Wie Eosinophile Granulozyten die Krebsbekämpfung fördern

Mikroskopische Aufnahme eines Blutausstrichs: ein eosinophiler Granulozyt zwischen roten Blutkörperchen. © Bobjgalindo, Wikimedia Commons. CC BY-SA 4.0.

Mikroskopische Aufnahme eines Blutausstrichs: ein eosinophiler Granulozyt zwischen roten Blutkörperchen. © Bobjgalindo, Wikimedia Commons. CC BY-SA 4.0.

Viele Tumoren sind von besonderen Zellen der angeborenen Immunabwehr besiedelt, den sogenannten Eosinophilen. Schon lange rätseln Krebsforscher darüber, ob und wenn ja, wie diese Zellen an der Immunabwehr gegen Krebs beteiligt sind. Immunologen zeigen nun erstmals, dass die Eosinophilen tatsächlich die Krebsabwehr verbessern: Mit Lockstoffen rufen sie Killer-T-Zellen ins Tumorgewebe, die daraufhin die Krebszellen vernichten. Das Ergebnis könnte dabei helfen, wirksamere Immuntherapien gegen Krebs zu entwickeln.

In der Wissenschaft kann es manchmal lange dauern bis ein Rätsel gelöst wird: Bereits 1893 entdeckte der deutsche Chirurg G. Reinbach, dass Tumorgewebe häufig von bestimmten Immunzellen besiedelt ist, den Eosinophilen. Seitdem rätseln Wissenschaftler, ob diese zur angeborenen Abwehr zählenden Zellen an der Krebsbekämpfung beteiligt sind, und wenn ja, wie.

„Es gibt viele Studien, die die Anwesenheit der Eosinophilen im Tumor mit einer besseren Prognose der Krebserkrankung in Verbindung bringen. Aber ob Eosinophile tatsächlich selbst gegen den Tumor aktiv werden, wusste man auch 120 Jahre nach Reinbachs Entdeckung noch nicht“, sagt Günter Hämmerling vom Deutschen Krebsforschungszentrum.

Der Immunologe Hämmerling vermutete, dass Eosinophile im Tumor möglicherweise als Mittler wirken, die andere Immunzellen in das krankhaft veränderte Tumorgewebe locken und so die Krebsbekämpfung in Gang setzen. Diese Vermutung konnte Rafael Carretero aus Hämmerlings Abteilung nun durch seine Versuche bestätigen. Er fand heraus, dass Eosinophile chemische Lockstoffen ausschütten, die die Profi-Killer der körpereigenen Abwehr ins Krebsgewebe locken. Diese sogenannten CD8-T-Zellen zerstören schließlich die Tumorzellen.

Diesen Schluss legen Versuche bei Mäusen nahe: Denn Tiere, bei denen die Eosinophilen mit Antikörpern außer Gefecht gesetzt wurden, konnten Tumoren nur noch schlecht abwehren und erlagen dem Krebs schnell. Bei diesen Mäusen wanderten nur auffällig wenige CD8-Zellen in den Tumor ein. Dass es tatsächlich die von den Eosinophilen ausgeschiedenen Lockstoffe sind, die die T-Zellen anziehen, zeigte Carretero, indem er diese Botenstoffe mit Antikörpern neutralisierte. Unter diesen Bedingungen wanderten ebenfalls kaum T-Zellen in den Tumor ein. Ebenso wenig ließen sich T-Zellen in den Tumor locken, wenn die Forscher nicht-aktivierte Eosinophile, die keine Lockstoffe produzieren, auf die Mäuse übertrugen.

Ein Ansatz der modernen Krebsmedizin besteht darin, Krebs mit patienteneigenen Immunzellen zu behandeln, die zuvor in der Kulturschale gegen den Tumor scharfgemacht worden sind. Allerdings scheitern diese Behandlungen oft daran, dass nicht genügend T-Zellen in den Tumor einwandern, um diesen zu zerstören. Carretero und Kollegen untersuchten daher, ob Eosinophile die Ergebnisse solcher Immuntherapien verbessern können.

Während der alleinige Transfer von T-Zellen bei krebskranken Mäusen nur geringen Einfluss auf die Tumorgröße hatte, erreichten die Forscher durch die gemeinsame Gabe von T-Zellen und aktivierten Eosinophilen, dass sich der Krebs stark zurückbildete. Die Mäuse lebten deutlich länger als Artgenossen der Kontrollgruppe, die nur T-Zellen erhalten hatten. In weiteren Versuchen zeigten die Forscher, dass Eosinophile – in Abwesenheit von T-Zellen – die Krebsabwehr nicht alleine bewerkstelligen können.

Neben ihrer Anforderung von Unterstützung durch die Killerzellen üben die Eosinophilen noch weiteren Einfluss auf die direkte Umgebung des Tumors aus: Sie normalisierten die Blutgefäße im Tumor. Das hat zur Folge, dass die Tumorzellen, die einen extrem hohen Energiebedarf haben, weniger gut mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden. Was zusätzlich dazu beiträgt, den Krebs in seinem Wachstum zu beeinträchtigen.

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ),  10.06.2015

 

Originalpublikation:

Rafael Carretero, Ibrahim M Sektioglu, Natalio Garbi, Oscar C Salgado, Philipp Beckhove & Günter J Hämmerling: Eosinophils orchestrate cancer rejection by normalizing tumor vessels and enhancing infiltration of CD8-T cells. Nature Immunology 2015, DOI:10.1038/ni.3159

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