Nicht nur Lebewesen entwickeln sich durch Evolution, sondern auch Kulturen. Ein besonders gutes Beispiel hierfür sind Nomadenvölker, die an der Grenze zu einer oder mehreren Hochkulturen leben. Für diese Menschen mit einer einfachen Lebensweise stellen die Hochkulturen oft Vorbilder dar, an denen sie sich orientieren, sobald sie zu Macht oder Reichtum gelangen. Deutlich wird dies etwa am antiken Perserreicher, der Wüstenstadt Petra und dem frühen islamischen Reich. All diese Kulturen wurden von Nomadenstämmen gegründet, die sich die Architektur und Kultur der sie umgebenden Hochkulturen aneigneten und zu einer ganz eigenen Hochkultur verschmolzen. Diese völlig neue Synthese gipfelte in blühenden Reichen, die ihren Bewohnern großen Wohlstand und kulturelle Vielfalt verschafften.
In der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. eroberten die Perser unter Kyros dem Großen ein Reich, das von der heutigen Türkei bis nach Indien reichte. Kyros Nachfolger Kambyses gewann schließlich auch noch Ägypten hinzu. Damit war das Perserreich eines der größten Reiche der Geschichte. Doch der Nomadenstamm der Parsa war zu jener Zeit gerade dabei sesshaft zu werden. Wie sollte er die gewaltige Aufgabe bewältigen, ein solch riesiges Reich zu beherrschen und verwalten? Um dieses Problem zu lösen, griffen die persischen Machthaber auf das Wissen der verschiedenen Hochkulturen aus ihrem gesamten Reichsgebiet zurück.
Sie setzten für jedes Gebiet einen Satrapen ein, der sich auf die bestehende Kultur, inklusive Verwaltung und Religion stützte. So war der persische Herrscher gleichzeitig Pharao für die Ägypter, König und oberster Priester von Babylon, König der Perser und König der Könige. Die Menschen in den eroberten Gebieten konnten zunächst mehr oder weniger ihr gewohntes Leben fortführen, waren jedoch den neuen Machthabern gegenüber tributpflichtig. Über einen längeren Zeitraum hinweg führten diese Abgaben etwa in Babylon zu einer allmählichen Verarmung der Bevölkerung, so dass immer mehr Menschen dazu gezwungen waren, als Sklaven zu arbeiten. Das könnte einer der Gründe dafür sein, warum es im alten Perserreich immer wieder zu Aufständen kam, sobald sich ein Machtvakuum auftat.
Anders als die Assyrer, die ihre Repräsentationsbauten von Zwangsarbeitern errichten ließen bezahlten die Perser die aus allen Teilen ihres Reiches angeheuerten Handwerker. Da die Parsa als Nomaden bisher keinen eigenen Baustil entwickelt hatten bedienten sie sich bei den umliegenden Hochkulturen und vereinten erfolgreich die Stilelemente der Ägypter, Elamer, Assyrer und Babylonier zu einem eigenen, ganz neuen Stil. Besonders beeindruckend ist auch heute noch die Stadt Persepolis, in der die Perser zusammen mit Abgesandten aus dem ganzen Reich das Neujahrsfest feierten.
Das Kerngebiet in dem sich die Perser selbst niederließen lag in der persischen Hochebene, einem extrem trockenen Gebiet. Um hier größere Siedlungen zu bauen und Gärten anzulegen, sowie Ackerbau zu betreiben benötigten sie viel Wasser, das die Natur ihnen so nicht zur Verfügung stellte. Auch bei der Lösung dieses Problems griffen die Perser auf bereits Bewährtes zurück und perfektionierten es auf ihre ganz eigene Weise. Bei ihrer Wanderung nach Persien hatten die Reiternomaden Station in Urartu gemacht. einem Königreich, das einen legendären Bewässerungskanal konstruiert hatte, um Wasser aus einer 50 km entfernten Quelle in ihre Hauptstadt Tushpa zu leiten. Der Menua-Kanal funktioniert noch heute und diente dem Assyrerkönig Sargon II als Vorbild für die Bewässerungkanäle mit der er seine Gärten in Ninive bewässerte. Den Menua-Kanal nahmen sich die Perser zum Vorbild, um ihre Siedlungen in der trockenen Hochebene zu bewässern. Dazu gruben sie unzählige, mannstiefe Kanäle, durch die sie das Wasser aus den Bergen leiteten und damit zahlreiche pairi daēza anlegten, umzäunte Gärten. Daraus wurde im Griechischen das Paradeisos, also unser Paradies. Die Qanat genannten Bewässerungskanäle verbreiteten sich von Persien aus in der ganzen Welt. Sie werden noch heute von Persien, über den Oman und manchen Oasen in der Wüste bis auf den kanarischen Inseln genutzt. Elf der alten persischen Qanate zählen heute zum Weltkulturerbe.
Auch zum Schreiben benutzten die Perser zunächst die Schriften, die sie in ihrer Umgebung vorfanden. Erst unter Dareios dem Großen traten neben dem Akkadischen und dem Elamischen altpersiche Texte bei Inschriften auf. Wobei die akkadische Silbenschrift am kompliziertesten ist. Sie war ursprünglich von den Sumerern in Mesopotamien erfunden worden und wurde lange nach dem Untergang dieser Kultur von den Nachfolgekulturen weiterhin als Schriftsprache genutzt. Das Elamische war dagegen schon wesentlich einfacher. Während das Altpersiche nur noch aus 36 Silben bestand, die bei Bedarf um 6 Idiogramme erweitert werden konnten.
Bei der Verwaltung nutzen die Perser zunächst die bereits vorhandenen babylonischen, assyrischen, medischen und ägyptischen Verwaltungssysteme. Unter der Herrschaft von Kyros dem Großen und Kambyses II waren die eroberten Gebiete von Elam, Medien, Lydien, Babylon und Ägypten und mehreren ostiranischen Stämmen zu einer losen Föderation unabhängiger Regionen vereint. Tribute wurden, wenn überhaupt, nur unregelmäßig erhoben. Diese Form der Verwaltung erwies sich nicht als besonders effektiv und führte leicht zu Konflikten zwischen den einheimischen Verwaltern und den iranischen Adeligen, die als Satrapen eingesetzt waren.
Nach Kambyses Tod kam es daher zu Aufständen. Als Dareios I (521 bis 486 v. Chr.) den Thron bestieg war ihm klar, dass er Reformen durchführen musste, um eine gut funktionierende Armee, eine stabile Wirtschaft und ein zuverlässigen Rechtssystem zu schaffen. Dareios gliederte sein Reich in sieben Regionen auf, die er in zwanzig Provinzen unterteilte. Diese sogenannten Satrapien waren nur so groß, dass der den einheimischen Verwaltern zur Seite gestellte persische Edelmann, der Satrap, nicht zu viel Macht gewinnen konnte. Gleichzeitig wurde so gewährleistet, dass die lokalen Verwalter einen vom persischen König ernannten Vertrauensmann an ihre Seite bekamen. Dieses System der Satrapien stammt von dem Assyrer König Tiglath-Pileser III, der von 745 v. Chr bis 727 v. Chr. herrschte. Der Assyrerkönig war selbst Verwalter einer Provinz gewesen, bevor er sich zum König aufschwang. An seinem eigenen Fall lernte er, dass die Verwaltungsgebiete nicht so groß seien durften, damit der Verwalter nicht zu mächtig wurde, so wie er selbst, dem es gelungen war diese Position als Sprungbrett für die Königswürde zu nutzen. Sowohl der Satrap, als auch der einheimische Verwalter waren direkt dem König unterstellt, so dass sie die Provinz nur gemeinsam regieren konnten. Sie waren dafür verantwortlich, dass die Tributzahlungen regelmäßig beim persischen König eintrafen. Auch musste turnusmäßig Bericht erstattet werden, wie es der Provinz erging.
Dareios führte darüber hinaus auch ein einheitliches Münzsystem ein, den Dareikos. Das kam vor allem dem Binnenhandel zu Gute. Bei seiner ersten Prägung entsprach der Dareikos im Gewicht mit 8,42 Gramm in etwa den von König Krösus in Lydien geprägten Münzen. auf dem bohnenförmigen Goldstück war Dareios als Bogenschütze dargestellt. Auf der Rückseite befand sich, genau, wie bei der lydischen Münze, ein vertieftes Viereck, ein sogenanntes Quadratum incusum. So griffen denn die Perser auch beim Münzwesen auf die Erfahrungen ihrer Vasallen zurück. In diesem Fall auf die erfolgreiche Einführung der Elektronmünzen durch Krösus, auf die sein legendärer Reichtum beruhte.
Bis in die Zeit Artaxerxes’ I. in der Mitte des fünften Jahrhunderts v. Chr. diente Elamitisch als Amtssprache. Es war die Sprache eines alten Volkes, das zwischen 2400 und 350 v. Chr. östlich des Tigris lebte. Als Aramäisch eine weitere Verbreitung erlangte verdrängte es das Elamitische. Unter anderem auch deswegen, weil es auf Papyrus geschrieben werden konnte, während die elamitische Keilschrift dafür geschaffen war auf Tontäfelchen eingeritzt zu werden. So erleichterte die Einführung des Aramäischen den Schriftverkehr deutlich. Ein Bote musste nun nicht mehr schwere Tontäfelchen transportieren, sondern nur noch eine Papyrusrolle.
Um das große Reich effektiv regieren zu können mussten schnelle Kommunikationswege geschaffen werden. Vermutlich hatten bereits die Assyrer in ihrem Kerngebiet damit begonnen eine Straße zu bauen. Dieses bereits vorhandene Verkehrsnetz ließ Dareios zu der sogenannten Königsstraße ausbauen. Sie reichte von Sardes, der ehemaligen Hauptstadt des Lydierreiches unter König Krösus nach Susa, der ehemaligen Hauptstadt von Elam (bzw. von Ephesos nach Persepolis).
Boten konnten auf dieser Straße in sieben Tagen die Strecke von 2.699 km von Sardes nach Susa zurücklegen. Sie sorgte dafür, dass der Perserkönig immer gut darüber informiert war, was in seinem Reich passierte. Darüber hinaus nutzte die Straße dem Briefverkehr und dem Handel. Ähnlich wie bei den Postreitern im mittelalterlichen Europa gab es an der Straße Herbergen, in denen für die Boten auch frische Pferde bereit standen. Für die Sicherheit der Reisenden sorgten Garnisonen entlang der Straße.
Die Geschwindigkeit mit der die persischen Boten reisten pries selbst der griechische Geschichtsschreiber Herodot: „Es gibt niemanden in der Welt, der schneller als diese persischen Kuriere reist. Und zwar stehen für jede Tagesstrecke Pferde und Männer bereit, auf einzelne Stationen verteilt, für jede Wegstrecke immer ein Pferd und ein Mann. “ Weiter lobte er die Boten: „Weder Schnee noch Regen noch Hitze noch Dunkelheit hält sie davon ab, die ihnen übertragene Aufgabe mit der größtmöglichen Geschwindigkeit zu erledigen.“
Tragischerweise sollte diese Straße später auch eine zentrale Rolle beim Untergang des persischen Reiches spielen: Alexander der Große nutzte sie bei seiner Eroberung des Achämenidenreiches. Zwar wird er im Westen oft als großer Eroberer eines Weltreiches gewürdigt. Was er tatsächlich tat ist jedoch „nur“, das bereits vorhandene Perserreich zu besiegen und zu übernehmen.
Da Ägypten auch zum persischen Reich gehörte und der Handel über Land langwierig und umständlich war nahm Dareios ein altes Bauprojekt der Ägypter wieder auf: Den Bubastis-Kanal zu Ende zu bauen. Er sollte eine Verbindung zwischen dem Nil und dem Roten Meer herstellen. Als Erinnerung an seine Bautätigkeit ließ Dareios vier Stelen aufstellen. Auf der von Kabret ist folgendes zu lesen:
„Der König Dareios spricht: Ich bin Perser. Von Persien aus eroberte ich Ägypten. Ich befahl, diesen Kanal zu graben von dem Nil genannten Fluss in Ägypten bis zu dem Meer, das in Persien beginnt. Als dieser Kanal gegraben war wie ich es befohlen habe, sind Schiffe von Ägypten bis nach Persien gefahren, wie ich es gewollt hatte.“
Dareios ließ auch viele Bauprojekte in den wichtigsten Städte des Reiches Persepolis und Susa ausführen. Die Handwerker kamen aus allen Ländern und nutzten für ihre Kunst die Materialien aus allen Teilen des Herrschaftsgebietes. An den Treppenaufgängen in Persepolis sind die verschiedenen Völkerschaften des Reiches mit ihren landestypischen Gaben und Trachten dargestellt, ähnlich wie auf vergleichbaren ägyptischen der assyrischen Darstellungen. Dennoch haben die Perser hier schon ihren ganz eigenen Stil entwickelt. Und anders als bei den aggressiven Assyrern, werden die Abgesandten der Völker bei den Persern von einem persischen Höfling an der Hand zum König geleitet.
Berühmt sind die Perser auch für ihre wunderschönen Gärten, auf die, wie oben erwähnt, unser Name Paradies zurück geht. Doch haben die Perser auch hier auf Vorbilder der sie umgebenden Kulturen zurückgegriffen. Gärten gab es bereits in der Hauptstadt Tushpa im Königreich von Urartu. Geradezu legendär sind die Gärten von Babylon und die Parks des assyrischen Königs Assurbanipal in Ninive. Forscher vermuten inzwischen, dass die Hängenden Gärten der Semiramis sich in Wirklichkeit im assyrischen Ninive befunden haben.
Auch bei ihrem Machtanspruch nutzen die Perser bereits vorhandene Ideen und Prinzipien. Babylon gründete seinen Machtanspruch auf den von einem Stadtgott zum obersten Gott aufgestiegenen Marduk. Auf ihn war der mesopotamische Schöpfungsmythos im Enuma Elisch so umgedeutet worden, dass Marduk die Position des obersten Gottes errungen hatte. Gelungen war ihm dies dem Mythos zufolge, da er das Chaosprinzip Tiamat besiegt und für Ordnung in der Welt gesorgt hatte. Der Marduk-Tempel Etemenanki wörtlich übersetzt „Haus der Fundamente von Himmel und Erde“ galt fortan als Mittelpunkt der Welt. Während des Akitu-Festes, dem Neujahrsfest der Mesopotamier, wurde der Machtanspruch des mesopotamischen Priesterkönigs immer wieder durch das Lesen des Schöpfungsmythos bestätigt. Das Fest wurde zunächst bei den Sumerern in Uruk zweimal im Jahr, einmal zur Frühjahrs- und einmal zur Herbst-Tagundnachtgleiche gefeiert. Das Frühjahrsfest markierte die Aussaat der Gerste (Akiti-šununum) und das Herbstfest das Schneiden der selben (Akiti-šekinku). Beides wichtige Ereignisse für die Bevölkerung. In Babylon wurde das Akitu-Fest nur noch im Herbst im Monat Nisannu gefeiert. So feiern denn auch heute die Juden in Israel ihr Neujahrsfest noch immer im Herbst. Das Fest dauerte 11 Tage und gipfelte in dem Höhepunkt der Heiligen Hochzeit und dem Segen der Götter.
Als die Assyrer zunehmend an Macht gewannen stiegt auch ihr zunächst nur die Stadt Assur repräsentierender Gott Assur zu einem immer mächtigeren Gott auf. Er galt nun als Verkörperung von Enlil, dem obersten sumerischen Gott und Schamasch, dem Sonnengott, der für Gerechtigkeit, Moral und Wahrheit zuständig war.
Die Mesopotamier glaubten, Schamasch herrsche über die gesamte Welt. Jeden Tag bestieg er den Himmel, den er je nach Darstellung auf dem Rücken eines Pferdes, in einem Boot oder in einem Streitwagen durchquerte. Seine Lichtstrahlen gelangten überallhin, so dass er Licht in Trug und Unrecht brachte. Ihm blieb kein Geheimnis und keine Missetat verborgen. Am Abend trat er wieder in die Erde ein und durchquerte die Unterwelt, wo er ebenfalls für Gerechtigkeit unter den Verstorbenen und den anderen Göttern sorgte. Er wird oft auf einem Thron sitzend dargestellt. In seinen Händen hält er die Symbole der Gerechtigkeit: einen Messstab und einen Ring.
König Ur-Engur aus der sumerischen Stadt Ur (c.a. 2600 v. Chr.) ließ auf eine Tontafel schreiben, er habe seine Entscheidungen gemäß den gerechten Gesetzen von Schamasch getroffen. Und Hammurabi erklärt, zu seiner berühmten Sammlung von Gesetzestexten sei er von Schamasch inspiriert worden. So verkündet er denn auf der Stele mit den Gesetzestexten:
Auf Befehl von Schamasch, dem großen Richter von Himmel und Erde, möge sich Gerechtigkeit im Land ausbreiten. Auf Befehl Marduks, meinem Herren, möge mein Monument nicht zerstört werden.
Die Perser waren von Hammurabis Gesetzestexten so angetan, dass sie sie mit in ihre Hauptstadt Susa nahmen.
Während Schamasch in akkadischer und babylonischer Zeit ein sanftmütiger Gott war, der zu unrecht Verfolgten half und sie gegen Dämonen beschützte, änderte sich diese Vorstellung bei den Assyrern: Hier bekam Schamasch, entsprechend dem aggressiven Auftreten der Assyrer einen kriegerischen Charakter und verschmolz mit dem assyrischen Gott Assur. So wurde denn Assur oft in Form einer Flügelsonne dargestellt, in der ein bärtiger Mann saß, der mit einem Bogen bewaffnet war. Andere Darstellungen von Assur sind nicht überliefert. Wie bereits schon der babylonische Gott Marduk die Eigenschaften vieler verschiedener Götter auf sich vereint hatte und so fünfzig Namen erhielt, zog auch Assur die Charakteristika anderer Götter auf sich und gewann so an Macht. Eine klare Entwicklung in Richtung Monolatrie, der Verehrung nur eines einzigen Gottes, ohne jedoch die Existenz anderer Götter auszuschließen. Und so wie Schamasch allgegenwärtig war, so wurde auch Assur nachgesagt, dass er mit dem assyrischen Heer mitziehe. Assur bewohnte seinen Tempel Escharra und den Éḫursagkurkurra, das „Berghaus der Länder“ in der Stadt Assur. Im Tempel Escharra feierte der assyrische Herrscher das mesopotamische Neujahrsfest, das seinen Machtanspruch jedes Mal aufs Neue bestätigte.
Um ihre neu errungene Macht zu legitimieren mussten auch die Perser über einen entsprechend mächtigen Gott verfügen und durch ein Neujahrsfest ihren Herrschaftsanspruch begründen. In der ältesten Behistun-Inschrift von Dareios I heißt es:
„Ich, Dareios, der starke König, des Hystaspes Sohn“
Erst danach folgt die Rechtfertigung seiner Machtergreifung durch den persischen Gott Ahuramazda, der „weiser Herr“ genannt:
„Durch die Stärke Ahuramazdas bin ich König;Ahuramazda übertrug mir das Königtum“
Doch in späteren Inschriften wird Ahuramazda gleich zu Beginn gepriesen:
Ein starker Gott (ist) Ahuramazda,der diese Erde schuf,der jenen Himmel schuf,der den Menschen schuf,der die Segensfülle/Freude schuffür den Menschen,der den Dareios zum König machte,den einen zum König von vielen,den einen zum (militärischen) Befehlshabervon vielen.
Hier wird in wenigen nüchternen Worten sowohl die Welt, als auch die Gesellschaft als eine von Gott geschaffene Ordnung beschrieben, in deren Kontext der persische König eine führende Rolle spielt. Der Wortlaut ist für die damalige Zeit überraschend unmythisch, da er kein anthropomorphes Werkeln eines Gottes, keine Gottessohnschaft des Königs, nicht einmal eine Liebesbeziehung des Königs zu seinem Gott erwähnt. Damit steht diese Inschrift in klarem Gegensatz zu allen aus dieser Zeit bekannten Inschriften aus Ägypten und Mesopotamien. Sie hat klare Züge eines monotheistischen Bekenntnisses.
Weiter stellt sich Dareios in den Inschriften als Wahrer der von Ahuramazda gewollten Weltordnung dar: Er sorgte dafür, dass die Völker an ihrem gottgewollten Platz leben konnten, wobei das Wort Volk und Platz im altpersischen identisch sind. Eine für ein umherziehendes und gerade erst sesshaft gewordenes Nomandenvolk ungewöhnliche Tatsache. Aber vielleicht bezogen sie diesen Begriff auch nur auf sesshafte Völker. Dieses Konzept steht in deutlichem Gegensatz zu den Assyrern, die unterworfene Völker oft in ihr Kernland verschleppten, damit sie dort für sie arbeiteten. Weiter berichtet Dareios, dass er die bestehende Ordnung gegen Anstifter von Unheil verteidigt hat. Damit kommt eine dunklere Seite des Perserreiches zum Ausdruck, nämlich, dass all jene, die gegen die bestehende Ordnung, mit den Persern und ihrem archämenidischen König an der Spitze, aufbegehren, dämonisiert werden. So sind es denn auch die Perser gewesen, die im späteren Zoroasttismus als Gegenspieler zu Ahuramazda den „zerstörerischen Geist“ Ahriman entwarfen. Laut dieser Religion kämpfen diese beiden Mächte ständig gegeneinander und der Mensch muss sich in seinem Leben entscheiden auf welcher Seite er steht.
Ahuramazda wird, wie Assur, mit einer Flügelsonne dargestellt. Da er jedoch einen weisen und nicht einen kriegerischen Gott wiedergeben soll, hält er, statt dem Bogen von Assur, wie der Sonnengott Schamasch einen Ring in der Hand. Ahuramazda wurde nicht in Tempeln verehrt, sondern vermutlich unter freiem Himmel. Ihm wurden Feueropfer dargebracht, nicht jedoch Tieropfer, denn blutige Opfer waren Ahuramazda zuwider. Daher durften solche Opfer zur Zeit des Archämenidenreiches auch keinen anderen Göttern geleistet werden.
Für die feierliche Begehung des Neujahrsfestes begannen die Perser unter Dareios die Repräsentationsstadt Persepolis zu bauen. Die nachfolgenden Könige erweiterten die Stadt ständig. Ihre Schönheit war so legendär, dass selbst Alexander der Große in Griechenland von ihr wusste und sie leider nach der Eroberung durch seine Truppen im Jahre 330 v. Chr., als Rache für die Zerstörung der Akropolis in Athen durch die Perser einige Jahre zuvor, in Brand setzte und zerstörte.
Die Perser sind so ein gutes Beispiel dafür, wie kulturelle Evolution verläuft. Da ihre Nomadenkultur anfangs noch sehr einfach war, konnten sie, nachdem sie zu Macht gelangt waren, aus allen Hochkulturen der Umgebung das Beste heraussuchen, um daraus etwas ganz Neues zu entwickeln.
von Ute Keck, 28. Januar 2019
Weiterführende Informationen:
Prunk und Pracht der Großkönige: Das Persische Weltreich