Vorrat an Vorläuferzellen sichert Blutgerinnung nach starken Blutverlusten

Knochenmark der Maus: Nach Behandlung mit Interferon alpha steigt die Anzahl der Megakaryozyten (rot gefärbt).  © dkfz.de

Knochenmark der Maus: Nach Behandlung mit Interferon alpha steigt die Anzahl der Megakaryozyten (rot gefärbt). © dkfz.de

Infektionen gehen häufig mit einem starken Verlust an Blutplättchen einher. In der Folge kann es zu schweren gesundheitlichen Problemen wie Blutungen oder sogar zum septischen Schock kommen. Wie es dem Körper gelingt, nach solchen stressbedingten Thrombozyten-Verlusten schnell wieder die erforderliche Menge der gerinnungsfördernden Zellen bereitzustellen, war bislang unbekannt. Forscher haben nun heraus gefunden, dass es unter den Blut-Stammzellen eine kleine Gruppe bereits vordifferenzierter Zellen gibt, die sich schnell in Thrombozyten verwandeln können.

Wissenschaftler um Marieke Essers und ihr Doktorand Simon Haas entdeckten nun bei Mäusen ein Notfallprogramm, das den bekannten Weg der Differenzierung von Blutstammzellen abkürzt und dadurch rasch für Nachschub an lebenswichtigen Thrombozyten sorgt.

Megakaryozyt. © Marvin_101. CC BY-SA 3.0 DE.

Megakaryozyt. © Marvin_101. CC BY-SA 3.0 DE.

Die Forscher entdeckten innerhalb der Blut-Stammzellen eine kleine Zellpopulation, die bereits die molekulare Bestimmung dazu trägt, zu Megakaryozyten zu differenzieren, den „Mutterzellen“ der Blutplättchen. Diese Population ruhender Stammzellen trägt nicht zum alltäglichen Nachschub an Blutplättchen bei, sondern steht für den Notfall bereit.

Diese Zellen befinden sich in einem Ruhezustand in dem sie nur wenige Proteine synthetisieren. Sie haben jedoch bereits die für eine rasche Aktivierung notwendigen mRNA-Transkripte gebildet. Sobald eine akute Infektion auftritt werden die Zellen durch den Immunbotenstoff Interferon alpha aktiviert. Dann können sie aufgrund der bereits vorsynthetisierten Transkripte sofort mit der Produktion der für Megakaryozyten typischen Proteine beginnen und sich rasch zu fortgeschrittenen Vorläuferzellen differenzieren. Auf diese Weise kann die Menge der infektionsbedingt verloren gegangen Blutplättchen schnell wieder ersetzt werden.

Das elegante Notfallprogramm kürzt den langwierigen Prozess der normalen Blutzell-Differenzierung ab und stellt damit sicher, dass in kurzer Zeit lebensbedrohliche Verluste an Thrombozyten ausgeglichen werden. Wiederholte Infektionen können jedoch dazu führen, dass das Reservoir an Notfall-Stammzellen erschöpft wird

Deutsches Krebsforschungszentrum, 21.08.2015.

 

Originalpublikation:

Simon Haas, Jenny Hansson, Daniel Klimmeck, Dirk Loeffler, Lars Velten, Hannah Uckelmann, Stephan Wurzer, Áine M. Prendergast, Alexandra Schnell, Klaus Hexel, Rachel Santarella-Mellwig, Sandra Blaszkiewicz, Andrea Kuck, Hartmut Geiger, Michael D. Milsom, Lars M. Steinmetz, Timm Schroeder, Andreas Trumpp, Jeroen Krijgsveld, Marieke A. G. Essers: Inflammation-induced Emergency Megakaryopoiesis Driven by Hematopoietic Stem Cell-like Megakaryocyte Progenitors. Cell Stem Cell 2015, DOI: 10.1016/j.stem.2015.07.007

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