Neu entdeckte Fettsäuren schützen vor Diabetes und Entzündungen

© Library reference: Science Museum 1999-0276. Photo number: L0060083. CC BY 4.0.

Obwohl die Mäuse übergewichtig sind haben sie Blutzucker- und Insulinwerte, wie ihre schlanken, gesunden Verwandten.© Library reference: Science Museum 1999-0276. Photo number: L0060083. CC BY 4.0.

Im Fettgewebe von Diabetes-resistenten Mäusen haben Wissenschaftler einen neuen Typ von Fettsäuren entdeckt. Er soll die Mäuse vor Diabetes schützen. Wenn die Wissenschaftler diese Fettsäuren diabetischen Mäusen zum Fressen gaben sank deren Blutzuckerspiegel bei einem gleichzeitigen Anstieg des Insulinspiegels. Auch den Menschen könnten diese Fettsäuren vor Diabetes schützen. Patienten mit einem hohen Risiko Diabetes zu entwickeln hatten einen niedrigeren Spiegel dieser Fettsäuren im Blut, als gesunde Kontrollpersonen. Darüber hinaus sollen diese Fettsäuren Entzündungsreaktionen verhindern. Laut den Wissenschaftlern könnten diese Fettsäuren neue Therapiemöglichkeiten gegen Stoffwechselerkrankungen und Autoimmunerkrankungen eröffnen.

Fettsäure ist nicht gleich Fettsäure. Manche von ihnen sind gesund, wie etwa die mehrfach gesättigten Fettsäuren, die in vielen pflanzlichen Ölen vorkommen. Manche sind sogar essentiell, wie die Omega-6- und die Omega-3-Fettsäuren, weil wir sie nicht selbst bilden können. Andere, wie die gesättigten Fettsäuren sind in zu großer Menge genossen ungesund. Besonders gilt dies für die Trans-Fettsäuren, die in industriell hergestellten Fetten überwiegen und mit einem erhöhten Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sind. Die neu entdeckten Fettsäuren, kurz FAHFAs (fatty acid hydroxy fatty acids) genannt, kamen bei Patienten mit Diabetes-Vorstufen in geringerer Menge im Blut vor, als bei gesunden Menschen. Bei Mäusen, die resistent gegen Diabetes sind war der Spiegel der FAHFAs dagegen erhöht.

Der Grund dafür, warum die FAHFAs so lange unentdeckt blieben liegt darin, dass sie nur in sehr niedriger Konzentration vorkommen. Das macht sie schwer nachweisbar. Alan Saghatelian, vom Salk Institute (La Jolla, San Diego) und Barbara Kahn von der Harvard Medical School (Boston) in den USA entdeckten die FAHFAs mit Hilfe neuester massenspektroskopischer Verfahren, einer Methode mit der man Moleküle über ihre Gewichtsbestimmung identifizieren kann. Die Fettsäuren fanden sie in einem Diabetes-resistenten Mäusestamm, den Barbara Kahn vor vielen Jahren gezüchtet hatte.

Transgene Mäuse mit erstaunlichen Eigenschaften

Die Idee zur Züchtung der Mäuse stammt von Forschungsergebnissen der 1990er Jahre, bei denen auffiel, dass der Zuckertransporter Glut4 bei Menschen, die ein hohes Risiko für die Entwicklung von Diabetes besitzen erniedrigt ist. Die Mäuse sind genetisch so verändert, dass sie eine erhöhte Menge des Zuckertransporters in ihren Fettzellen produzieren. Dadurch können die Tiere mehr Zucker aufnehmen, als normale Mäuse, denn Glut4 spielt eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels. Obwohl sie übergewichtig sind haben sie Blutzucker- und Insulinwerte, wie ihre schlanken, gesunden Verwandten.

Besondere Fettsäuren sind Grund für gesunden Stoffwechsel

Als die Wissenschaftler genauer untersuchten, auf welche Weise die erhöhte Menge an Glut4 die Mäuse vor Diabetes schützt bemerkten sie, dass die Mäuse mehr Fettsäuren bilden. Barbara Kahn und ihr Team vermuteten, dass manche dieser Fettsäuren eine positive Wirkung haben und der Grund für den gesunden Stoffwechsel der Mäuse sein könnten.

Um diese Moleküle genauer zu untersuchen schloss sich die Gruppe mit dem Lipidbiologen Alan Saghatelian zusammen. Sie bestimmten die Struktur dieser Lipide durch eine Kombination aus Massenspektroskopie und chemischer Synthese. Wie die Forscher feststellten kamen die meisten Fettsäuren bei normalen wie Diabetes-resistenten Mäusen in gleicher Menge vor. Auf vier der Fettsäuremoleküle traf das jedoch nicht zu: Die FAHFAs waren bei den Glut-4-überproduzierenden Mäusen um das Sechzehnfache erhöht.

Aber für diese Moleküle gab es keine Einträge in den Standard Datenbanken für Lipide. Bald erkannten die Forscher, dass sie offensichtlich eine neue Entdeckung gemacht hatten. Das Team entdeckte insgesamt 16 nahe miteinander verwandte Fettsäuren, die sie FAHFAs, für fatty acid-hydroxy fatty acids tauften.

FAHFAs im Futter heilen Insulinresistenz

Um zu testen, ob es sich bei den FAHFAs tatsächlich um die Substanz handelte, die die Glut4-überproduzierenden Mäuse vor Diabetes schützt verfütterten die Wissenschaftler FAHFAs an Mäuse, die aufgrund einer fettreichen Diät Insulin-resistent geworden waren und deshalb nicht normal auf das Hormon Insulin reagieren konnten. Nachdem die Tiere die FAHFAs gefressen hatten sank ihr Blutzuckerspiegel stark ab und sie waren wieder in der Lage Glukose normal zu verwerten. Durch die Fütterung mit FAHFAs konnte man also den Diabetes der Tiere behandeln.

FAHFAs bei Menschen mit Vorstufe von Diabetes erniedrigt

Als nächstes wollten die Wissenschaftler wissen, ob FAHFAs auch für den Menschen von Bedeutung sind. Dazu bestimmte das Team die FAHFA-Werte von Menschen, die Insulin-resistent waren, einer Vorform von Diabetes, bei der die Betroffenen auf eine Gabe des Hormons Insulin nicht mehr so gut mit einer Senkung des Blutzuckerspiegels ansprechen, wie gesunde Personen. Wie sich zeigte waren die FAHFA-Werte im Fett und Blut dieser Menschen erniedrigt. Verminderte FAHFA-Werte könnten also auch beim Menschen mit der Entwicklung eines Diabetes einhergehen. Erhöhte FAHFA-Werte dagegen scheinen beim Menschen und der Maus positiv zu wirken. Wie die Forscher zeigen konnten, geht die positive Wirkung der Lipide auf unterschiedliche Effekte zurück: Wenn der Blutzuckerspiegel, etwa nach einer Mahlzeit, ansteigt bewirken die FAHFAs rasch eine Ausschüttung eines Hormons, das dem Pankreas signalisiert Insulin freizusetzen. Gleichzeitig fördern diese Lipide die Zuckeraufnahme durch die Zellen und verringern die Entzündungsreaktionen im Fettgewebe und dem gesamten Körper.

Fettsäuren mit hohem therapeutischen Potential

Die Kombination dieser Effekte macht das therapeutische Potential dieser Lipide aus. Sie kommen in geringer Konzentration bei vielen Gemüsesorten, Früchten aber auch in anderen Nahrungsmitteln vor. Aber anders als die anderen, bisher bekannten, gesunden Lipide werden sie auch vom Körper selbst hergestellt. Neue Therapeutika könnten sich dies zunutze machen und an den Stoffwechselwegen angreifen, die zur Herstellung dieser Fettsäuren dienen.

Weiter identifizierten die Forscher auch einen Rezeptor auf Fettzellen, an den die FAHFAs binden. Er heißt GPR120. Durch die Bindung der FAHFAs an GPR120 wird die Menge der von der Fettzelle aufgenommenen Glukose reguliert. Laut den Wissenschaftlern könnte eine Erhöhung der FAHFA-Werte im Körper eine Möglichkeit sein, um den Rezeptor GPR120 zu aktivieren und dadurch Diabetes zu verhindern.

Man könnte auch präventiv die FAHFA-Werte im Blut messen, um herauszufinden, ob eine Person Gefahr läuft Diabetes zu bekommen. Die Forscher wollen testen, ob eine Wiederherstellung gesunder FAHFA-Werte bevor Diabetes ausbricht das Risiko die Krankheit zu bekommen erniedrigen oder sie gar verhindern kann.

Darüber hinaus hofft das Forscherteam, dass es aufgrund ihrer neuen Erkenntnisse gelingen wird neue Therapien zu entwickeln, mit deren Hilfe man die körpereigenen Mechanismen zur Regulation des Blutzuckerspiegels unterstützen kann.

von Ute Keck

 

Originalartikel:

Yore MM, Syed I, Moraes-Vieira PM, Zhang T, Herman MA, Homan EA, Patel RT, Lee J, Chen S, Peroni OD, Dhaneshwar AS, Hammarstedt A, Smith U, McGraw TE, Saghatelian A, Kahn BB. Discovery of a Class of Endogenous Mammalian Lipids with Anti-Diabetic and Anti-inflammatory Effects. Cell. 2014 Oct 9;159(2):318-32. doi: 10.1016/j.cell.2014.09.035.

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