Bei der Weltmeisterschaft der Synthetischen Biologie hat das gemeinsame Team aus Studierenden der Technischen Universität München (TUM) und Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) den ersten Platz in der Kategorie „Overgraduate“ gewonnen. Die Nachwuchsforscher haben ein neuartiges Verfahren entwickelt, mit dem sich Gewebe mithilfe eines 3D-Druckers generieren läßt.
Der internationale Genetically Engineered Machine (iGEM) Wettbewerb spornt Studierende der Synthetischen Biologie dazu an, innovative Ideen umzusetzen. Der Wettebewerb wurde vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) ins Leben gerufen und wird seit 2003 von der iGEM-Foundation veranstaltet. Bis 2014 war das MIT in Cambridge (USA) auch Austragungsort der Veranstaltung. Unter den 300 Finalistenteams waren in diesem Jahr zwölf deutsche Mannschaften, darunter ein gemeinsames Team der TUM und LMU aus München.
Das iGEM-Projekt des Jahres 2016, geleitet von Arne Skerra vom Lehrstuhl für Biologische Chemie der TUM widmete sich dem wachsenden Problem fehlender Spenderorgane in der Transplantationsmedizin. „Die beteiligten Studierenden von TUM und LMU haben eine neuartige Methode entwickelt, die es letztendlich ermöglicht, intakte Gewebe und möglicherweise sogar komplette Organe mithilfe eines 3D-Druckers herzustellen“, sagt Skerra über seine aktuelle Projektgruppe. „Nur mit der Kombination der Disziplinen Synthetische Biologie, Molekulare Biotechnologie, Protein-Design und Ingenieurwissenschaften ist dies möglich geworden.“
3D-Plastikdrucker zum „3D-Bioprinter“ umfunktioniert
Eine Frage des Teams lautete: Wie wäre es, wenn das “gedruckte“ Gewebe völlig neue Funktionen im Körper erfüllen könnte, wie etwa die Produktion therapeutischer Proteine? Das Drucken von nicht lebendigem biologischen Material – wie etwa Knorpel – ist bereits Stand der Technik. Auf dem Weg zum Druck komplexer Zellverbände hingegen waren noch wesentliche Hürden zu überwinden. „An diesem Punkt hat das diesjährige Projekt angesetzt, bei dem lebende Zellen mit einem 3D-Drucker in eine biokompatible Matrix gedruckt werden“, erläutert Projektleiter Skerra. Dafür wurde ein konventioneller Plastik-3D-Drucker zu einem „3D-Bioprinter“ umfunktioniert.
Schicht für Schicht entsteht dabei ein biologisches Gewebe. Bislang wurden für derartige Zwecke sogenannte Hydrogele eingesetzt. Sie liefern eine gelatineartige Gerüststruktur und werden erst nachträglich mit Zellen besiedelt. Die Forscher entschieden sich gegen diesen Ansatz, weil das künstliche Gerüst das Drucken komplizierter macht und die Zellen auf unnatürliche Weise zusammenhält. Stattdessen entwickelten sie eine spezielle Bio-Tinte, eine Art biochemischen Zweikomponentenkleber, für den direkten 3D-Druck lebender Zellen.
Ein Bestandteil, mit dem die Oberflächen der Zellen versehen werden ist Biotin, bekannter als Vitamin H oder B7. Den Gegenpart bildet Streptavidin, ein Biotin bindendes Protein. Zusätzlich statteten die Forscher voluminöse Proteine mit Biotingruppen aus, damit diese als Quervernetzer dienen konnten. „Wenn eine Suspension dieser Zellen in eine konzentrierte Lösung der Proteinkomponenten „gedruckt“ wird“, erklärt Skerra, „dann bildet sich die gewünschte 3D-Struktur.“ Mit dieser Bio-Tinte entsteht also im sogenannten biotINK-Gewebedrucker ein plastisch gestaltbares Gewebe aus lebenden Zellen.
Technische Universität München, 4. November 2016
Weitere Informationen:
https://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/kurz/article/33513/ PM online
http://2016.igem.org/Team:LMU-TUM_Munich Projektwebsite
Video