Das japanische Grippemittel Favipiravir könnte auch gegen Ebola wirken

Ebolavirus. © public domain.

Ebolavirus. © public domain.

Ein in Japan bereits zugelassenes Grippemittel könnte auch gegen Ebola wirken. Zu diesem Ergebnis kommt eine bereits im Februar veröffentlichte Studie, die Hamburger Forscher an Mäusen durchführten. Der japanische Hersteller Toyama Chemical hat nun angeboten das Medikament namens Favipiravir zur Behandlung von Ebola-Patienten zur Verfügung zu stellen.

Favipiravir greift Schwachpunkt bei Virenvermehrung an

Favipiravir (T-705) wirkt gegen ein breites Spektrum verschiedener Viren, die RNA (statt DNA, wie bei uns) als Erbgut besitzen. Dazu gehören unter anderem Influenza-Viren, das West-Nil-Virus, das Gelbfieber-Virus, und das Maul-und-Klauenseuche-Virus. Auch das Ebola-Virus gehört zu den RNA-Viren. Alle RNA-Viren benötigen für ihre Vermehrung in der Wirtszelle die von ihnen selbst mitgebrachte RNA-Polymerase. Nur mit ihrer Hilfe können sie ihr RNA-Genom vervielfältigen und weitere Zellen infizieren. Das Genom vieler dieser Viren besteht nur aus einem einzelnen RNA-Strang. Das erlaubt dem Virus sich schneller zu vermehren. Gleichzeitig kommt es beim Ablesen dieses einzelnen Stranges mit genetischer Information vermehrt zu Fehlern. Denn ein einzelsträngiges Genom verfügt, anders als unsere doppelsträngige DNA, nicht über eine Sicherheitskopie, gegen die neue Kopie abgeglichen werden kann. Diese hohe Mutationsrate erlaubt es den Viren sich schnell an neue Bedingungen anzupassen und so einer Abwehr des Immunsystems zu entkommen. Auch beim Ebola-Virus erleben wir gerade, dass seine schnelle Verbreitung mit einer hohe Mutationsrate einher geht. Aber selbst Viren sind darauf angewiesen, dass bestimmte Stellen in ihrem Genom sich nicht verändern. Eine zu hohe Mutationsrate würde auch ihre Vermehrung lahm legen. Und an diesem Schwachpunkt greift Favipiravir die Viren an. Es interagiert mit der RNA-Polymerase der Viren und bewirkt dort eine so hohe Mutationsrate, dass keine funktionellen Viren mehr gebildet werden können.

Favipiravir wirkt bei Mäusen gegen Ebola

Auch das Ebola-Virus besitzt auf seinem RNA-Genom die Information für eine RNA-Polymerase. Diese Tatsache brachte Stephan Günther vom Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg und sein Team auf die Idee, an Mäusen zu testen ob Favipiravir auch gegen Ebola wirkt. Zuerst testeten die Wissenschaftler, ob Favipiravir die Vermehrung des Ebola-Virus in Zellkulturen hemmen kann. Dieser Versuch verlief erfolgreich und ohne, dass die Zellen in ihrer Lebensfähigkeit beeinträchtigt wurden. Als nächstes testeten die Forscher die Wirkung von Favipiravir gegen Ebola an gentechnisch veränderten Mäusen: Denn nur Mäuse, die kein Interferon bilden können erkranken an Ebola. Die Kontrolltiere, die nicht mit Favipiravir behandelt worden waren starben binnen weniger Tage an Ebola. Die Tier dagegen, die am sechsten Tag ihrer Infektion Favipiravir erhielten erholten sich innerhalb von zwei Tagen wieder und überlebten schließlich die Infektion.

Enges therapeutisches Fenster

In einem zweiten Versuch wollten Stephan Günther und sein Team herausfinden, in welchem Zeitraum nach der Infektion noch eine Therapie mit Favipiravir erfolgreich ist. Bei Tieren, die erst acht Tage nach der Infektion mit Favipiravir behandelt wurden verzögerte sich zwar deren Tod, aber am Ende erlagen die Tier der Krankheit. Das Medikament wirkt also nicht mehr im Endstadium der Krankheit, sondern muss zu Beginn der Krankheit angewandt werden. Ob Favipiravir auch beim Menschen gegen Ebola wirkt muss sich erst noch erweisen.

Die Forschungsergebnisse von Stephan Günther und seinem Team wurden bereits im Februar diesen Jahres veröffentlicht und wurden zuerst kaum beachtet. Doch angesichts der grassierenden Ebola-Epedemie in Westafrika könnte Favipiravir ein neuer Hoffnungsträger im Kampf gegen das Virus werden. Montag letzter Woche hat der Hersteller von Favipiravir, Toyama Chemical, einer Tochter des Fuji-Konzerns, der WHO das Medikament zur Therapie von Ebola-Kranken angeboten. Die Nigerianische Regierung hat inzwischen um eine Lieferung des Medikaments gebeten. Das Medikament wäre das erste Ebola-Therapeutikum, das sich nicht nur in einer vorklinischen Testphase befindet. Favipiravir hat in Japan bereits die notwendigen klinischen Tests erfolgreich bestanden und ist dort als Grippemittel zugelassen.

von Ute Keck

 

Oestereich L, Lüdtke A, Wurr S, Rieger T, Muñoz-Fontela C, Günther S. Successful treatment of advanced Ebola virus infection with T-705 (favipiravir) in a small animal model. Antiviral Res. 2014 May;105:17-21. doi: 10.1016/j.antiviral.2014.02.014. Epub 2014 Feb 26.

Baranovich T, Wong SS, Armstrong J, Marjuki H, Webby RJ, Webster RG, Govorkova EA. T-705 (favipiravir) induces lethal mutagenesis in influenza A H1N1 viruses in vitro. J Virol. 2013 Apr;87(7):3741-51. doi: 10.1128/JVI.02346-12. Epub 2013 Jan 16.

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