MERS: gefährliche Krankheit mit zum Glück niedrigem Pandemiepotential

Dromedar mit Fohlen. © Garrondo. CC BY-SA 3.0

Dromedar mit Fohlen. © Garrondo. CC BY-SA 3.0

Das MERS-Coronavirus hat sich von der Arabischen Halbinsel aus inzwischen auch bis nach Europa ausgebreitet. Bisher hat es insgesamt mehrere Hundert Menschenleben gefordert. Dabei war nach wie vor unklar, wie leicht der Erreger übertragbar ist. Ein internationales Forscherteam kam nun zu dem Ergebnis, dass die menschliche Ansteckungsrate gering ist. Die Wissenschaftler können jedoch keine Entwarnung geben, da die Krankheit selbst sehr gefährlich ist: Ein Drittel der Patienten mit MERS-Symptomen stirbt an der Infektion.

Das „Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus“ (MERS-CoV) wurde erstmals 2012 auf der arabischenHalbinsel nachgewiesen und breitete sich von dort unter anderem über Europa und Nordafrika aus. Symptomatisch Erkrankte bekommen eine schwere virale Lungenentzündung. Bisher sind mindestens 856 Krankheitsfälle bekannt, von denen 241 Menschen an den Folgen der Infektion starben. Wissenschaftler rätseln darüber, wie ansteckend die Erkrankung und wie hoch die Dunkelziffer nicht erkannter Infizierter ist. Bislang gab es dazu nur theoretische Hochrechnungen.

Nun ist es einem internationale Wissenschaftlerteam unter Federführung von Prof. Christian Drosten vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Bonn gelungen, die Infektionsraten direkt zu bestimmen. „Die Übertragbarkeit des Virus und die Dunkelziffer sind gering“, fasst Prof. Drosten das Ergebnis zusammen. In Saudi-Arabien untersuchten die Forscher wie sich die Krankheit im Haushalt von Patienten weiter ausbreitet. Insgesamt wurden 280 Menschen untersucht, die in den Haushalten von 26 Infizierten leben. Von den 280 Personen, die Kontakt mit den 26 Infizierten hatten steckten sich nur insgesamt zwölf Personen mit MERS an, das entspricht vier Prozent. Auf zwei Infizierte kommt also Im Schnitt eine weitere Person sie sich ansteckt. „Da jeder Infizierte deutlich weniger als einen weiteren Menschen ansteckte, ist davon auszugehen, dass das MERS-Virus keine Pandemie hervorrufen wird“, folgert der Virologe. Eine schnelle Ausbreitung einer Krankheit ist jedoch nur zu erwarten, wenn jeder Infizierte mehrere andere Menschen ansteckt.

Dromedare stellen weitere Infektionsquelle dar

Die Wissenschaftler können aber trotzdem keine Entwarnung geben: „Auch wenn die Übertragungsrate gering ist: Die MERS-Infektion ist sehr gefährlich, rund ein Drittel der Patienten mit MERS-Symptomen stirbt an den Folgen der Infektion“, sagt Prof. Drosten. Neben der Ansteckung von Mensch zu Mensch gibt es noch eine weitere wichtige Quelle: Wie ein Forscherteam um Prof. Drosten bereits vor einem Jahr herausfand, sind möglicherweise Dromedare an der Virusübertragung beteiligt. Die Tiere sind im Mittleren Osten weit verbreitet und könnten durch ihren engen Kontakt mit dem Menschen für einen Teil der menschlichen Erkrankungen verantwortlich sein.

Für diese These spricht nach Ansicht des Virologen, dass im Frühjahr die MERS-Infektionsraten deutlich ansteigen. Zu dieser Zeit kommen viele Kamelfohlen zur Welt, und die einjährigen Tiere werden von ihren Muttertieren getrennt und zusammengetrieben. Diese Arbeit mit den Tieren stellt ein erhöhtes Ansteckungsrisiko dar. „Eine Infektion von Tier zu Tier und dann auf den Menschen zu unterbinden, ist nicht einfach“, sagt Prof. Drosten. Eine Möglichkeit die Übertragung von MERS vom Kamel auf den Menschen zu unterbinden bestünde in einer MERS-Impfung für Kamele. In dem weitläufigen Land, in dem viele Menschen noch als Nomaden leben würde eine komplette Durchimpfung jedoch eine logistische Herausforderung darstellen.

Neuer serologischer Test zum Nachweis von MERS-Infektion entwickelt

Den Virologen gelang auch erstmals die Entwicklung einer zuverläassigen Methode zum Nachweis einer MERS-Infektion. Sie basiert auf der Bestimmung von Antikörpern im Blut der Infizierten. Demnächst soll der neue Test durch eine deutsche Firma vertrieben werden und dann allen Ärzten zur Verfügung stehen. Der Zugang zu den Familien der Infizierten in dem arabischen Land war für das internationale Forscherteam aus Deutschland, Saudi-Arabien, den Niederlanden und England eine große Herausforderung. Dr. Ziad Memish, zum Zeitpunkt der Studie stellvertretender Gesundheitsminister in Saudi-Arabien und Mitautor der Publikation, hat viel dazu beigetragen, die Menschen davon zu überzeugen, an der Studie teilzunehmen und sich auf eine MERS-Infektion testen zu lassen.

Universität Bonn

 

Publikation: Transmission of MERS-Coronavirus in Household Contacts, The New England Journal of Medicine, DOI: 10.1056/NEJMoa1405858.

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