Dopamin verfälscht die Ergebnisse von Hirnscans

 Dopamin verändert das sogenannte BOLD-Signal im MRT: Links: Ist die Sehrinde des Gehirns aktiv, steigt ohne Dopamin das BOLD-Signal an. Auch die Aktivität der Gamma-Wellen, einzelner Gruppen von Nervenzellen (MUA) sowie des Blutflusses in dem Areal (CBF) nimmt zu. Mitte: Unter dem Einfluss von Dopamin verringert sich das BOLD-Signal. Die Gamma-Wellen und die Aktivität der Nervenzellen bleibt jedoch konstant. Der Blutfluss steigt sogar. Rechts: Aktive Regionen (rot) in der Sehrinde des Gehirns. © MPI f. biologische Kybernetik/ D. Zaldivar


Dopamin verändert das sogenannte BOLD-Signal im MRT:
Links: Ist die Sehrinde des Gehirns aktiv, steigt ohne Dopamin das BOLD-Signal an. Auch die Aktivität der Gamma-Wellen, einzelner Gruppen von Nervenzellen (MUA) sowie des Blutflusses in dem Areal (CBF) nimmt zu.
Mitte: Unter dem Einfluss von Dopamin verringert sich das BOLD-Signal. Die Gamma-Wellen und die Aktivität der Nervenzellen bleibt jedoch konstant. Der Blutfluss steigt sogar.
Rechts: Aktive Regionen (rot) in der Sehrinde des Gehirns.
© MPI f. biologische Kybernetik/ D. Zaldivar

Um herauszufinden, welche Bereiche des Gehirns bei bestimmten Aufgaben aktiv werden, nutzen Forscher die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT). Mit dieser Methode kann man die Veränderungen des Sauerstoffgehalts im Blut der untersuchten Gehirnregionen bestimmen. Indirekt soll dieses Verfahren Aufschluss darüber geben, welche Zellen gerade besonders aktiv sind. Forscher haben nun herausgefunden, dass Neuromodulatoren, wie Dopamin die Arbeitsweise der Nervenzellen so verändern, dass fMRT-Signale alleine nicht das wahre Aktivitätsmuster widerspiegeln können. Wesentlich zuverlässigere Ergebnisse erhält man dagegen, wenn man die fMRT mit einer Messung der Gehirndurchblutung kombiniert.

 fMRT Aufnahmen eine 24-jährigen Mannes.

fMRT Aufnahmen eine 24-jährigen Mannes. © public domain.

Bei körperlicher Anstrengung müssen wir tief ein- und ausatmen, um genügend Sauerstoff zu erhalten. Gleiches gilt auch für arbeitende Nervenzellen. Aktive Neuronen verbrauchen viel Sauerstoff. Damit sie nicht unter einem Sauerstoffmangel leiden, werden rasch große Mengen an sauerstoffhaltigem Blut in die aktiven Gehirnregionen gepumpt. Deshalb erhöht sich der Sauerstoffgehalt des Bluts in den Gehirnregionen, die gerade aktive sind. Im Hirnscanner wird genau diese Veränderung des Sauerstoffgehalts als sogenanntes BOLD-Signal gemessen. Wenn die Aktivität der Nervenzellen einer Gehirnregion ansteigt, erhöht sich auch das BOLD-Signal. Soweit die Theorie.

Doch zahlreiche Faktoren wie Stimmung, Alter, Medikamente oder verschiedene kognitive Zustände wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis oder Belohnung verändern BOLD-Signale und stören dadurch die Interpretation der Ergebnisse. „Es gibt keine hundertprozentige Korrelation zwischen Nervenzellaktivität und BOLD, weshalb wir die Signale aus Hirnscannern bisher nur unzureichend interpretieren können“, erklärt Daniel Zaldivar vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik den Ausgangspunkt seiner Forschung. Gemeinsam mit seinem Team hat er bei Makaken untersucht, wie die Nervenzellen in der Sehrinde auf visuelle Reize reagieren, wenn das Gehirn gleichzeitig unter dem Einfluss von Dopamin steht. Das überraschende Ergebnis: Obwohl die Aktivität der Nervenzellen ansteigt, sinkt das BOLD-Signal um etwa 50 Prozent und gaukelt dem Betrachter eines Hirnscans vor, dass diese Neuronen weniger aktiv wären.

„Vermutlich führt das Dopamin dazu, dass von den aktiven Zellen mehr Sauerstoff verbraucht wird, als mit dem Blut nachfließen kann“, erläutert Zaldivar. Paradoxerweise heizt Dopamin die Nervenzellaktivität also dermaßen an, dass das BOLD-Signal eine entgegengesetzte Aussage liefert. Unter dem Einfluss von Dopamin und wahrscheinlich auch anderen Neuromodulatoren, reichen Veränderungen des BOLD-Signals allein demnach nicht aus, um Rückschlüsse auf die Aktivität der Nervenzellen zu ziehen.

Erst in Verbindung mit Messungen der Gehirndurchblutung ergibt sich das wahre Bild. Denn unter dem Einfluss von Dopamin steigt den Wissenschaftlern zufolge auch der Blutfluss. Messungen der Hirndurchblutung in Kombination mit BOLD und neurophysiologischen Untersuchungen bieten folglich einen besseren Einblick in die Veränderungen des Energiestoffwechsels und erlauben dadurch zuverlässigere Aussage über die Aktivität von Nervenzellen.

„Wenn wir besser verstehen, wie sich BOLD-Signale unter dem Einfluss von Neuromodulatoren, wie Dopamin verändern, können wir Hirnscans besser interpretieren und Störungen frühzeitig entdecken“, sagt Zaldivar. Ansonsten kann das bildgebende Verfahren zur falschen Behandlung führen, wenn ein Abfall des BOLD-Signals als Verringerung der Hirnaktivität verstanden wird.

Bei Schizophrenie-Patienten beispielsweise wird das Dopamin-System im Gehirn falsch reguliert. Wenn Wissenschaftler wissen, welchen Einfluss eine Dopamin-Schwemme auf die Bilder im Hirnscanner hat, könnte die Erkrankung früher diagnostiziert werden. Das Gleiche trifft auch auf andere Neuromodulatoren zu. Die Ergebnisse der Wissenschaftler helfen dabei, die Änderung des Blutflusses und des Sauerstoffverbrauchs besser zu erfassen.

Max-Planck-Gesellschaft, 20. November 2014

 

Originalpublikation:

Daniel Zaldivar, Alexander Rauch, Kevin Whittingstall, Nikos K. Logothetis, Jozien Goense. Dopamine-induced dissociation of BOLD and neural activity in macaque visual cortex. Current Biology, 20 November 2014. DOI: 10.1016/j.cub.2014.10.006

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