Gehirn von stark Übergewichtigen möglicherweise schlechter vernetzt

Übergewicht wirkt sich auch auf spezielle Bereiche im Gehirn aus. Einige Leitstrukturen altern scheinbar frühzeitig und verringern dadurch die Weiterleitung von Signalen. © public domain.

Stark Übergewichtige setzten sich nicht nur einem erhöhten Risiko aus, an Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz oder Arteriosklerose zu erkranken, sondern gefährden möglicherweise auch ihr Gehirn und dessen geistige Fähigkeiten. Denn wie Forscher nun herausgefunden haben ist bei älteren Adipösen das sogenannte Default Mode Network schwächer vernetzt. Dadurch könnten Erinnern und Planen beeinträchtigt werden. Dies gilt als wichtiges Symptom für eine beginnende Alzheimer-Demenz.

„Wir haben bereits lange vermutet, dass ein hoher Body Mass Index auch dem Gehirn schadet. Jetzt haben wir direkte Hinweise dafür gefunden“, so Veronica Witte, Leiterin der Studie am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften. „Wir haben beobachtet, dass bei stark Übergewichtigen innerhalb eines bestimmten Netzwerks einige Regionen schwächer miteinander verbunden sind. Dadurch können in diesem sogenannten Default Mode Network, kurz DMN, die einzelnen Regionen schlechter zusammenarbeiten.“

Das DMN wird zum einen aktiv, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf unseren inneren Zustand richten, unseren Gedanken freien Lauf lassen oder uns erinnern. Zum anderen scheint es aber auch jene Aufgaben zu unterstützen, die einer Handlung unmittelbar vorausgehen oder sie begleitet. Es ist also auch immer dann aktiv, wenn wir etwas gezielt planen, koordinieren, Hindernisse berücksichtigen und unsere Impulse kontrollieren. Das Brisante daran: Ein weniger vernetztes DMN ist auch ein frühes Anzeichen für ein erhöhtes Risiko, an Alzheimer-Demenz zu erkranken.

Bisher ging man davon aus, dass Übergewicht im höheren Alter möglicherweise sogar einen gewissen Schutz gegenüber Alzheimer bieten könnte– so, wie etwa die Sterberate nach einem Schlaganfall oder einigen anderen Alterserkrankungen bei Übergewichtigen geringer ist, so die Neurowissenschaftlerin. In ihrer Studie zeigte sich dieses als Adipositas-Paradoxon bezeichnete Phänomen jedoch nicht. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass Adipositas das Gehirn schneller altern läßt und damit das Risiko einer Alzheimer-Demenz erhöht.

Bisherige Studien zum Zusammenhang zwischen Adipositas und Hirnfunktion wurden meist mit jüngeren Probanden in kleinen Studien durchgeführt. Mit widersprüchlichen Ergebnissen, die sich nicht ohne weiteres auf ältere Menschen übertragen ließen. An der neuen Studie nahmen dagegen über 700 gesunde 60- bis 80-jährige Personen teil. Die Forscher bezogen darüber hinaus weitere Risikofaktoren wie Rauchen, Depression und Bluthochdruck.

Dennoch sind ihre Ergebnisse nur Momentaufnahmen. „Interessant wäre es nun, in zukünftigen Studien zu beobachten, wie sich das DMN bei unseren Probanden in den nächsten Jahren entwickelt und welche Auswirkungen das wiederum auf die geistige Leistungsfähigkeit hat. Oder wie es sich beispielsweise verändert, wenn sie ihren Lebensstil radikal umstellen und ihr Körpergewicht reduzieren“, fügt Witte hinzu.

Max-Planck-Gesellschaft, 18. Mai 2017

Originalpublikation:

Beyer F, Kharabian Masouleh S, Huntenburg JM, Lampe L, Luck T, Riedel-Heller SG, Loeffler M, Schroeter ML, Stumvoll M, Villringer A, Witte AV. Higher body mass index is associated with reduced posterior default mode connectivity in older adults. Hum Brain Mapp. DOI: 10.1002/hbm.23605

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