Bei einer Lungenhochdruckerkrankung teilen sich die Wandzellen der Blutgefäße unkontrolliert. Die Gefäßwände werden dadurch immer dicker. Wissenschaftler haben nun entdeckt, dass der Transkriptionsfaktor FoxO1 die Teilung der Zellen reguliert und so eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Lungenhochdrucks spielt. Die Forscher konnten Lungenhochdruck bei Ratten durch eine Aktivierung von FoxO1 heilen. Die Ergebnisse der Studie könnten zur Entwicklung einer neuen Therapie der bislang nicht heilbaren Krankheit genutzt werden.
Schätzungsweise 100 Millionen Menschen leiden weltweit unter Lungenhochdruck. Charakteristisch für die Krankheit ist eine zunehmende Verengung der Lungenarterien. Der geringere Durchmesser der Gefäße führt zu einer schlechteren Durchblutung. In der Folge versucht die rechte Herzkammer, dies durch eine stärkere Pumpleistung zu kompensieren. Dadurch erhöht sich der Blutdruck in den Lungenarterien. Die chronische Überlastung des Herzens schädigt dieses im Laufe der Zeit. Es entwickelt sich eine Herzschwäche, auch als Herzinsuffizienz bezeichnet.
Verschiedene in den letzten Jahren neu entwickelte Therapien versuchen lediglich die Symptome zu lindern und das Herz zu entlasten. Heilbar ist die Lungenhochdruckerkrankung jedoch bisher nicht. Dies liegt auch daran, dass wir zu wenig über die molekularen Hintergründe wissen, die zur Entstehung des Lungenhochdrucks führen.
Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim und der Justus-Liebig-Universität in Gießen gelang nun ein entscheidender Fortschritt. Mit dem Transkriptionsfaktor FoxO1 haben sie ein Schlüsselmolekül identifiziert, das für die Regulation der Zellteilung der Gefäßwandzellen und deren Lebensdauer eine entscheidende Rolle spielt. „Die Gefäßwand von Lungenarterien erneuert sich stetig. Ein komplexes Zusammenspiel vieler Faktoren sorgt normalerweise dafür, dass das Verhältnis zwischen sich teilenden und absterbenden Zellen ausbalanciert ist“, sagte Soni Savai Pullamsetti.
Einen wichtigen Hinweis auf die zentrale Rolle von FoxO1 entdeckten die Wissenschaftler in Gewebeproben von Lungenhochdruckpatienten: „Bei diesen Patienten ist FoxO1 nicht ausreichend aktiv, so dass die Aktivität verschiedener Gene nicht richtig gesteuert wird“, so Pullamsetti. Experimente an Zellkulturen und Ratten bestätigten die Ergebnisse: „Wenn wir FoxO1 durch einen genetischen oder pharmakologischen Eingriff abschalten, teilen sich die Gefäßwandzellen häufiger“, so Rajkumar Savai. In Folge dessen entwickelt sich dann ein Lungenhochdruck.
Eine verringerte FoxO1-Aktivität trägt demnach wesentlich zur Entstehung von Lungenhochdruck bei. In weiteren Experimenten stellte sich heraus, dass bestimmte Wachstumsfaktoren und Botenstoffe für die Verringerung der FoxO1-Aktivität verantwortlich sind. Dabei handelt es sich um Substanzen, die entweder allgemein mit Entzündungsprozessen in Verbindung stehen oder die Zellteilung ankurbeln.
„Eine mögliche neue Therapie könnte darauf abzielen, die Aktivität von FoxO1 in den Lungenarterien der Patienten zu steigern“, so Werner Seeger. Dies konnte durch experimentelle Studien bereits gezeigt werden. So normalisierte sich die zuvor krankhafte Zellteilung der Lungengefäßwand, wenn die Forscher die FoxO1-Aktivität erhöhten. “An Lungenhochdruck leidende Ratten konnten so weitestgehend geheilt werden“, sagte Seeger. Die positiven Ergebnisse stimmen die Wissenschaftler optimistisch, auf Basis der Studie einen neuen therapeutischen Ansatz entwickeln zu können.
Max-Planck-Gesellschaft, 27. Oktober 2014
Rajkumar Savai, Hamza M Al-Tamari, Daniel Sedding, Baktybek Kojonazarov, Christian Muecke, Rebecca Teske, Mario R. Capecchi, Norbert Weissmann, Friedrich Grimminger, Werner Seeger, Ralph Theo Schermuly, Soni Savai Pullamsetti. Pro-proliferative and inflammatory signaling converge on FoxO1 transcription factor in pulmonary hypertension. Nature Medicine, 27 October 2014. doi: 10.1038/nm.3695