Forscher der Universität München haben einen Impfstoffkandidaten gegen das MERS-Virus entwickelt und ihn nun erfolgreich in präklinischen Tests auf seine Wirksamkeit geprüft. Nun planen sie eine klinische Studie.
Das MERS-Virus (Middle East Respiratory Syndrom Coronavirus) verursacht grippeähnliche Erkrankungen, die zum Tod führen können. Das zu den Coronaviren gehörende Virus ist seit dem Jahr 2012 bekannt und kann beim Menschen eine schwere Infektion der Atemwege, bis hin zur Lungenentzündung und darüber hinaus auch Nierenversagen verursachen. Zuerst trat es im saudi-arabischen Raum auf. Die bisherige Verbreitung des Virus legt nahe, das es nur schwer von Mensch zu Mensch übertragen wird. Vermutlich stammt es ursprünglich von Fledermäusen, durch die es über den Zwischenwirt der Dromedare sporadisch auf den Menschen übertragen wird.
Der aktuelle MERS-Ausbruch in Südkorea, bei dem sich in jüngster Zeit mehr als 150 Menschen infiziert haben ist bisher die größte Infektionswelle, die sich außerhalb des Nahen Ostens ausgebreitet hat. Sie geht auf einen Patienten zurück, der mehrere Länder der arabischen Halbinsel bereist hatte. Die hohe Zahl der Infizierten geht vermutlich auf ein Zusammentreffen seiner Odyssee durch verschiedene Krankenhäuser, einer ungewöhnlich hohen Virenlast bei dem Patienten und seiner Unterbringung in einem überfüllten, schlecht belüfteten Krankenhauszimmer zurück, bevor dem Patienten die richtige Diagnose gestellt wurde. Unter diesen extremen Bedingungen konnte sich selbst ein schlecht von Mensch zu Mensch übertragbares Virus leicht verbreiten. Auch in Deutschland wurden in den vergangenen Jahren Patienten mit einer MERS-Infektion behandelt, die diese von Reisen im Nahen Osten mitgebracht hatten.
Bisher gibt es keine vorbeugende Impfung gegen das MERS-Virus. Ein Forscherteam um Gerd Sutter an der Universität München hat schon vor zwei Jahren einen möglichen Impfstoffkandidaten entwickelt. Nun konnten sie seine Wirksamkeit in einem weiteren vorklinischen Test nachweisen – die Voraussetzung für eine klinische Studie beim Menschen.
Der Impfstoffkandidat MVA-MERS-S wurde von den Forschern auf Basis des Modifizierten Vacciniavirus Ankara (MVA) entwickelt, einem abgeschwächten Pockenvirus, das für Impfungen eingesetzt wird. Die MVA-Impfviren sind molekularbiologisch so verändert, dass sie gezielt Proteine von Krankheitserregern als Impfantigene herstellen können. Dazu wurde die genetische Information des Krankheitserregers, also des MERS-Virus, in das Genom des MVA-Virus eingeschleust.
Die Forscher konnten nun im Mausmodell zeigen, dass ihr Impfstoffkandidat das Immunsystem zur Bildung einer ausreichenden Menge von Antikörpern anregt, die das Virus neutralisieren können. Für ihre Untersuchungen setzten die Forscher Mäuse ein, die gentechnisch so verändert sind, dass sie von dem Coronavirus infiziert werden können. Diese Mäuse impften sie mit ihrem Impfstoffkandidaten. Anschließend infizierten sie die geimpften Mäuse und eine nicht geimpfte Kontrollgruppe mit einer hohen Dosis des MERS-Virus. Nach einiger Zeit ermittelten sie die Virenlast des MERS-Virus bei den Mäusen, um herauszufinden, wie gut der Impfstoff die Mäuse vor der Infektion schützen konnte. Das Ergebnis: Bei den geimpften Mäusen war die Virenkonzentration wesentlich niedriger als bei den nicht geimpften Tieren. „Dieser Test zeigt, wie sicher und effektiv unser Impfstoffkandidat ist. Es besteht keine Gefahr, dass sich durch die angeregte Immunantwort die Infektion mit dem Coronavirus noch verstärken könnte“, sagt Gerd Sutter.
Der Impfstoffkandidat MVA-MERS-S erfüllt damit alle wichtigen Voraussetzungen, um im Rahmen einer klinische Studie erstmals am Menschen getestet zu werden. Diese wollen die Forscher demnächst am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung durchführen.
Ludwig-Maximilians-Universität München, 17.06.2015
Originalpublikation:
Volz A1, Kupke A2, Song F1, Jany S1, Fux R1, Shams-Eldin H2, Schmidt J2, Becker C3, Eickmann M2, Becker S2, Sutter G4. Protective efficacy of recombinant Modified Vaccinia virus Ankara (MVA) delivering Middle East Respiratory Syndrome coronavirus spike glycoprotein. J Virol. 2015 May 27. pii: JVI.00614-15. [Epub ahead of print] doi: 10.1128/JVI.00614-15