Warum zu starke Konkurrenz eine Population in den Ruin treiben kann

Raggiana Paradiesvogel.  Paradiesvögel sind ein gutes Beispiel dafür, welche skurrilen Auswüchse sich durch eine starke Konkurrenz bei der Partnerwahl ausbilden können © markaharper1. CC BY-SA 2.0

Raggiana Paradiesvogel. Paradiesvögel sind ein gutes Beispiel dafür, welche skurrilen Auswüchse sich durch eine starke Konkurrenz bei der Partnerwahl ausbilden können. Um den Weibchen zu gefallen haben die Männchen ein prachtvolles Federkleid entwickelt, das ihnen aber bei der Flucht vor Feinden und bei begrenzten Resourcen von Nachteil sein kann. © markaharper1. CC BY-SA 2.0

Alle Lebewesen sind Konkurrenzdruck ausgesetzt. Einzelne Individuen können sich jedoch stark darin unterscheiden, wie sie mit dieser Herausforderung umgehen. Bei uns Menschen etwa setzen manche alles daran, erfolgreicher zu sein als andere, um einen besseren Zugang zu wichtigen Ressourcen zu erhalten. Andere dagegen lassen es ruhiger angehen und machen das Beste aus dem Wenigen, das sie bekommen. Forscher erklären nun, warum die Evolution von Wettbewerbsfähigkeit eine derartige Vielfalt erzeugt und wie eine einseitige Favorisierung von besonders kompetitiven Individuen eine Population in den Ruin treiben kann.

Wissenschaftler haben nun ein theoretisches Modell entwickelt, um die Evolution von Wettbewerbsfähigkeit bei Organismen verstehen zu lernen. Sie haben sich dafür den Paarungsmarkt als Beispiel ausgesucht. Bei vielen Tierarten entwickeln einzelne Individuen Merkmale, wie etwa Waffen, die ihnen Vorteile bei der Konkurrenz um Ressourcen mit anderen Artgenossen bieten. Gleichzeitig sind aber solche Merkmale auch mit Kosten verbunden: Die Verteidigung eines großen Reviers kann derart viel Zeit und Energie erfordern, dass die Tiere darüber gezwungen sind die Brutpflege zu vernachlässigen.

Das Modell geht daher davon aus, dass Tiere, die ihre Konkurrenzfähigkeit steigern zwar den Zugang zu besseren Ressourcen gewinnen, diese aber nicht in vollem Umfang für ihre eigene Vermehrung nutzen können. Unter diesen Bedingungen würde im Laufe der Evolution eine große Vielfalt entsteht: Denn ein Teil der Population verhält sich dann besonders kompetitiv und beansprucht für sich den Löwenanteil der hochwertigen Ressourcen, während sich der Rest dem Konkurrenzkampf erst gar nicht stellt und mit weniger zufrieden gibt.

Sind die Ressourcen dagegen extrem unterschiedlich verteilt, so entstehen Zyklen der Konkurrenzfähigkeit. In diesem Fall kommt es zunächst zu einer Art von Waffenwettlauf. Irgendwann ist dann schließlich eine Grenze erreicht, bei der die Investitionskosten in die eigene Wettbewerbsfähigkeit den Nutzen überschreiten. Die Konkurrenzfähigkeit bricht ein, bis dann nach einiger Zeit der Waffenwettlauf wieder von Vorne beginnt.

Märkte heizen Konkurrenz an

Bei vielen Organismen konkurrieren in der Regel die Männchen um Ressourcen, während die Weibchen das wählerische Geschlecht bei der Partnerwahl sind. Die Forscher untersuchten daher auch die Möglichkeit, dass Paarungsmärkte entstehen bei denen Weibchen Vorlieben für verschiedene Konkurrenzstrategien bei Männchen entwickeln. Die Weibchen bevorzugen dabei meist besonders wettbewerbsfähige Männchen, die über qualitativ hochwertige Ressourcen verfügen. Das ist aus biologischer Sicht durchaus sinnvoll, denn diese Männchen können den Weibchen mehr Ressourcen für ihre Vermehrung bieten. Allerdings kann das bewirken, dass die Männchen mehr in ihre Konkurrenzfähigkeit investieren als notwendig wäre – selbst wenn es nur wenig zu gewinnen gibt. Unter ökologisch schlechten Bedingungen kann dies zur Folge haben, dass die Anforderungen an die Männchen den Wert der Ressource überschreiten. Das kann letztlich zum Aussterben der Population führen.

Unter bestimmten Bedingungen können sich jedoch auch die Weibchen in ihren Vorlieben für verschiedene Männchen unterscheiden. Wenn manche Männchen die Kosten des Wettbewerbs vermeiden, können sie durch einen umsichtigen Umgang mit den wenigen ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen einen ähnlichen Erfolg erzielen wie ihre wettbewerbsorientierten Artgenossen.

Wenn sich dieses Modell auch auf den Menschen übertragen ließe, könnten ähnliche Prozesse dazu führen, dass die Konkurrenzsituationen in verschiedenen Gesellschaften unterschiedlich stark ausgeprägt sind und auch innerhalb einer einzelnen Gesellschaft sehr starke Unterschiede in den Wettbewerbsstrategien bestehen. Eine einseitige Favorisierung von vermeintlich erfolgreichen, stark wettbewerbsorientierten Individuen könne in großem Maßstab zur Verschwendung von Ressourcen führen.

Universität Bonn, 29.10.2014

 

Originalpublikation:

Baldauf, S. A., Engqvist, L. & Weissing, F. J.: Diversifying evolution of competitiveness. Nature Communications, DOI: 10.1038/ncomms6233

 

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