Defekter Kit-Rezeptor verhindert Blutzell-Reifung

Kit-Rezeptor mit gebundenem Wachstumsfaktor. © public domain.

Kit-Rezeptor mit gebundenem Wachstumsfaktor. © public domain.

Eine Mutation im so genannten Kit-Rezeptor hat normalerweise zur Folge, dass sich die betroffenen Zellen ungebremst teilen. Bei der Blutzell-Reifung hingegen bewirkt der Defekt genau das Gegenteil: Es werden weniger reife rote Blutkörperchen gebildet. Wissenschaftler haben diesen Widerspruch nun aufklären können. Demnach führt der Kit-Defekt zwar dazu, dass sich die Blutzell-Vorläufer stark vermehren; diese Vorläuferzellen reifen aber nicht zu funktionsfähigen roten Blutkörperchen aus, sondern sterben vorher ab.

Der Kit-Rezeptor ist ein wichtiger Regulator der Zellteilung. Führt eine Mutation zu seiner unkontrollierten Aktivierung, so vermehrt sich die betroffene Zelle unter Umständen ungebremst. Mögliche Folge: Krebs. Viele Hoden- und Magentumore haben ihre Ursache in einer Kit-Mutation. Kit reguliert auch die Vermehrung von Blut-Vorläuferzellen. Allerdings hat ein Kit-Defekt dort eine andere Wirkung: es entstehen kaum noch funktionsfähige rote Blutkörperchen. Woran liegt das?

Forscher des Universitätsklinikums Bonn sind dieser Frage nachgegangen. Dazu haben sie die Auswirkung des Kit-Defektes auf das blutbildende System von Mäuse-Föten untersucht. Wird Kit stimuliert, führt das normalerweise zu einer Vermehrung der Blut-Stammzellen. Diese reifen dann in einem komplizierten Prozess zu roten Blutkörperchen heran. Dieser Reifungsprozess wird durch den Botenstoff Erythropoetin angeregt, der vielen unter seiner Abkürzung Epo geläufig ist: Epo ist ein beliebtes Dopingmittel, da es die Sauerstoff-Versorgung der Muskeln verbessert und so leistungsfördernd wirkt.

Der Kit-Rezeptor scheint in einen Signalweg einzugreifen, über den auch die Epo-Signale vermittelt werden. „Normalerweise ist das nicht schlimm, da nach der Vermehrung der Blut-Vorläuferzellen die Kit-Aktivität gedrosselt wird“, erklärt Hubert Schorle vom Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Bonn. Der defekte Kit-Rezeptor lässt sich aber nicht ausbremsen. Er ist permanent aktiv und unterdrückt so die Reaktion der Zellen auf Epo. Folge: Die Vorläuferzellen reifen nicht aus.

Krebsmedikament kann Reifung roter Blutkörperchen bewirken

Seit einigen Jahren ist ein Wirkstoff gegen Krebserkrankungen verfügbar, die durch einen Kit-Defekt ausgelöst werden. Die Substanz namens Dasatinib kann zwar nicht die dauerhafte Aktivierung des Kit-Rezeptors verhindern. Sie kann aber die Signalwege bremsen, die durch den Rezeptor angeregt werden. Dadurch kann Dasatinib eine unkontrollierte Zellvermehrung verhindern.

Das Krebsmedikament könnte sich auch zur Therapie von Blutreifungsstörungen eignen, deren Ursache in einem Kit-Defekt liegt. „Wenn wir Dasatinib zu den kranken Blut-Vorläuferzellen gaben, vermehrten diese sich einerseits nicht mehr so rasch“, sagt Hubert Schorle. „Zugleich wurde die Blockade ihres Reifeprozesses aufgehoben, so dass wieder mehr rote Blutkörperchen entstanden.“ Ob sich Dasatinib wirklich für den klinischen Einsatz eignet, muss allerdings noch genauer untersucht werden.

Universität Bonn, 17.10.2014

 

Publikation: N. Haas, T. Riedt, Z. Labbaf, K. Baßler, D. Gergis, H. Fröhlich, I. Gütgemann, V. Janzen and H. Schorle: Kit transduced signals counteract erythroid maturation by MAPK-dependent modulation of erythropoietin signaling and apoptosis induction in mouse fetal liver; Cell Death and Differentiation (2014); doi: 10.1038/cdd.2014.172

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