Wer kennt das nicht? Wir kommen in eine brenzlige Situation oder jemand verletzt unsere Gefühle und schon gehen unsere Emotionen hoch. Wir denken etwa „Oh jeh, was mache ich denn nun bloß?“ oder „So was muss ich mir nicht bieten lassen!“. Dabei verstellt unsere verengte Sicht auf das Problem nicht selten eine einfache Lösung. Regieren wir doch oft selbst in Situationen zugegebenermaßen unvernünftig, die wir bei anderen als weniger gravierend erachten. Anscheinend können wir also eine emotional aufgeladene Episode objektiver beurteilen, wenn wir nicht selbst direkt betroffen sind, sondern beobachten wie eine dritte Person reagiert. Diese Tatasche haben nun Psychologen als Basis für einen Ausweg aus dem Dilemma gewählt.
An der Michigan State University zeigten Forscher um Jason Moser Versuchspersonen verschiedene Bilder, die entweder einen neutralen Inhalt hatten oder beunruhigend waren, wie etwa ein Mann, der eine Pistole in der Hand hielt. Während die Personen die Bilder betrachteten wurden sie dazu aufgefordert entweder in der ersten oder in der dritten Person mit sich selbst zu reden. Etwa: „Warum ist John über den Mann mit der Pistole in der Hand beunruhigt?“. Gleichzeitig wurden die Gehirnströme der Probanden mit Elektroenzephalographie aufgezeichnet, Bei der Auswertung der Ergebnisse zeigte sich, dass sich die Personen, wenn sie in der dritten Person mit sich selbst sprachen binnen einer Sekunde beruhigten. Dabei war der Aufwand, den die Testpersonen für diese Art der Selbstkommunikation leisten mussten genauso hoch, wie sonst.
In einem weiteren Experiment an der Universität von Michigan unter Leitung von Ethan Kross sollten Versuchspersonen über vergangene negative Erlebnisse nachdenken. Dabei sollten sie ebenfalls entweder in der ersten oder der dritten Person reflektieren. In diesem Fall wurde die Gehirnaktivität mit Hilfe von funktioneller Magnetresonanztomographie erfasst. Und auch in bei diesem Experiment verhalf das Denken in der dritten Person zu einer entspannteren Sichtweise: Denn wenn die Personen in der dritten Person über negative Erlebnisse nachdachten war die Gehirnregion, von der man annimmt, dass sie für die Verarbeitung negativer Emotionen verantwortlich ist, weniger aktiv, als wenn sie in der ersten Person mit sich selbst sprachen.
Die Forscher hoffen, dass sie damit eine relativ einfache Möglichkeit gefunden haben, mit der wir unsere Emotionen kontrollieren können. Wenn uns also wieder einmal die Pferde durchzugehen drohen, sollten wir uns einfach selbst mit unserem Namen anreden und in der dritten Person reflektieren, was uns gerade so aus dem Konzept bringt. Ein bisschen Abstand zu sich selbst macht das Leben manchmal einfacher…
von Ute Keck, 27. Juli 2017
Originalpublikation:
Jason S. Moser, Adrienne Dougherty, Whitney I. Mattson, Benjamin
Katz, Tim P. Moran, Darwin Guevarra, Holly Shablack, Ozlem Ayduk, John Jonides, Marc G. Berman & Ethan Kross.Third-person self-talk facilitates emotion regulation without engaging cognitive control: Converging evidence from ERP and fMRI. Scientific Reports 7: 4519. DOI:10.1038/s41598-017-04047-3