Ausgebremst: Warum Immunzellen Tumorzellen oft nicht zerstören

Gentechnisch manipulierte Tumoren enthalten wesentlich weniger Laktat als nicht-manipulierte Kontrolltumoren. © Universitätsmedizin Mainz

In einigen Fällen gelingt es dem Immunsystem nicht Tumorzellen wirksam zu bekämpfen. Einer der Gründe hierfür ist der erhöhte Zuckerstoffwechsel von Tumoren, wie Forscher nun herausgefunden haben. Die dabei gebildete Milchsäure hemmt die Immunzellen in ihrer Funktion. Therapieansätze, die an dieser Schwachstelle der Tumoren angreifen, könnten daher vielversprechend sein.

Seit vielen Jahren versuchen Forscher das Immunsystem zur Bekämpfung von Krebs einzusetzen. Denn die Zellen unseres Immunsystems patrouillieren regelmäßig durch unsere Körper, immer auf der Suche nach entarteten Zellen, die sie im Idealfall beseitigen. Doch in manchen Fällen funktioniert dieser Kontrollmechanismus nicht mehr. Dann können die cytotoxischen T-Zellen und die Natürlichen Killerzellen die Tumorzellen zwar meist noch erkennen, sie jedoch nicht mehr abtöten. Seit einigen Jahren weiß man, dass Milchsäure dabei eine wichtige Rolle spielt.

Die Forscher untersuchten diesen Zusammenhang an einem Hautkrebsmodell. Dabei stellten auch sie fest, dass besondere Stoffwechselprodukte der Tumorzellen die Immunzellen daran hindern ihre Aufgabe zu erfüllen und die Krebszellen zu zerstören. Verantwortlich hierfür ist der erhöhte Zucker-Stoffwechsel der Tumorzellen. Dabei wird durch das Enzym Laktatdehydrogenase A vermehrt Milchsäure gebildet. Was sich hemmend auf die körpereigene Immunabwehr auswirkt. Unter diesen Bedingungen kann der Tumor ungebremst wachsen. Die Milchsäure hemmt bei den Immunzellen den NFAT, woraufhin sie weniger zelltoxisches Interferon-gamma bilden. Drosselten die Forscher dagegen in ihrem Modell die Milchsäurebildung, so konnten die Abwehrzellen den Tumor wesentlich besser in Schach halten. „Durch diese Versuche konnten wir zeigen, dass der Glucosestoffwechsel und die ausbleibende Immunreaktion ursächlich zusammenhängen“, erläutert Wolfgang Müller-Klieser von der Universität Mainz. „Zudem unterstreichen begleitende Untersuchungen an Gewebeproben von Melanom-Patienten die klinische Relevanz der Befunde.“

Universität Mainz, 18. Dezember 2016

Den Stoffwechsel der Tumorzellen könnte man evtl. auch mit Dichloressigsäure (DCA) von einer unvollständigen Verstoffwechselung von Zucker zu einem vollständigen Abbau umstellen. In einer sehr kleinen klinischen Studie wurde DCA bereits erfolgreich gegen Glioblastome, einer besonders bösartigen Form von Hirntumoren, eingesetzt. Eine andere Möglichkeit, dem Tumor Zucker vorzuenthalten könnte in einer Ketogenen Diät liegen (Anmerkung der Redaktion von Scimondo).

Originalpublikation:

Brand et al., LDHA-Associated Lactic Acid Production Blunts Tumor Immunosurveillance by T and NK Cells, Cell Metabolism, Volume 24, Issue 5, 8 November 2016, Pages 657–671; doi: 10.1016/j.cmet.2016.08.011

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