioxidatien jedoch durch Hefen abgebaut werden setzten sie als Abbauprodukt Ethylphenole frei. Diese flüchtigen Substanzen aktivieren bei den Fliegen Geruchsneurone, die sich auf ihren Mundwerkzeugen, den sogenannten Maxillen, befinden.
Obwohl Fruchtfliegen die Antioxidantien selbst nicht direkt riechen können, sind die Ethylphenole für sie ein zuverlässiger Hinweise auf die Anwesenheit dieser wichtigen Nahrungsbestandteile. So wirkt sich denn auch die Wahrnehmung dieser Duftsignale direkt auf das Verhalten der Fliegen aus: Sie werden von den Duftquellen angelockt, nehmen dort vermehrt Nahrung auf und legen ihre Eier ab, wo Ethylphenole die Anwesenheit gesunder Antioxidantien verraten.
„Diese Form von stellvertretender Duftwahrnehmung ist kein Phänomen, das ausschließlich bei Insekten anzutreffen ist. Auch bei Menschen sind Düfte, die als angenehm oder lecker wahrgenommen werden, in der Tat wertvolle Hinweise auf gesunde oder gar lebensnotwendige Nahrungsinhaltstoffe, wie zum Beispiel essenzielle Aminosäuren, Fettsäuren und Vitamine“, erläutert Marcus Stensmyr, der die Untersuchungen in der Abteilung Evolutionäre Neuroethologie geleitet hat.
Die Ergebnisse sind ein weiteres Beispiel für einzelne Nervenleitungen, die vom Duftsignal über die Geruchsneurone und spezialisierte Rezeptoren einen grundlegenden Effekt auf das Verhalten der Fliegen haben. Die Nervenschaltung für Ethylphenole als Stellvertreter für wichtige Antioxidantien in der Nahrung zeigt eine weitere Facette des komplexen geruchsgesteuerten Verhaltens von Fruchtfliegen. Die Wissenschaftler werden jetzt versuchen, weitere solche Riechbahnen zu identifizieren, die für das Aufspüren wichtiger Nahrungsbestandteile wichtig sind und das Verhalten beeinflussen.
Max-Planck-Gesellschaft, 27. Januar 2015
Originalpublikation:
Dweck, H., Ebrahim, S. A. M., Farhan, A., Hansson, B. S., Stensmyr, M. C. Olfactory proxy detection of dietary antioxidants in Drosophila.
Current Biology, DOI: 10.1016/j.cub.2014.11.062