Immunologische Gedächtniszellen merken sich welche Menge an Botenstoff sie bilden sollen

Lymphozyt. © public domain.

Lymphozyt. © public domain.

Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass sich eine einzelne Immunzelle merkt, welche Menge eines bestimmten Botenstoffs sie produzieren soll. Über die Menge der Botenstoffe wird die Stärke der Immunantwort reguliert. Aufgrund der neuen Erkenntnisse könnten möglicherweise gezielt erwünschte Immunreaktionen verstärkt und fehlgeleitete abgeschwächt werden.

Das Team um Max Löhning am Forschungszentrums für Immunwissenschaften der Charité erforscht die Reifung und Prägung von T-Helferzellen. Diese Zellen schütten Botenstoffe, sogenannte Zytokine, aus, um Immunantworten zu steuern. Die Forscher konnten zeigen, dass eine T-Helferzelle bei ihrer ersten Aktivierung, etwa bei einer Infektion, nicht nur lernt, welches Zytokin sie produzieren soll, sondern auch in welcher Menge dies geschehen soll. Dieses „quantitative Zytokingedächtnis“ behalten T-Helferzellen stabil bei. Wenn die Infektion überstanden ist, wandeln sich einige der T-Helferzellen in langlebige Gedächtnis-T-Zellen um. Bei einer nochmaligen Infektion mit dem selben Erreger werden diese Zellen erneut aktiviert und schütten daraufhin wieder die gleiche, vorgeprägte Menge des Zytokins aus. Es war bereits bekannt, dass verschiedene T-Zellen grundsätzlich unterschiedliche Mengen eines Botenstoffs produzieren können. Man ging jedoch davon aus, dass es sich dabei um eine zufällige Verteilung handelt und die Menge des gebildeten Zytokins nicht in einzelnen Zellen stabil festgelegt ist.

Die Forscher konnten darüber hinaus auch den Schlüsselfaktor identifizieren, der für die Aufrechterhaltung des „quantitativen Zytokingedächtnisses“ einzelner T-Zellen verantwortlich ist: Ein sogenannter Transkriptionsfaktor, der für die Aktivierung von Genen zuständig ist, dient quasi als „schwimmende Produktionsanweisung“ für die Zellen. Er liegt in jedem Zellkern in einer spezifischen Mengen vor und bestimmt so, wie hoch die Konzentration des gebildeten Botenstoffes ist. Ist der Transkriptionsfaktor in einer großen Menge vorhanden, wird auch eine große Menge des Zytokins produziert und umgekehrt.

Bei einer Immunantwort gibt es sowohl T-Helferzellen, die geringe Mengen eines bestimmten Zytokins produzieren, als auch solche, die viel davon herstellen. „Wir gehen davon aus, dass auf diese Weise eine Feinabstimmung der Immunreaktion erreicht wird, denn die Botenstoffe sind zwar nützlich, können aber in zu hoher Dosis dem eigenen Körper schaden. Im schlimmsten Fall werden körpereigene Strukturen angegriffen oder eigentlich harmlose Stoffe werden bekämpft“, erklärt Löhning die Ergebnisse der Studie. „Ursächlich ist in diesen Fällen eine Überreaktion des Immunsystems. Die nun entdeckte Ebene der quantitativen Regulation könnte es ermöglichen, hier nur schwach reagierende Immunzellen zu fördern, um die Immunantwort insgesamt abzuschwächen. Beim Kampf gegen Krebszellen und bei vielen Infektionen hingegen würde man die Anzahl hoch aktiver Immunzellen gezielt erhöhen“, fügt er hinzu.

Charité, Universitätsmedizin, Berlin, 21.01.2015

 

Originalpublikation:
*Caroline Helmstetter, Michael Flossdorf, Michael Peine, Andreas Kupz, Jinfang Zhu, Ahmed N. Hegazy, Maria A. Duque-Correa, Qin Zhang, Yevhen Vainshtein, Andreas Radbruch, Stefan H. Kaufmann, William E. Paul, Thomas Höfer und Max Löhning. Individual T helper cells have a quantitative cytokine memory. Immunity, Januar 2015. doi: 10.1016/j.immuni.2014.12.018.

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