Mit einer Flüssigbiopsie Krebsspuren im Blut verfolgen

© Graham Beards, CC BY-SA 3.0. Wikimedia Commons.

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Die Flüssigbiopsie könnte eine gute Alternative zur frühen Therapiekontrolle bei Lungenkrebspatienten darstellen, wie Forscher nun in einer ersten Studie belegen. Durch einen Vergleich der Flüssigbiopsie mit den klinischen Daten der Patienten konnten die Forscher früh erkennen, wie effektiv die Krebsmedikamente gegen die Tumoren wirkten.

Bevor ein Arzt eine Krebserkrankung gezielt mit spezifischen Medikamenten therapieren kann, muss er wissen welche Erbgutveränderungen im Tumor vorliegen. Dazu entnimmt er eine Gewebeprobe (Biopsie) und analysiert deren DNA. Je nachdem, welche Mutationen sich darin befinden wählt er eine passende Therapie aus.

Die konventionelle Biopsie gilt zwar immer noch als Goldstandard, doch sie hat auch ihre Schwachpunkte: Die durch sie erfassten Erbgutmutationen verändern sich im Lauf der Zeit unter dem selektiven Druck der Tumortherapie. Da die Probeentnahme relativ riskant und aufwändig ist, kann der Therapieerfolg nicht ständig überwacht werden.

Als Alternative könnte hier die Flüssigbiopsie zum Einsatz kommen. Sie macht sich die Tatsache zunutze, dass die DNA von absterbenden Zellen ins Blut gelangt. Diese sogenannte zirkulierende freie DNA, kurz cfDNA, stammt von Tumorzellen, die nach der Therapie abgestorben sind. Die in ihrem Erbgut vorhandenen Mutationen lassen sich aus einer Blutprobe mittels PCR und nachfolgender Sequenzierung identifizieren. Diese Methode ist für den Patienten wesentlich schonender, als eine herkömmliche Biopsie. Denn bei ihr wird lediglich eine Blutprobe entnommen.

Ein Forscherteam von der Thoraxklinik Heidelberg und vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) wollte herausfinden, ob die Flüssigbiopsie genauso empfindlich und zuverlässig ist, wie eine Gewebeprobe und ob die gewonnenen klinischen Informationen genauso aussagekräftig sind. Dazu beobachteten sie 16 Lungenkrebspatienten, deren Tumoren alle den Forschern bekannte Mutationen aufwiesen und die mit einem Tyrosinkinasehemmer behandelt wurden. Über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren entnahmen die Forscher den Patienten regelmäßig Blutproben, aus denen sie die DNA isolierten und die Mutationen bestimmten. Anschließend suchten sie mit Hilfe eines Computerprogramms nach cfDNA und verglichen die Zahl der nachgewiesenen Mutationen mit den klinischen Daten der Patienten.

„Wir wollten testen, ob es überhaupt möglich ist, Mutationsveränderungen im (Blut-)Plasma im zeitlichen Verlauf zu identifizieren, und ob wir diese mit klinischen Parametern in Beziehung setzen können“, erklärt Professor Holger Sültmann, Leiter der Arbeitsgruppe Krebsgenomforschung am DKFZ.

Ergebnisse der Flüssigbiopsie erlauben zuverlässige Kontrolle des Therapieerfolgs

Die Forscher konnten mit Hilfe der Flüssigbiopsie beobachten, wie sich die Zahl der Mutationen mit dem klinischen Verlauf der Erkrankung veränderte. So nahm etwa bei einem Patienten gleich zu Beginn der Therapie die Menge mutierter cfDNA im Blutplasma drastisch und unmittelbar (innerhalb der ersten 26 Stunden) zu. Das deutet auf eine große Zahl abgestorbener Krebszellen hin und lässt vermuten, dass die Therapie gut anschlug. Doch kurz darauf sank dieser Spitzenwert wieder ab. Demnach entfaltete die Therapie ihre größte Wirkung in den ersten Behandlungstagen. „Das zeigt, dass wir zum Therapiebeginn besonders genau überwachen müssen“, bemerkte Sültmann.

War die Erkrankung dagegen unter Kontrolle und der Tumor vergrößerte sich nicht, so fanden die Forscher auch nur wenig oder gar keine cfDNA im Blutplasma. Bei Patienten, deren Tumor zurückgekehrt war und die kurz darauf verstarben, stieg jedoch die cfDNA-Konzentration in kurzer Zeit massiv an. Teilweise erfolgte dieser Anstieg sogar noch vor dem Auftreten klinischer Symptome.

Diese Ergebnisse belegen, dass die Flüssigbiopsie durchaus empfindlich genug ist, um Tumorveränderungen in Echtzeit verfolgen zu können. Das ist nur möglich, weil aufgrund der einfachen Probeentnahme öfter Biopsien entnommen werden können, als mit dem gängigen Standardverfahren. Die so gewonnenen zusätzlichen Informationen könnten es Klinikern erlauben, früher als bisher die Therapie an den Zustand des Patienten anzupassen. Da die neue Methode jedoch bisher nur an 16 Patienten getestet wurde, ist es noch zu früh für eine generelle Beurteilung der Flüssigbiopsie: „Dies ist zunächst ein ‚Proof of Concept‘, mit der wir zeigen konnten, dass die neue Methode tatsächlich funktioniert. Wir werden jetzt systematisch cfDNA sammeln und messen, um zu erkunden, was die Liquid Biopsy unter diesen Umständen tatsächlich zu leisten vermag, und wie sie dabei helfen kann, das Fortschreiten von Lungenkrebs unter Therapie noch besser zu verstehen.“

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), 20. September 2016

Originalpublikation:

Riediger AL, Dietz S, Schirmer U, Meister M, Heinzmann-Groth I, Schneider M, Muley T, Thomas M, Sültmann H. Mutation analysis of circulating plasma DNA to determine response to EGFR tyrosine kinase inhibitor therapy of lung adenocarcinoma patients. Sci Rep. 2016 Sep 19;6:33505. doi: 10.1038/srep33505.

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