Mathematik trifft Immunabwehr: Modell hilft Gleichgewicht regulatorischer Immunzellen zu verstehen

Regulatorische T-Zellen sind wichtige Kontrolleure des Immunsystems. Mit einem mathematischen Modell haben HZI-Wissenschaftler nun ihre quantitative Verteilung in verschiedenen Organen beschrieben. © HZI / Rohde

Regulatorische T-Zellen sind wichtige Kontrolleure des Immunsystems. Mit einem mathematischen Modell haben HZI-Wissenschaftler nun ihre quantitative Verteilung in verschiedenen Organen beschrieben. © HZI / Rohde

Regulatorische T-Zellen erfüllen wichtige Kontrollaufgaben, indem sie unerwünschte Aktivitäten des Immunsystems verhindern. Sie können ihre Wirkung jedoch nur dann effektiv entfalten, wenn sie in optimaler Anzahl zum erforderlichen Zeitpunkt am richtigen Ort vorhanden sind. Forscher konnten nun ein mathematisches Modell entwickeln, mit dem sich das Gleichgewicht dieser sogenannten Tregs in unterschiedlichen Immunorganen beschreiben läßt. 

Im gesunden Organismus verhindern Tregs Autoimmunreaktionen, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen wendet und diese als fremd betrachtet und angreift. „Man könnte die regulatorischen T-Zellen als die Blauhelmsoldaten des Immunsystems bezeichnen“, sagt Jochen Hühn vom Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig. In diesem Fall gilt jedoch das Prinzip „viel hilft viel“ nicht: Gibt es nämlich zu viele Tregs, so unterdrücken sie notwendige und erwünschte Immunreaktionen gegen Krankheitserreger oder Tumore. Das richtige Gleichgewicht ist also entscheidend für ein funktionierendes Immunsystem.

„Um herauszufinden, wie die Balance gehalten wird, muss man die Anzahl der Tregs in verschiedenen Organen kennen und verstehen, wie diese Zahl kontrolliert wird“, sagt Jochen Hühn. Basierend auf ihren experimentellen Daten entwickelte Jochen Hühn gemeinsam mit dem Leiter der Abteilung „System-Immunologie“ am HZI, Michael Meyer-Hermann, ein mathematisches Modell, das diese komplexen Prozesse beschreibt und erste quantitative Aussagen zur Entstehung der Tregs erlaubt.

„Wir versuchen mit mathematischen Modellen den Einfluss verschiedener Faktoren auf das gesamte Immunsystem zu beschreiben“, sagt Michael Meyer-Hermann. „In diesem Fall ging es darum, ein Modell zu erstellen, das die Situation in verschiedenen Organen gleichzeitig in Betracht zieht“. Das entstandene Multiorgan-Modell hilft den Wissenschaftlern dabei, Voraussagen darüber zu treffen, welche Komponenten für die Regulation der Tregs im Körper wichtig sind.

„Wenn man diese Komponenten kennt, hat man automatisch neue Ansatzpunkte für die Suche nach Therapiemöglichkeiten“, sagt Michael Meyer-Hermann. Vor allem ermöglicht es das mathematische Modell den Forschern ihre Experimente zielgerichteter zu gestalten. „Wenn wir die Vorhersagen kennen, wissen wir ganz einfach besser, wo genau wir mit unserer Suche ansetzen müssen“, erklärt Jochen Hühn.

Mit Experimenten wollen die Wissenschaftler nun herauszufinden, welcher Teil der Regulation bei kranken Menschen nicht so funktioniert wie bei gesunden. Das könnte langfristig zu neuen Therapieansätzen führen. „Diese hätten wir dann zu einem großen Teil der engen Zusammenarbeit zwischen Mathematikern und Immunologen zu verdanken“, sagt Jochen Hühn.

Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung, 22.10.2014

 

Originalpublikation:

P. Milanez-Almeida, M. Meyer-Hermann, A. Toker, S. Khailaie, J. Huehn. Foxp3+ regulatory T-cell homeostasis quantitatively differs in murine peripheral lymph nodes and Spleen. European Journal of Immunology, 2014, DOI: 10.1002/eji.201444480

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