Ameisen putzen ihre Antennen mit Hilfe von winzigen „Borsten“, „Kämmen“ und „Bürsten“. Das haben Wissenschaftler durch ausgeklügelte mechanische Experimenten und das Filmen von Großaufnahmen ziegen können. Die dafür eingesetzten Nanostrukturen befinden sich an den Füßen der Tiere. Sie könnten Vorbild für entsprechende Reinigungsmechanismen in der Nanotechnologie sein.
Auch Insekten müssen sich regelmäßig putzen, um sauber zu bleiben. Denn mit von Dreck verkrusteten Antennen können die Tiere nichts mehr riechen. Sie müssen die feinen, empfindlichen Härchen auf ihren Antennen vom Schmutz befreien, um weiterhin ihre Nahrung aufzuspüren, mit Pheromonen markierten Pfaden zu folgen oder mit anderen Artgenossen zu kommunizieren. Deshalb verbringen Insekten viel Zeit damit sich zu putzen. Wer einmal eine Fliege beobachtet hat, wird dieses Verhalten der Tiere kennen. Doch bisher hatte noch niemand genauer untersucht, wie dieses Putzen bei Insekten genau vor sich geht.
Ein Forscherteam um Walter Federle an der Universität Cambridge in England hat sich dieser Frage nun angenommen und im Detail untersucht, wie Ameisen die unterschiedlichen Haare in ihrem Reinigungsapparat nutzen, um ihre Antennen vom Schmutz zu befreien.
„Insekten haben raffinierte Mechanismen entwickelt, mit denen sie sehr kleine, empfindliche Strukturen reinigen können. Wenn wir herausfinden, wie sie genau funktionieren, könnte das faszinierende Anwendungsmöglichkeiten in der Nanotechnologie eröffnen – wo die Kontamination winziger Teile, besonders bei elektronischen Apparaturen, eine große Herausforderung darstellt. Verschiedene Insekten verfügen über unterschiedliche Reinigungssysteme. Doch bisher hat sich niemand genau angesehen, wie sie im Detail mechanisch funktionieren.“ erklärt Hackmann, der im Labor von Walter Federle arbeitet.
Ameisen der Art Camponotus rufifemur besitzen ein besonderes Reinigungsystem an ihren Vorderbeinen, mir denen sie ihre Antennen putzen: Eine Kerbe und einen Vorsprung die jeweils mit verschiendenartigen Härchen besetzt sind. Sie ähneln in ihrem Aussehen winzigen Hummerscheren. Bei der Reinigungsbewegung wird die Antenne durch diese Vorrichtung gezogen, so dass die sich darauf befindenden Härchen, gleich einer „Büste“ und einem „Kamm“ die Schmutzpartikel entfernen.
Um herauszufinden, wie die verschiedenen Härchen wirken hat Hackmann akribisch eine experimentelle Anordnung entwickelt, mit der er die Bewegungen der Ameise rekonstruieren und die Antenne durch die Reinigungsstruktur ziehen konnte. Das war nur mit Hilfe eines starken Mikroskops möglich. So konnte er den Reinigungsprozess in Großaufnahme filmen und die Effizienz der Härchen mit Hilfe von fluoreszierenden Partikelchen messen. Wie er heraus fand erfüllen die drei verschiedenen Härchenansammlungen unterschiedliche Aufgaben. Die dreckige Oberfläche der Antenne kommt zuerst mit den Borsten (in der Abbildung rot dargestellt) in Kontakt. Sie entfernen die gröbsten Partikel. Dann wird sie am Kamm vorbei gezogen (in der Abbildung blau), mit der kleinere Schmutzteilchen entfernt werden, die sich in den Härchen des „Kammes“ verfangen. Zum Schluss wird sie noch durch die Bürste gezogen (in der Abbildung grün), wodurch auch noch die allerkleinsten Schmutzpartikel abgestreift werden.
„Während die „Borsten“ und der „Kamm“ größere Partikel mechanisch abstreifen scheint die „Bürste“ die kleineren Teilchen von der Antenne durch Adhäsion abzuziehen.“ sagt Hackmann.
Die Härchen von „Borsten“ und „Kamm“ sind abgerundet und relativ starr. Wogegen die der „Bürste“ flach, flexibel und dicht nebeneinander angeordnet sind – was die Oberfläche des Bereichs erhöht, mit dem die Schmutzpartikel in Kontakt kommen, so dass diese schließlich an den Härchen hängen bleiben. Bisher wissen die Forscher noch nicht, was die „Bürstenhärchen“ so klebrig macht. Sie können sich jedoch vorstellen, dass dies durch elektrostatische Kräfte, ein klebriges Sekret oder eine Kombination beider Faktoren zustande kommt.
„Durch die Anordnung von „Borsten“, „Kamm“ und „Bürste“ arbeitet die Reinigungsstruktur wie ein Partikelfilter, der mit einem Streich unterschiedlich große Schmutzteilchen entfernen kann.“ sagt Hackmann. „Die moderne Nanofabrikation ist mit ähnlichen Problemen der Oberflächenkontamination konfrontiert, weshalb zur Herstellung von Mikroapparaten eine teure Reinraumtechnik notwendig ist. Wir hoffen, dass ein Verständnis des biologischen Systems zur Entwicklung von Reinigungssystemen führen wird, die sowohl im Mikro- wie im Nanobereich funktionieren.“
University of Cambridge, England, 27 Juli 2015
Video zu den Experimenten:
Originalpublikation:
Alexander Hackmann, Henry Delacave, Adam Robinson, David Labonte, Walter Federle. Functional morphology and efficiency of the antenna cleaner in Camponotus rufifemur ants. Open Science; 22 July 2015. DOI: 10.1098/rsos.150129