Tigermücken sind ursprünglich in Afrika und Asien beheimatet. Im Zuge der Klimaerwärmung und der Globalisierung breiten sie sich jedoch zunehmend auch im Mittelmeerraum aus – und mit ihnen der Erreger des Dengue-Fiebers. Bislang gibt es noch keinen Antikörpertest, mit dem das Virus eindeutig nachgewiesen werden kann. Nun haben Forscher einen solchen Test entwickelt und schaffen damit eine Möglichkeit, Dengue kostengünstig und zuverlässig zu diagnostizieren.
Bsssss, dringt in unsere Ohren. Mücken sind nervig und können uns den Schlaf rauben. Doch das ist noch das geringste Über, das sie mit sich bringen: Denn manche von ihnen können auch ernstzunehmende Krankheiten übertragen – etwa Dengue-Fieber. Weltweit kostet diese Erkrankung jährlich rund 20.000 Menschen das Leben. Betroffen sind vor allem tropische Regionen wie Afrika und Asien. Doch durch die Klimaerwärmung und die Globalisierung haben die Tigermücken inzwischen auch die Mittelmeerländer als Lebensraum für sich erschlossen. In Südfrankreich und Kroatien haben sich bereits einige Menschen mit dem Virus infiziert.
Doch bisher ist es schwierig zu unterscheiden, ob sich im Blut eines Patienten wirklich Dengue-Viren befinden – oder ob es sich um den Erreger des Gelbfiebers, das West-Nil-Virus oder das FSME-Virus (Frühsommer-Meningoenzephalitis) handelt. All diese Krankheiten werden durch Flavi-Viren verursacht. Die können zwar mit herkömmlichen Tests nachgewiesen werden. Doch unterscheiden, um welches dieser Viren es sich tatsächlich handelt kann man mit ihnen nicht. Um eine zuverlässige Aussage treffen zu können, muss man die Blutprobe des Patienten in ein Hochsicherheitslabor schicken, um es dort untersuchen zu lassen. In jedem Land gibt es jedoch nur eine Handvoll solcher Labore. So sind nur Stichproben möglich. Zudem ist die Untersuchung teuer und damit für Entwicklungsländer meist unerschwinglich.
Neuer Antikörpertest unterscheidet zwischen Dengue und anderen Flavi-Viren
»Wir haben erstmals einen Antikörper-Nachweis von Dengue-Infektionen entwickelt, der zwischen Dengue und anderen Flaviviren unterscheiden kann«, sagt Sebastian Ulbert vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie. »Da unser Test auch auf dem Nachweis von Antikörpern basiert, ist er ebenso kostengünstig und einfach durchzuführen wie handelsübliche Varianten.« So lässt sich der neue Antikörpertest ohne Mehraufwand für die Hersteller einfach in bestehende Testverfahren integrieren.
Herkömmliche Antikörpertests laufen folgendermaßen ab: Der Arzt nimmt dem Patienten Blut ab: Ist der Patient mit dem Dengue-Virus infiziert, hat der Körper spezifische Antikörper gegen den Eindringling gebildet, die im Blut schwimmen. Wird das Blut auf eine Testplattform mit Dengue-Antigenen gegeben, so fangen diese die Antikörper gezielt heraus. Finden sich nach einer gewissen Einwirkzeit Antikörper auf der Plattform, bedeutet dies, dass der Patient vom Dengue-Virus infiziert wurde. Das Problem dabei: Zwar binden die Antikörper nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an die Antigene. Doch tun sie dies meist an einer Stelle, die bei allen Flavi-Viren identisch ist. Deshalb lässt sich mit diesen Tests nicht zweifelsfrei bestimmen, ob ein Patient mit Dengue-Viren infiziert ist.
Deshlab haben sich die Forscher bei der Entwicklung ihrer Antikörper eines Tricks bedient: Sie stellten Dengue-Antigene her, bei denen die Regionen, die bei allen Flavi-Viren gleich sind fehlten. So konnten sie Antikörper gewinnen, die nur die für das Dengue-Virus spezifischen Bereiche erkennen. Ist ein Test mit diesen Antikörpern positiv, so weiß man mit hundertprozentiger Sicherheit, dass der Patient vom Dengue-Virus befallen wurde.*
Künftig sollen alle vier Virenvarianten unterscheiden werden
Der Bedarf für ein solches System ist enorm: Dengue gehört zu einer der weltweit am weitesten verbreiteten Krankheiten, deren Fallzahlen darüber hinaus ständig zunehmen. Rund zwei Drittel aller Menschen leben in Dengue-gefährdeten Gebieten. In etwa einem Jahr, so hoffen die Forscher, könnte der Test auf den Markt kommen. In einem weiteren Schritt arbeiten die Wissenschaftler daran, auch die vier verschiedenen Arten des Dengue-Erregers unterscheiden zu können. Das kann durchaus wichtig sein. Denn hat man eine Dengue-Infektion überstanden, ist man zwar gegen diesen einen Erreger immun. Was die drei anderen Dengue-Arten angeht, steigt das Risiko jedoch: Denn die Antikörper, die der Betroffene während der ersten Infektion gebildet hat, helfen den Viren, sich zu vermehren und lassen die Krankheit deutlich schwerwiegender verlaufen. »Theoretisch ist es mit unserem Nachweissystem möglich, die vier Virenformen zu unterscheiden«, sagt Ulbert. »Dies wollen wir nun auch praktisch umsetzen.«
Fakten zur Tigermücke
- Die Tigermücke überträgt Krankheiten wie das Dengue-Fieber, das West-Nil-Virus und das Chikungunya-Fieber.
- 1990 wurde sie in gebrauchten Reifen auf einem Transportschiff von Georgia (USA) nach Genua in Italien verschleppt. Sie wurde in fast ganz Italien heimisch und verbreitete sich auch im Mittelmeerraum.
- Im August 2014 wurde ein Exemplar am Waldsee in Freiburg im Breisgau und bei nachfolgenden Untersuchungen auch Larven, Puppen und Eier entdeckt. Damit wurden in Deutschland erstmals alle Entwicklungsstadien außerhalb der Flugdistanz zu Autobahnen festgestellt.
- In Deutschland werden bis zu 600 Dengue-Patienten jährlich gemeldet. Angesteckt haben sie sich aber ausschließlich im Ausland.
Frauenhofer Gesellschaft, 4.1.2016
*Tatsächlich handelt es sich bei diesem Nachweisverfahren um einen indirekten Nachweis der Dengue-Viren: Denn es werden nur die gegen das Virus gerichteten Antikörper nachgewiesen. Auch Menschen, die vor längerer Zeit an Dengue erkrankt sind können noch eine geringe Menge an gegen das Virus gerichteten Antikörpern in ihrem Blut haben, ohne akut unter der Krankheit zu leiden.