Wer in seiner Jugend risikobereit ist, wird auch meist im Alter mehr Risiken eingehen, als seine Altersgenossen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, in deren Rahmen die Risikobereitschaft von über 44.000 Deutschen ermittelt wurde. Demnach ist die Risikobereitschaft ein Persönlichkeitsmerkmal, das ähnlichen Schwankungen unterworfen ist, wie andere Persönlichkeitsmerkmale auch.
Laut Gregory R. Samanez-Larkin von der amerikanische Yale Universität bleibt die Risikobereitschaft einer Person im Laufe ihres Erwachsenenlebens relativ konstant und ähnelt damit einer Persönlichkeitseigenschaft.
Gemeinsam mit Forschern des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und der Universität Basel wertete Samanez-Larkin die Daten von 44.076 Frauen und Männern im Alter zwischen 18 und 85 Jahren aus. Die Probanden wurden im Zeitraum von 2004 bis 2014 bis zu neunmal zu ihrer generellen Risikobereitschaft befragt. Darüber hinaus gaben 11.903 Personen bis zu dreimal Auskunft, welche Einstellung sie zu Risiken in verschiedenen Lebensbereichen wie Finanzen, Freizeit, Arbeit, Gesundheit, Soziales und Autofahren haben. Zusätzlich ermittelte das Forscherteam durch Verhaltensexperimente gemeinsam mit anderen Probanden die Risikobereitschaft und das Vertrauen der Versuchsteilnehmer.
Wie die Studienergebnisse zeigen, bleibt die Risikobereitschaft einer Person im Vergleich mit ihren Altersgenossen relativ konstant. So wird etwa jemand, der in jungen Jahren Gleitschirm geflogen ist, in späteren Jahren eher Mountainbike fahren. Dennoch nimmt die Bereitschaft Risiken einzugehen mit 30 deutlich ab. Deshalb ist etwa die Zahl der 70 Jährigen Sporttaucher auch deutlich niedriger, als die der 20 Jährigen.
Generell gehen wir im Alter weniger Risiken ein. Dabei sind die Veränderungen in den Lebensbereichen Arbeit und Freizeit am stärksten ausgeprägt. Doch interessanterweise gilt dies nicht für alle Bereiche. So bleibt etwa die Bereitschaft finanzielle Risiken einzugehen bis zum Rentenalter gleich. Ähnliches gilt für die soziale Risikobereitschaft, bei der wir einem Fremdem vertrauen. Das bestätigte auch ein studienbegleitendes Verhaltensexperiment. Grund hierfür könnte sein, dass im Gegensatz zu Arbeit und Freizeit die Bedeutung des sozialen Bereiches das ganze Leben über gleich bleibt oder sogar im Alter mit dem Ausdünnen sozialer Netzwerke zunimmt. Insgesamt sind Frauen in allen Bereichen ihr gesamtes Leben lang weniger risikofreudig als Männer.
Darüber hinaus analysierten die Forscher in wieweit die Risikobereitschaft einer Person mit deren Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, emotionaler Stabilität und Extrovertiertheit zusammen hängt. Wie sich zeigte, sind extrovertierte und für Erfahrungen offene Menschen eher risikobereit. Da sich diese Parameter mit unseren Erfahrungen ändern können ist es auch möglich, dass jemand, der im Laufe seines Lebens offener oder extravertierter wird, risikobereiter wird – und umgekehrt.
von Ute Keck
Originalpublikation:
Josef, A. K., Richter, D., Samanez-Larkin, G. R., Wagner, G. G., Hertwig, R., & Mata, R. (2016). Stability and change in risk-taking propensity across the adult life span. Journal of Personality and Social Psychology. Advance online publication. doi:10.1037/pspp0000090