Hepatitis A-Virus stammt ursprünglich von Kleinsäugern

Wanderratten sind weltweite Kulturfolger des Menschen. © Hans-Jörg Hellwig. CC BY-SA 3.0

Wanderratten sind weltweite Kulturfolger des Menschen. Sie gehören zu den kleinen Nagetieren in denen sich das Hepatitis A-Virus ursprünglich entwickelt haben könnte. © Hans-Jörg Hellwig. CC BY-SA 3.0

Das Hepatitis A-Virus kann akute Leberentzündungen auslösen, die bei kleinen Kindern meist milde verlaufen, bei Erwachsenen jedoch gefährlich werden können. Das weltweit verbreitete Virus galt bisher als rein humaner Erreger, der allenfalls vereinzelt in Affen vorkommt. Ein internationales Forscherteam hat nun in einer umfangreichen Studie herausgefunden, dass das Hepatitis A-Virus, wie etwa auch HIV oder Ebola, tierischen Ursprungs ist. Dazu analysierten die Forscher rund 16.000 Proben von Kleinsäugern aus verschiedenen Erdteilen.

Eine Infektion mit dem Hepatitis A-Virus kann eine akute Entzündung der Leber auslösen. Bei Kindern verläuft sie meist ohne Symptome und heilt ohne größere Komplikationen aus. „In den Tropen sind fast alle kleineren Kinder mit dem Hepatitis A-Virus infiziert und fortan gegen diese Erkrankung immun“, erklärt Jan Felix Drexler vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Bonn und vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Infizieren sich dagegen Erwachsene mit dem Hepatitis A-Virus, können die Symptome wesentlich gravierender sein – bis hin zu einer Erkrankung mit tödlichem Ausgang. Bisher wurde das Virus nur beim Menschen und wenigen Primaten nachgewiesen. Seine Ursprünge lagen im Dunklen.

Rund 16.000 Proben aus 209 verschiedenen Kleinsäugerarten

Das internationale Forscherteam fahndete weltweit nach Hepatitis A-verwandten Viren. Dazu sammelte es insgesamt 15.987 Proben von 209 verschiedenen Kleinsäugerarten: von Nagern und Spitzmäusen über Fledermäuse bis hin zum Igel. Die von den Forschern bei diesen Säugetieren entdeckten Viren ähneln massiv dem menschlichen Hepatitis A-Virus. Sie verfügen über vergleichbare genetischen Eigenschaften, Proteinstrukturen, lösen bei befallenen Tieren die gleiche Immunantwort aus und führen zu einem analogen Infektionsmuster. „Das scheinbar rein humane Virus ist also höchst wahrscheinlich tierischen Ursprungs“, sagt Drexler. Die Studie veranschaulicht darüber hinaus, wie eine bessere Risikobewertung neuartiger Viren durch genaue Untersuchungen phylogenetischer, ökologischer und pathologischer Muster erreicht werden kann.

Die evolutionsbiologischen Untersuchungen der Wissenschaftler erlauben sogar noch einen weiteren Blick zurück in die Geschichte der Entwicklung des Hepatitis A-Viren: Es könnte auf Insektenviren zurückgehen. „Möglicherweise haben vor Millionen von Jahren Insektenviren insektenfressende Kleinsäuger infiziert, in denen sich dann die Vorläufer des Hepatitis A-Virus entwickelten“, sagt der Virologe.

Kleinsäugetiere tragen zur Erhaltung des Hepatitis A-Virus bei

Der Forscher geht davon aus, dass die kleinen Säugetiere wichtige Wirte für die Erhaltung und Evolution der Viren sind. „Sonst müsste das Hepatitis A-Virus durch die gute Immunisierung der einmal Infizierten in den früher vorkommenden kleinen menschlichen Gruppen eigentlich längst ausgestorben sein“, argumentiert Drexler. Patienten müssten sich jedoch keine Sorgen machen, dass sie sich bei Fledermäusen oder Igeln mit dem Hepatitis A-Virus anstecken können. „Es ist sicherlich schon sehr lange her, dass sich Menschen erstmals mit dem Hepatitis A-Vorläufervirus von Tieren infizierten – außerdem sind solche Ereignisse sehr selten“, erklärt der Virologe.

Universität Bonn, 03.11.2015

 

Originalpublikation:

Evolutionary origins of hepatitis A virus in small mammals, Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS), DOI: 10.1073/pnas.1516992112

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